So will Pirelli die Formel 1 verändern

Pirelli möchte ab 2013 unterschiedliche Reifengrößen einführen und dementiert Gerüchte um den Toyota-Kauf - keine Extrakosten durch Formel-1-Einstieg

(Motorsport-Total.com) - Pirelli hat sich wie erwartete im Zweikampf um den Alleinausrüster-Deal für die Formel 1 gegen den französischen Konkurrenten Michelin durchgesetzt. Dies wurde am Mittwoch bestätigt, bereits einen Tag später gibt der italienische Reifenkonzern erste Aufschlüsse darüber, wie das Engagement in der "Königsklasse" des Motorsports gelagert ist und wie man dort seinen Stempel hinterlassen will.

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Reifenausrüster Pirelli hat große Pläne für das Formel-1-Comeback

Die ersten Aussagen von Pirelli-Managern deuten klar darauf hin, dass man Innovationen durchaus aufgeschlossen gegenüber steht. So denke man ernsthaft über eine Veränderung der Reifendimensionen in der Formel 1 nach, die Pneus sollen in Zukunft größer werden. "Wir hatten recht detailierte Diskussionen mit den Teams über eine Vergrößerung des Durchmessers", bestätigt Pirelli-Geschäftsführer Francesco Gori - und relativiert: "Das könnte Schritt für Schritt passieren. Vielleicht nicht gleich auf 18 Zoll, denn dann wird es unmöglich, das Auto zu überarbeiten. Aber eine Möglichkeit wären 15 Zoll oder unterschiedliche Dimensionen vorne und hinten - wir werden den Teams Vorschläge unterbreiten."#w1#

Pirelli plant ab 2013 unterschiedliche Reifendimensionen

Unterschiedliche Reifengrößen gab es in der Formel 1 bereits in der Vergangenheit. Sollten sich die Teams tatsächlich mit Pirelli darauf einigen, dann müssten sich die Fans in jeden Fall noch etwas gedulden, wie Gori verrät: "Das wird definitiv nicht 2011 oder 2012 passieren, wohl eher ab 2012." Der Grund: 2013 soll das Reglement in der Formel 1 radikal verändert werden - eine ideale Gelegenheit, um auch am Reifensektor Neuerung zu bringen. "Ab 2013 wird mehr Augenmerk auf Ökologie, Energie-Erhaltung, KERS und Turbo-Motoren mit geringem Verbrauch gelegt - das ist auch für uns eine Gelegenheit, ökologische oder sogar technologische Lösungen in die Auslage zu stellen."

Mit diesen Zukunftsvisionen kommt Pirelli den Wünschen vieler Formel-1-Fans und auch Piloten nach, die sich seit Jahren größere Reifen wünschen. Allen voran Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve, der sich nach den Zeiten sehnte, als sein Vater die Formel 1 begeisterte, und immer wieder forderte: "Die Autos müssen wieder wie Monster aussehen, so wie früher. Wir brauchen größere Reifen, richtige Gummiwalzen." Pirelli hält diese Idee definitiv für umsetzbar, zumal man mit größeren Reifen Erfahrung hat, wie Gori bestätigt: "Hier gibt es viel Raum, um bessere Reifenformen zu entwickeln, die mit aktuellen Entwicklungen einhergehen. Wir sind bei den Supersportwägen führend, heute geht man in diesem Business nicht mehr unter 19 oder 20 Zoll."

Toyota-Bolide kein optimales Testauto

In den vergangenen Wochen gab es Gerüchte, wo Pirelli Interesse hege, das ehemalige Formel-1-Team von Toyota zu kaufen, um seine Reifen für die kommende Saison zu entwickeln. Diesen Spekulationen erteilte Pirelli-Motorsportchef Paul Hembrey eine Absage: "In Wahrheit erhielten wir bloß ein paar Emails, in denen sie uns mitteilten, dass sie verfügbar sind, wenn wir sie brauchen. Vielleicht wurde das ganze von ihnen in die Welt gesetzt, da sie jemanden suchen, der das Auto verwenden will."

