"Silberpfeile" ohne jedes Verständnis für Monteiro

Die Kollision, die Montoya den zweiten Platz kostete, erhitzt die Gemüter: Haug übt Kritik an Monteiro, der jede Schuld von sich weist...

(Motorsport-Total.com) - Nach 55 von 58 Runden im Grand Prix der Türkei schienen die ersten drei Positionen eigentlich fest vergeben zu sein, doch ein Überrundungsmanöver sorgte im 56. Umlauf dann doch noch einmal für eine Verschiebung: Juan-Pablo Montoya setzte sich sehr entschlossen vor Tiago Monteiro, wurde vom Jordan-Toyota daraufhin von der Strecke geschubst und flog ein paar Kilometer weiter mit gebrochenem Diffusor noch einmal von der Strecke. Fernando Alonso erbte die zwei Punkte vom Kolumbianer - und hat damit 24 statt 22 Punkte Vorsprung in der Fahrer-WM.

Titel-Bild zur News: Juan-Pablo Montoya

Juan-Pablo Montoya hat beim Überrunden zwei WM-Punkte verloren

Der Zwischenfall sorgte auch nach dem Rennen noch für hitzige Diskussionen. Mercedes-Sportchef Norbert Haug wollte überhaupt nicht einsehen, dass so etwas passieren kann: "Die zu Überrundenden müssen da schon ein bisschen mehr mitspielen", beschwerte er sich gegenüber 'Premiere'. "Da kann man ein bisschen weiter rechts fahren, man kann vom Gas gehen, das Team kann mitspielen. Ich will keine große Affäre draus machen, aber es muss gar nicht erst so weit kommen."#w1#

Monteiro will die Schuld nicht auf sich nehmen

Monteiro wiederum zeigte herzlich wenig Einsicht und verwies auf das ungeschriebene Gesetz, wonach ein Überholender nach dem Manöver nur dann auf die Ideallinie zurückkehren darf, wenn dieser Vorgang vor der Bremszone sicher abgeschlossen werden kann: "Er hat mich überholt und zog dann abrupt wieder nach rechts. Das hat mich ganz schön überrascht und ich konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen. In den Fahrerbriefings besprechen wir immer, dass man in der Bremszone die Linie nicht mehr wechseln darf", sagte er.

"Ich weiß nicht, was da passiert ist", fuhr der 29-Jährige fort. "Ich konnte es einfach nicht mehr verhindern. Montoya darf die Schuld nicht auf mich schieben, denn ich habe früher als sonst gebremst, aber er kam so plötzlich vor mir rein, da konnte ich nichts machen. Ich weiß nicht, warum er so ein Risiko eingegangen ist. Er hat sehr früh und sehr hart gebremst. Da habe ich Anpressdruck und auch Sicht verloren - und ich konnte nichts mehr machen. Das war einfach unnötig."

Haug wiederum giftete sich an diesen Aussagen des Portugiesen: "Wenn er einsichtig ist, habe ich kein Problem damit, aber wenn der Neuling dem Erfahrenen erklären will, wie man richtig überholt, dann stimmt irgendetwas nicht", gab er in scharfem Ton zu Protokoll. "Ich habe in der Schule auch nicht immer aufgepasst, aber Monteiro hat im Fahrerbriefing überhaupt nicht aufgepasst - das steht mal fest! Wo soll man sonst überholen, wenn nicht in der Bremszone?"

Gilt die "Bremszonen-Regel" auch beim Überrunden?

Der Punkt ist: Monteiro mag mit seiner Argumentation, dass man in der Bremszone die Linie nicht mehr wechseln sollte, zwar grundsätzlich Recht haben, doch andererseits sollten die Nachzügler auch genügend Luft lassen, wenn sie überrundet werden. Haug ist überhaupt der Ansicht, ein Lupfer von Monteiro auf der Geraden hätte allen viel Ärger erspart: "Ich denke, dass man ihm nahe legen wird, beim nächsten Mal einfach zu lupfen. Er verliert ein halbes Zehntel - wenn überhaupt", erklärte er.

"Er war wirklich weit hinten, und da kann man ein schnelleres Auto auch mal nicht erst am allerletzten Bremspunkt vorbeilassen, sondern schon früher. Wenn so eine Aktion die WM entscheidet, dann kann man nicht sagen, dass Juan einen Fehler gemacht hat", meinte Haug, denn: "Juan musste so schnell wie möglich auf die Ideallinie zurück, um sich nicht die Reifen zu versauen. Er hat das richtig gemacht. Der andere Junge muss beim Überholen lupfen, aber der ist halt nicht erfahren genug und hat das auch nicht mit Absicht gemacht."

Zu hart wollte der Mercedes-Sportchef mit dem Jordan-Toyota-Piloten, der in allen bisherigen Rennen 2005 die Zielflagge gesehen hat, dann aber doch nicht ins Gericht gehen: "Machen wir keine Affäre draus", winkte er vor den 'RTL'-Kameras ab. "Ich sehe das total entspannt und locker, aber er muss einsichtig sein. Solche Szenen sollten nicht rennentscheidend sein. Jetzt ist es egal, aber so etwas darf nicht eine WM beeinflussen."