Shanghai: Der Grand Prix der Superlative
Das Reich der Mitte lädt zum Grand Prix von China - 'F1Total.com' blickt detailliert auf alle relevanten Aspekte vor dem Rennen
(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 befindet sich angeblich in einer schweren wirtschaftlichen Krise, doch davon wird am kommenden Wochenende nichts zu spüren sein. Der Kurs in Shanghai sprengt alle bisher da gewesenen Superlative, ist moderner, größer und besser als alle anderen Grand-Prix-Anlagen der Welt. China ist am kommenden Wochenende für drei Tage das Tor zur Motorsport-Welt, und mit dem 'Shanghai International Circuit' hat man dafür eine einzigartige Plattform geschaffen.

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Diese Häuschen wurden für die Teams errichtet - wie ein Olympisches Dorf
China, das ist nicht nur das Land der Chinesischen Mauer, der Verbotenen Stadt und der Roten Armee, sondern in erster Linie ein schlafender Riese in jeder - und vor allem wirtschaftlicher - Hinsicht, der rasend schnell erwacht. Für die Automobilwerke ist Shanghai mit Sicherheit das wichtigste Rennen des Jahres, denn nirgendwo sonst gibt es so viele Menschen, die sich in den nächsten Jahren einen PKW zulegen werden: 1994 wurden landesweit bescheidene 227.000 Fahrzeuge verkauft, 2008 sollen es schon 4,6 Millionen sein.#w1#
Volkswagen weckte 1984 den "schlafenden Riesen" China
Marktführer ist im Moment übrigens kein in der Formel 1 aktiver Automobilhersteller, sondern Volkswagen. Der VW-Konzern hat das gigantische Potenzial Chinas früh genug entdeckt und errichtete 1984 im Stadtteil Anting, rund 30 Kilometer außerhalb der City Shanghais, ein gigantisches Werk. Das Areal rundherum wurde inzwischen zu einem wahren Automobil-Wirtschaftspark ausgebaut, zu dem seit Jahresanfang auch der 'Shanghai International Circuit' zählt - ein Projekt, dessen Gesamtkosten sich auf geschätzte 250 bis 400 Millionen Euro belaufen.
Wie wichtig China aus wirtschaftlicher Sicht für die Formel 1 ist, unterstreicht die Tatsache, dass das Land spätestens 2050 die stärkste Wirtschaftsmacht der Welt sein soll - wobei man sich fragen darf, ob es nicht schon früher soweit sein wird. Davon abgesehen befindet sich China auch in sportlicher und gesellschaftlicher Hinsicht im Aufschwung: 2008 finden in Peking die Olympischen Sommerspiele statt, 2010 veranstaltet Shanghai um drei Milliarden Dollar für erwartete 65 Millionen Gäste die Weltausstellung.
Schneller, höher, besser: 2008 soll das Internationale Finanzzentrum von Shanghai fertig werden - dann mit einer geplanten Höhe von 492 Metern das höchste Gebäude der Welt. In unmittelbarer Umgebung der Stadt gilt der 'Transrapid' als populäres Verkehrsmittel - so nebenbei der schnellste Zug der Welt. Und im Nahverkehr wird eine 450 km/h schnelle Magnetbahn eingesetzt, die einen selbst von den Außenbezirken der Stadt binnen acht Minuten ins Zentrum bringen kann.
Automobilhersteller buhlen um jeden Funken PR-Aufmerksamkeit
1,3 Milliarden Menschen leben in China, rund 17 Millionen davon in Shanghai - kein Wunder, dass die Automobilhersteller und Sponsoren um jede noch so kleine Schlagzeile ringen. BMW-Sportdirektor Dr. Mario Theissen bringt es auf den Punkt: "Länder wie China, die zum ersten Mal mit der Formel 1 in Berührung kommen, sind für uns die Zukunft. Was die marktwirtschaftliche Kraft angeht, ist nichts mit diesem Rennen vergleichbar. Es ist eine einzigartige Gelegenheit und wir freuen uns darauf."
