Sam Michael: "Wir sollten die Vorschläge akzeptieren"
BMW-Williams' neuer Technischer Direktor über die aktuellen Regelvorschläge, Testbeschränkungen und die Entwicklung des FW26
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Sam, haben die jüngsten aerodynamischen Updates und Veränderungen am Auto zum gewünschten Erfolg geführt? Habt ihr vielleicht mehr erwartet?"
Sam Michael: "Wir haben große Änderungen an den Seitenkästen und dem Unterboden durchgeführt, wir haben also die Richtung gewechselt. Der erste Schritt brachte uns schon mehr Abtrieb, aber wir haben ohnehin nicht geglaubt, dass wir damit gleich Ferrari einholen würden. Nun haben wir zwei oder drei neue Teile mehr am Auto und wir haben ein aggressives Entwicklungsprogramm für die nächsten drei oder vier in Gang gesetzt, was weitere Teile hervorbringt."

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Sam Michael möchts alsbald mit dem Bau des 2005er Boliden fortfahren
Frage: "Marc Gené ersetzt nun wieder Ralf Schumacher. Was muss er tun, damit er diesen Platz behält, so lange Ralf nicht zur Verfügung steht?"
Michael: "So schnell fahren wie er kann und so viele Punkte holen wie er kann. Im Auto ist er sehr stabil. Selbst inmitten einer Session, wenn das Team Probleme hat oder nach einem Setup sucht, ist Marc ein guter Fahrer. Das kommt vielleicht von den vielen tausend Testkilometern, die er absolviert hat. Ob er den Platz behält, entscheidet sich von Rennen zu Rennen. Wir haben damit einfach begonnen, ihn einzusetzen, da wir nicht wussten, wie lange Ralf nicht ins Auto steigen würde. Nur einen Tag vor Magny-Cours erfuhren wir, dass er länger abwesend sein würde als wir gedacht hatten. Wir haben aber immer gesagt, dass das von Rennen zu Rennen entschieden werden wird."#w1#
Michael drängt auf schnelle Entscheidungen
Frage: "Die Technische Arbeitsgruppe traf sich in dieser Woche. Was kam dabei heraus? Was wird als nächstes passieren und was sind die Stärken und Schwächen der Vorschläge?"
Michael: "Es war ein produktives Treffen und die Vorschläge bezüglich der Aerodynamik sind vernünftig. Ähnlich verhält es sich mit dem Motor und den Reifen, aber wir müssen bis zum nächsten Freitag warten, was die FIA an die Technische Arbeitsgruppe zurückgibt. Es ging bei dem Treffen mehr um ein Sammeln von Meinungen, die zu 95 Prozent dem Vorschlag der FIA entsprechen werden. Dies wird nun wieder an die Technische Arbeitsgruppe zur Absegnung gehen. Das einfachste wäre, es einfach sofort zu akzeptieren und loszulegen, denn dann könnten wir bereits ab dem nächsten Freitag an den Autos für 2005 arbeiten. Wann immer man so etwas schnell entscheiden muss, entstehen größere Einschnitte als man vielleicht gewollt hat, aber die FIA hat es so gesagt, und damit sollten wir uns zufrieden geben."
Frage: "Daran anknüpfend: In Magny-Cours hat Ferrari die Strategie von Michael Schumacher umgestellt, weil man sich nicht sicher war, ob er Fernando Alonso auf der Strecke überholen könnte. In den letzten 17 Runden fuhren drei Autos dicht beisammen. Zwar gab es Überholmanöver, aber das lag wohl eher an speziellen Umständen. Wir könnte man das Überholen etwas einfacher machen?"
Michael: "Der Kurs spielt dabei eine entscheidende Rolle. Ich führe immer zwei Beispiele zur Verdeutlichung an. Das Erste es Hockenheim von Kurve zwei zu Kurve drei. Man kommt aus einer 60 oder 70 km/h schnellen Kurve auf eine 1,1 Kilometer langen Gerade und kommt wieder zu einer 60-km/h-Kehre, und überall ist viel Asphalt. Dort gibt es immer Überholmanöver und das hat zwei Gründe. Der Fahrer weiß, dass er nicht im Kiesbett enden wird und er hat eine langsame Kurve, aus der beschleunigen und sich in den Windschatten setzen kann."
"Das Gegenteil ist in Barcelona der Fall, wo es eine gleich lange Gerade gibt. Aber davor ist eine 230-km/h-Kurve und am Ende folgt eine 130-km/h-Kurve. Ab und zu gibt es auch da Überholmanöver, aber nur wenn einer einen Fehler macht. Man könnte nun fordern, dass jeder neue Kurs eine solche Sektion haben sollte. Ich rede nicht davon, dass man gleich drei oder vier Stellen einbaut, denn man braucht schon schnelle Teile, wie die ersten Kurven in Silverstone oder Suzuka, aber es sollte eine Regelung geben, die besagt, dass auf einem Kurs eine solche Sektion existieren muss, auf der man überholen kann."
Michael: Testbeschränkung ja, aber ...
Frage: "Was wird auf dem Motorensektor passieren? Regt sich noch Widerstand gegen die 2,4-Liter-V8-Triebwerke? Würdet ihr lieber an den V10-Motoren festhalten?"
Michael: "Ich spreche ja auch für BMW, und sie haben die 2,4-Liter-V8-Motoren nicht unterstützt. Ich weiß, dass es viele andere getan haben, aber der Standpunkt von BMW war, dass man eine Leistungssenkung auch mit den V10-Triebwerken erreichen kann. Aber mit der Position stehen sie recht alleine da, aber da müssen wir auch noch ein wenig abwägen."
Frage: "Es wird immer wieder davon gesprochen, in Zukunft mehr Rennen auszutragen und weniger zu testen. Was wäre für dich ein Minimum bei Testfahrten, wenn sie denn beschnitten werden sollte."
Michael: "Wir bei Williams testen momentan sehr viel - wir können drei Autos gleichzeitig einsetzen. Wir würden gerne eine Testbeschneidung sehen, aber inmitten eines Reifenkampfes führt man auch viele Reifentests durch. Mehr als die Hälfte unserer Testkilometer werden wegen der Reifen zurückgelegt. Es ist also schwer sich darüber zu unterhalten, solange sich die beiden Reifenhersteller nicht zurücknehmen. Aber wir würden eine Beschneidung der Testfahrten um die Hälfte sehr begrüßen."
"Aber diese Angelegenheit ist kompliziert. Nicht nur wegen der Reifen. Es wurde ja auch in ein Testteam investiert, dafür möchte man ja auch etwas haben. Die Teamchefs müssen wohl etwas Zeit für dieses Problem aufbringen und ich bin sicher, dass sie sich auf eine Reduktion einigen können. Vielleicht werden das nicht 50 Prozent werden, aber zumindest in dieser Richtung. Derzeit macht es aber kaum Sinn darüber zu reden, solange wir die genauen Regeln für 2005 nicht kennen."