Dabei kaufe man bei Toyota die Katze im Sack, wie Hembrey fortfährt: "Der Toyota wurde immer wieder erwähnt, weil es ein Auto ist, das diese Saison hätte fahren sollen, doch das Problem ist, dass es vor der Saison nicht einmal einen Shakedown gab, wir haben bisher auch keine Daten gesehen, noch wissen wir, wie zuverlässig das Auto ist."

"Vielleicht wurden die Gerüchte, dass wir Toyota kaufen, von ihnen in die Welt gesetzt, weil sie jemanden suchen, der das Auto verwenden will." Paul Hembrey

Testarbeit vorerst mit neuem GP2-Boliden

Stattdessen wolle man die Entwicklungsarbeit bis zum Ende des Testverbots nach dem Grand Prix von Abu Dhabi mit dem neuen GP2-Boliden verrichten. "Wir haben mit einigen Formel-1-Teams über das Leistungsniveau des neuen GP2-Autos gesprochen und es ist nicht so weit weg, wie es vielleicht aussah", erklärt Hembrey, warum die Nachwuchserie den Zuschlag erhält. "Als Prüfstand und vor allem aus Gründen der Integrität, der Zuverlässigkeit und der Stabilität ist es vielleicht ein guter Ausgangspunkt."

Auf keinen Fall wolle man den Eindruck erwecken, ein Team zu bevorzugen - dennoch werde man früher oder später auf ein Formel-1-Auto angewiesen sein. Dabei schwebt Hembrey folgende Idee vor: "Vielleicht können wir die Teams davon überzeugen, dass ein drei Jahre altes Auto oder so etwas ähnliches dafür geeignet wäre, wenn sich alle auf die Marke einigen. BMW könnte eine exzellente Wahl sein."

Pirelli-Boss kontert Zweifeln an der Qualitätskontrolle

Vor der Bestätigung von Pirelli als neuer Reifenausrüster gab es zahlreiche Unkenrufe, wonach die Qualitätskontrolle bei den Italienern mangelhaft wäre. Den Vorwürfen, dass die Formel 1 für die in der Türkei sitzende Motorsportabteilung eine Nummer zu groß sei, kontert Pirelli-Boss Marco Tronchetti Provera: "Für uns ist die Formel 1 eine große Herausforderung, eine große Gelegenheit und wir haben bereits ein spezielles Team auf diese Aufgabe angesetzt. Unsere Kapazitäten sind groß genug, um der Formel 1 zu dienen."

Provera lobt die Zusammenarbeit mit den Rennställen, die Pirelli finanziell unterstützen: "Die Formel 1 versteht die Probleme eines Reifenherstellers und wir haben uns darauf geeinigt, dass wir sie in Sachen Reifen nach ihren Bedürfnissen versorgen. Die verschiedenen Teams kommen uns entgegen, indem sie für diese Leistung bezahlen." Dadurch schaffe man es, für das Formel-1-Engagement keinen Cent auszugeben: "Wenn man alles in Betracht zieht, sind die Kosten verglichen mit unserem Budget gleich Null." Die Werbekampagne finanziere man durch Einsparungen in anderen Rennserien, allen voran dem Rallye-Sport.

Dass es zwischen Pirelli und FIA-Boss Jean Todt gewisse Unstimmingkeiten gebe, weil sich der Franzose angeblich für ein Engagement von Michelin stark machte, dementiert der Pirelli-Boss: "Es gibt kein Problem zwischen uns und der FIA. Ich habe persönlich mit Jean Todt gesprochen. Er weiß, wie engagiert wir sind und er erwähnte, dass auch die FIA engagiert ist, um uns das Leben einfach zu machen, damit wir für das erste Formel-1-Rennen in der kommenden Saison bereit sind."

"Es gibt kein Problem zwischen uns und der FIA, ich habe persönlich mit Jean Todt gesprochen." Marco Tronchetti Provera