Seit Tagen spürt man in der Stadt, dass die Formel 1 im Anmarsch ist - überall Leuchtreklamen von Sponsoren der Teams, jeden Tag zahlreiche PR-Veranstaltungen, an der Strecke schon vor dem ersten Training ein gigantisches Presseaufkommen. Sagenhafte 150.000 Tickets wurden an zahlende Fans verkauft, weitere 50.000 von diversen Firmen an Gäste verschenkt - mehr als bei jedem anderen Autorennen der Sportgeschichte. Alleine dadurch setzte der Veranstalter, der rechnet, dass sich alle Investitionen "in zehn bis zwölf Jahren" rentiert haben werden, 36 Millionen Dollar um.
Für klassische Sightseeing-Touristen ist Shanghai jedoch kein idealer Boden. Die Stadt ist in erster Linie ein Geschäftszentrum mit nur wenigen Touristenattraktionen. Für große historische Bauten ist die Stadt zu jung - und außerdem werden ältere Gebäude meist schon nach wenigen Jahren durch neue ersetzt: "Wenn du morgens aufstehst und auf die Straße gehst, kann es dir passieren, dass in der Nachbarschaft über Nacht drei Häuser abgerissen wurden, um einen neuen Wolkenkratzer zu bauen", erzählt ein Exil-Deutscher. Shanghai selbst ist die Hauptattraktion, sie gehört zu den faszinierendsten Metropolen der Welt.
Finanzmetropole Shanghai bietet wenige Sehenswürdigkeiten
Dennoch gibt es einige wenige Sehenswürdigkeiten: Die Bund, die alte Promenade Shanghais, ist einfach ein touristisches Muss - speziell am Abend, wenn die Häuserzeilen beleuchtet werden und im gegenüberliegenden Pudong die Lichter angehen. Die Bauten verkörpern im neoklassizistischen Stil die Macht der Banken und des Handels. Das Park-Hotel in der Nanjing Lu war fast 50 Jahre lang das höchste Gebäude Shanghais.
Der Yuyuan-Garten südlich der Bund ist die eigentliche alte Stadt Shanghais, ein früheres Fischerdorf, das im Zentrum den Garten beinhaltet, der ihr den Namen gibt. Der Garten, von der reichen Familie Pan Mitte des 16. Jahrhunderts erbaut, ist eine echte Oase der Ruhe. Besonders beeindruckend sind die kleinen Seen, die Holzschnitzereien und der Jade-Felsen.
Im Jade-Buddha-Tempel können zwei seltene Buddhastatuen aus Jade besichtigt werden. Sie wurden vor rund 100 Jahren aus Burma eingeführt. Der Tempel entging nur deshalb der Zerstörung während der Kulturrevolution in den 60er-Jahren, weil die Priester die Türen verrammelten und außen Bilder des Vorsitzenden Mao anbrachten. Die Roten Garden wagten es nicht, diese Bilder zu berühren. Der Tempel befindet sich in der Straße Anyuan Lu 170.
Chinesische Kommunisten hielten ihren ersten Kongress in Shanghai
In der Straße Xingye Lu, Hausnummer 76, fand 1921 der erste Kongress der Chinesischen Kommunistischen Partei statt. Der kleine Raum, in dem das geheime Treffen damals abgehalten wurde, ist im Stil der damaligen Zeit dekoriert. Die Versammlung fand ein abruptes Ende, als ein mutmaßlicher Spion der damaligen französischen Behörden auftauchte und die Parteimitglieder flohen.
Ganz zuhause fühlen sich in Shanghai jene Menschen, die gerne Shoppen gehen - in kaum einer anderen asiatischen Metropole findet man so viele Designer-Boutiquen, Einkaufszentren und sonstige Geschäfte. Der Einkaufsbummel führt über die Nanjing Lu mit vielen günstigen Angeboten - zahlreiche Kaufhäuser, Spezialgeschäfte, Restaurants und Fast-Food-Buden. Hier kann man sich den ganzen Nachmittag und Abend aufhalten.
Was Essen und Trinken angeht, ist das 'M on the Bund', 5, The Bund, ein Muss. Mit Blick über die Uferstraße genießt der Gast hier kreative chinesische Küche im klassischen Ambiente, das den 30er-Jahren nachempfunden wurde. Unbedingt reservieren. Das '1221', 1221 Yanan Xilu, ist mit seinem zwanglosen Stil bei Einheimischen wie auswärtigen Besuchern sehr beliebt. Die Speisekarte bietet vor allem regionale Küche, aber auch internationale Gerichte sind dabei. Das 'Chaozhou Garden', 2099 Yanan Xilu, ist ein elegantes Lokal mit exzellentem Service und erstklassigem Essen nach regionalen Rezepten. Ob Meeresfrüchte, herzhaft gewürztes Geflügel oder Gemüse und Nudeln - Vielseitigkeit und Qualität der Küche sind ein wahrer Genuss.
Oktoberfest-Atmosphäre mitten in Shanghai
Wer sich mit der chinesischen Küche nicht anfreunden kann, sollte gerade zur Zeit des Oktoberfests das 'Paulaner', 150 Fen Yang Road, aufsuchen, das bei Chinesen und Besuchern gleichermaßen beliebt ist. Das Bier steht für die meisten Gäste im Mittelpunkt, aber auch Sauerkraut und Bratwurst werden gern verzehrt. Bierzeltbänke und -tische schaffen einen Hauch von Oktoberfest-Atmosphäre.
Stichwort Bier: Wie in Deutschland trinkt man Bier auch gerne in China, es ist neben Tee das beliebteste Getränk. Es ist sehr günstig, teilweise sogar günstiger als abgefülltes Wasser. Das berühmteste Bier in China heißt 'Tsingtao' (gesprochen: "tsching-dou"). Diverse Biersorten aus dem Ausland stehen ebenfalls zur Verfügung, sind aber deutlich teurer.
In den Restaurants kann ab 17:00 Uhr zu Abend gegessen werden, vor 21:00 Uhr schließen die Küchen. Es gibt jedoch zahlreiche Imbissbuden, an denen man bis tief in die Nacht speisen kann. Wenn man mit dem Essen fertig ist, legt man als Zeichen für die Bedienung die Essstäbchen über den Rand der Schale.
Die Rechnung im Restaurant wird üblicherweise von der ältesten Person am Tisch bezahlt. Ausländer werden als Gäste behandelt. Man kann versuchen, die gesamte Rechnung zu begleichen, aber wenn man anbietet, für sich selbst zu zahlen, wird man sich in Verlegenheit bringen. Trinkgelder sind in Restaurants und Hotels üblich. In Restaurants gibt es jede Menge vegetarische Kost, aber die meisten verwendeten Fette sind tierischen Ursprungs.
Rauchen gehört in China zum guten Ton
In China rauchen praktisch alle Männer. Nichtraucher werden nicht viele öffentliche Orte finden, an denen nicht geraucht wird, und werden sich oft entschuldigen müssen, wenn ihnen eine Zigarette angeboten wird. 'Marlboro' ist die bekannteste Zigarettenmarke in China.
Ein bekanntes Getränk ist "Maotai". Es ist Wodka nicht unähnlich und wird aus Reis und Hirse hergestellt. "Maotai" ist sehr stark und an den Geschmack muss man sich erst gewöhnen. Man trinkt es gepflegt aus kleinen Gläsern und mit einem einzigen Schluck.
Die Chinesen trinken gerne Tee, dieser kann grün, rot, schwarz oder aromatisiert sein. Es ist höflich, die Tassen der Tischgenossen aufzufüllen und man bedankt sich, indem man mit den ersten beiden Fingern leicht auf den Tisch tippt. Wenn man möchte, dass die Teekanne aufgefüllt wird, hebt man den Deckel ab und legt ihn umgekehrt auf die Kanne.
Bezahlt wird selbst die Münchner Weißwurst im 'Paulaner' im Normalfall in Yuan (RMB), der offiziellen Landeswährung. Ein Yuan entspricht 0,1 Euro, oder umgekehrt bekommt man für einen Euro 10,13 Yuan. Gerade im Zentrum Shanghais und an der Grand-Prix-Strecke ist es aber kein Problem, mit amerikanischen Dollars zu zahlen.
Chinesischer Motorsport exisiert erst seit kurzem
Motorsport steckt in China im Gegensatz zur Wirtschaft noch weitgehend in den Kinderschuhen. Erst seit Mitte der 90er-Jahre wurde mit staatlichen Förderungen ein elitärer Kreis an Rennsportlern herangezogen. Anlässlich des Formel-1-Rennens wurde Anfang dieses Jahres auch die China Championship ins Leben gerufen, eine nationale Rennserie ohne jede internationale Bedeutung. Im Gegensatz dazu genießt die Formel BMW Asien ein vergleichsweise hohes Ansehen. Meister Marchy Lee werden sogar die Qualitäten für eine internationale Karriere attestiert.
Im Dezember 2003 durfte sogar erstmals ein Chinese ein Formel-1-Auto testen, nämlich Ho-Pin Tung, der so für seinen Meistertitel in der Formel BMW Asien belohnt wurde. Die Karriere des 21-Jährigen ist inzwischen allerdings ein wenig versandet. Dafür hat sich einer seiner Landsmänner ein Herz gefasst und sich nach Europa abgesetzt, um Rennfahrer zu werden: Cheng Congfu, 20 Jahre alt, steht auf der Watchlist von McLaren-Boss Ron Dennis und nimmt dieses Jahr an der Formel Renault in Großbritannien teil, wo er allerdings noch nicht wirklich auffallen konnte.
Doch auch wenn es sicher noch einige Jahre dauern wird, bis sich Bernie Ecclestones Wunsch nach einem Formel-1-Chinesen erfüllt, wird China spätestens ab kommendem Wochenende eine motorsportliche Großmacht sein, denn was der Aachener Architekt Hermann Tilke, der sich auch für die Anlagen in Kuala Lumpur, Hockenheim und Manama verantwortlich zeichnet, in Shanghai auf die Beine gestellt hat, entbehrt jeder Beibehaltung der bodenständigen Realität. Dabei ging die Formel 1 bis in die 90er-Jahre hinein fast spurlos am Reich der Mitte vorbei.
Formel-1-Projekt in Zhuhai in den 90er-Jahren geplatzt
Internationalen Motorsport gab es in der Volksrepublik China erstmals Mitte der 90er-Jahre. Die BPR-Serie, eine Sportwagen-Meisterschaft, fuhr Rennen auf einem Straßenkurs im Zentrum von Zhuhai, südlich von Hong Kong. 1996 zog die Veranstaltung auf eine neu gebaute Rennstrecke außerhalb der Stadt um. Die Veranstalter hofften bereits damals, dort einen Grand Prix austragen zu können, doch der Kurs entsprach nicht ganz den Anforderungen der FIA für eine Formel-1-Rennstrecke. Im Juli 2004 startete die DTM bei einem Einladungsrennen in Shanghai. Das Rennen wurde auf einem 2,85 Kilometer langen Straßenkurs in Pudong, dem Geschäftsviertel der Stadt ausgetragen.
Jetzt also endlich Formel 1: Der 'Shanghai International Circuit' liegt nordöstlich der Stadt Anting im Jiading District, der zu Shanghai gehört. Die gesamte Anlage ist 2,5 Quadratkilometer groß und bietet Platz für rund 200.000 Zuschauer. Das Areal wurde mit über zwei Millionen Kubikmetern Erde aufgefüllt, die auf 40.000 Betonpfähle und Unmengen von Styropor aufgeschüttet wurden, um das darunter liegende Sumpfmaterial zu stabilisieren. In der Dachkonstruktion der Haupttribüne wurden 5.000 Tonnen Stahl verarbeitet, für das gesamte Projekt wurden 12.000 Tonnen benötigt. Die Rennstrecke, deren Layout an den chinesischen Buchstaben Shang erinnert, der soviel wie "hoch" bedeutet, wurde innerhalb von 18 Monaten von bis zu 8.000 gleichzeitig beschäftigten Bauarbeitern fertig gestellt.
"Zwischendurch stellte sich das Problem, woher wir weiteres Styropor erhalten", erinnerte sich Tilke. "Wir haben den chinesischen Markt für ein Jahr weggekauft!" Und weiter: "Die modellierte Landschaft also besteht aus Styropor, mit zwei Metern Erde drauf. Styropor wiegt nur ein Zehntel von Erde." So musste vorgegangen werden, um nicht gezwungen zu sein, die angesprochenen Betonpfähle noch tiefer abzusenken.
Zwei auf Stelzen befestigte Häuser für jedes Team
Auch den Teams wird ein einzigartiger Komfort geboten, den es nirgendwo sonst auf der Welt gibt: Abgesehen von den gigantischen Boxen stehen jedem Rennstall zwei beschauliche Häuschen zur Verfügung, in denen es Massageäume, Aufenthaltsbereiche, eine Küche sowie WC- und Duschanlagen gibt. Hinter dem Fahrerlager wurde mit zahlreichen kleinen Seen so etwas wie eine kleine Formel-1-Stadt geschaffen, die ein bisschen an das Athletendorf bei Olympischen Spielen erinnert.
"Bahrain war großartig, aber China ist eine neue Dimension", sagte Jo Bauer, Technischer Delegierter der FIA, nachdem er im Vorfeld des Rennens einen Abstecher nach Shanghai gemacht hatte, um das dortige Personal auf die Formel 1 vorzubereiten. "Die schiere Größe haut dich um. Wenn du in die Boxengasse trittst, siehst du zuerst einmal keinen Himmel, sondern vor dir türmt sich die 50 Meter hohe Haupttribüne auf."
Bauer ist nach seiner ersten Bestandsaufnahme zuversichtlich, dass die Organisation reibungslos ablaufen wird, und betonte, die Chinesen seien "extrem willig, alles tadellos zu erledigen" und "bringen ein gutes Grundwissen mit. Aus meiner Sicht werden sie einen großartigen Grand Prix durchführen." Auch die Stadt selbst sei bestens gerüstet, fügte er an: "Die ersten Eindrücke erschlagen dich."
Experten rechnen mit Rundenzeiten um 1:40
Die Strecke ist 5,451 Kilometer lang, das Rennen wird über 56 Runden ausgetragen. Die im Voraus errechnete Rundenzeit dürfte bei einer Zeit von 1:40 liegen, was einem Schnitt von knapp 200 km/h entsprechen würde. Auf der längsten Geraden des Kurses werden die Boliden geschätzte 325 km/h Top-Speed erreichen - abhängig von der Flügeleinstellung, die wohl im mittleren Bereich liegen wird.
"Wenn man sich Shanghai anschaut, so ist die Strecke geprägt von zwei langen Geraden", erklärt Renault-Chefingenieur Pat Symonds, "von denen eine mehr als einen Kilometer und die andere rund 600 Meter lang ist, was darauf schließen lässt, dass ein wettbewerbsfähiger Top-Speed mitentscheidend für die Position ist. Daneben gibt es aber auch Kurven, von denen manchmal eine direkt in die nächste übergeht. Außerdem ist die Strecke dafür, dass sie so modern ist, erstaunlich lang."
Eine Runde in Shanghai bietet im Prinzip alles, was ein Formel-1-Kurs heutzutage bieten kann: Sektor eins besteht aus überwiegend langsamen Kurven - vor allem der schon im Vorfeld berühmt gewordenen 300-Grad-Schneckenkurve - und einer Haarnadel, Sektor zwei beinhaltet eher schnellere Kurven und eine herausfordernde Kombination, die durchaus mit der Becketts-Passage in Silverstone vergleichbar ist, und die beiden langen Geraden mit einer guten Überholmöglichkeit gegen Ende der Runde.
Renault-Ingenieur: Setup "mit mittleren Abtriebswerten"
"Wie sich das auf das Setup auswirken wird, ist schwer einzuschätzen", fährt Symonds fort. "Die Strecke erfordert anfangs eine High-Downforce-Abstimmung für eine gute Rundenzeit, aber die Bestrafung dafür, die Flügel flacher einzustellen, ist relativ gering. Ist das bei einer Strecke der Fall, sagen wir in der Fachsprache, dass ihr aerodynamisches Profil flach ist. Am Renntag glaube ich daher, dass wir ein Setup mit mittleren Abtriebswerten fahren werden."
"Die Bedeutung der Motorleistung ist ähnlich wie in Melbourne", so der Brite, "also im unteren Viertel der Saison, aber die Auswirkung von Benzin im Tank dürfte wohl ziemlich stark sein - nämlich wegen der schnellen Kurven. Die Durchschnittsgeschwindigkeit wird schneller sein als in Bahrain. Die Bremsen werden wohl nicht so stark belastet wie in Bahrain, Shanghai liegt da geringfügig unter dem Durchschnitt. Durch die langen Geraden werden die Bremsen gut abgekühlt."
"Die Gesamtenergie, die die Reifen pro Runde absorbieren müssen, ist relativ hoch. Andererseits dauert das Rennen nur 56 Runden, also erwarten wir einen ähnlichen Reifenverschleiß wie zum Beispiel am Nürburgring. Die Verteilung zwischen Vorder- und Hinterreifen ist relativ gleichmäßig, könnte sich aber mit Verlauf des Rennens ein wenig nach hinten verlagern, weil viele der Kurven aufmachen und man aus ihnen herausbeschleunigen muss", meint der 51-Jährige.
Viel Wirbel in der Formel 1 vor der China-Premiere
Noch bevor das Rennwochenende überhaupt begonnen hat, liefern sich die Teams einen unerbittlichen Kampf um die Schlagzeilen in den Medien, schließlich ist Shanghai das marktwirtschaftlich wichtigste Rennen des Jahres: Renault hat die Verpflichtung von Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve für die letzten drei Grands Prix bekannt gegeben und steht damit in der PR-Pole-Position, doch auch Jaguar kann sich dank des Ford-Rückzugs einer zweifelhaften Aufmerksamkeit der Presse sicher sein. Schlussendlich wird gewiss auch das Sauber-Team im Blickpunkt stehen, welches Villeneuve für nächstes Jahr unter Vertrag genommen hat, und natürlich Ferrari mit Michael Schumacher - der Megastar ist überall auf der Welt gefragt. Außerdem ersetzt 'F1Total.com'-Kolumnist Timo Glock ab sofort bei Jordan den erfolglosen Italiener Giorgio Pantano.
Unabhängig davon kann man sich aber auf ein hochinteressantes Wochenende gefasst machen - sportlich, obwohl schon alle WM-Entscheidungen gefallen sind, optisch, weil keine andere Rennstrecke spektakulärere TV-Bilder abliefert, und natürlich kommerziell. Daher sollte man am Sonntag auf jeden Fall aufstehen, um ab 8:00 Uhr MESZ den Grand Prix von China zu verfolgen - via Fernsehen oder 'F1Total.com'-Ticker.

