Gascoyne: "Vernünftiger Schritt nach vorne"
Toyotas Technischer Direktor über das neue Auto, seine Vorliebe für eine Testbeschränkung, die Fahrerwahl und mehr
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Mike, euer neues Auto kommt bald heraus. Was erwartest du dir davon und wie viele Plätze wird es euch nach vorne bringen?"
Mike Gascoyne: "Wir erwarten, dass es schneller ist, sonst hätten wir es nicht gebaut. Wir haben viel daran gearbeitet und glauben, dass es ein guter Schritt vorwärts ist. Die Konfiguration ist abgeschlossen. Es war von der Zeit her ziemlich knapp, denn das neue Monocoque musste neu homologiert werden und es verfügt auch über eine komplett neue Aerodynamik. Da floss viel Arbeit rein. Hoffentlich wird es ein vernünftiger Schritt nach vorne. Man muss sagen, dass man von unserer Ausgangsposition nicht mit einem Schlag ganz nach vorne kommen kann, aber es ist der Beginn des Prozesses. Wir haben in der Fabrik viele Dinge richtig gestellt, vieles unternommen, was man an der Rennstrecke nicht sehen kann. Das alles haben wir gemacht. Es hat lange gedauert, aber langsam kommt alles ins Rollen. Das ist der erste Schritt eines langen Prozesses, den wir so schnell wie möglich umsetzen wollen."

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Mike Gascoyne spricht sich überraschend für weniger Tests aus
Frage: "Es hat mehr Downforce, hört man. Das ist der Hauptpunkt, oder?"#w1#
Gascoyne: "Es ist leichter und hat mehr Downforce. Es gibt viele Dinge, die noch nicht im Paket sind, jetzt aber alle auf einmal zusammenspielen. Wir hoffen auch auf eine Motorenausbaustufe, also sollte es insgesamt auf jeden Fall einen Fortschritt bringen, aber wir müssen abwarten. Alle machen Fortschritte, daher kann man nicht genau sagen, wo wir im Endeffekt landen werden. Wir sind aber zuversichtlich."
Gascoyne hält Aerodynamik-Beschneidung für sinnvoll
Frage: "Es gab diese Woche ein Treffen der Technischen Arbeitsgruppe der Formel 1. Was ist dabei herausgekommen, wie geht es jetzt weiter, was sind die Probleme, was die Stärken und Schwächen der Änderungsvorschläge? Was passiert jetzt?"
Gascoyne: "Ich denke, es war ein produktives Meeting. Für mich ist es natürlich am einfachsten, die Chassis-Regeln und die Aerodynamik zu besprechen. Wir haben einige Vorschläge eingebracht, um den Abtrieb einzuschränken, speziell im Bereich des Diffusors. Das geht in die richtige Richtung, es wären richtige Maßnahmen und signifikante. Ein paar Teams haben an dem Vorschlag gearbeitet und sind auf ähnliche Ergebnisse gekommen. Wir sind zuversichtlich, dass man so eine Regulierung des Abtriebs erreichen kann und somit auch einen Eingriff in die Rundenzeiten. Außerdem werden die Regeln abstimmbar sein, man könnte sie jedes Jahr anpassen. Uns stünden einige Dimensionswerte zur Verfügung, die man in ein paar Jahren neuerlich anpassen kann. Daher glaube ich, dass das Meeting chassisseitig sehr produktiv war. Die Reifen und der Motor sind für mich natürlich schwieriger zu erläutern, aber auch da gibt es Vorschläge - wenn auch nicht einstimmig -, die Lebensdauer der Motoren zu verlängern. Die Motorenhersteller arbeiten an einem Dokument mit Vorschlägen für 2008 und man wird sehen, welche Maßnahmen sich schon 2005 anwenden ließen. Bei den Reifen machen sich Bridgestone und Michelin gemeinsam Gedanken, wie man die Performance einschränken könnte. Es wird also an allen Fronten angegriffen, aber zumindest chassisseitig gibt es eine sinnvolle Übereinkunft, die in die richtige Richtung geht."
Frage: "In den letzten 17 Runden in Frankreich fuhren drei Autos knapp hintereinander, und ja, es gab ein Überholmanöver, aber eher durch glückliche Umstände. Was kann man unternehmen, damit das Überholen wieder einfacher gemacht wird?"
Gascoyne: "Eine schwierige Frage, denn wenn man ein Qualifying-Format hat, bei dem das schnellste Auto vorne steht und das langsamste hinten, wird es kaum Überholmanöver geben. Wir sind alle Konstrukteure und bauen unsere Autos individuell, daher wird es immer Konstrukteure geben, die ihre Sache besser machen als andere. Einen Performance-Unterschied herzustellen, der groß genug ist, um Überholmanöver zuzulassen, ist folglich eine sehr knifflige Angelegenheit. Man ist hergegangen und hat die Startaufstellung durch verschiedene Benzinmengen und verschiedene Strategien durcheinander gewirbelt. Wenn man jetzt härtere Reifen und keine Reifenwechsel mehr fordert, muss man vorsichtig sein, denn das kann dazu führen, dass sich das Überholen ganz aufhört. Es ist also wirklich nicht einfach. Im Prinzip haben wir zehn sehr professionelle Teams, die High-Tech-Autos produzieren, und 20 Fahrer, die keine Fehler machen. Dabei Überholmanöver zu erschaffen, ist denkbar schwierig. Ich denke, alle arbeiten sehr hart daran, denn wir wissen, dass wir das Spektakel verbessern müssen, aber es gibt wie gesagt keine einfache technische Lösung."
Toyota ist für V8-2,4-Liter-Motoren ab 2006
Frage: "Wie steht ihr zu den Motoren? Gibt es eine Opposition gegen die V8-2,4-Liter-Motoren und würdet ihr lieber bei V10-Motoren bleiben?"
Gascoyne: "Die Technische Arbeitsgruppe hat ganz klar erkannt, dass die Motorleistung im Zuge der Performance-Reduktion eingeschränkt werden muss. Darüber wird auch schon seit längerem diskutiert. Früher gab es noch eine einstimmige Entscheidung aller Teams, die aber inzwischen wieder fallen gelassen wurde. Die Position von Toyota ist klar - wir unterstützen den V8-2,4-Liter-Motor für 2006. Wir suchen die technische Herausforderung, Toyota ist wegen der technischen Herausforderung in der Formel 1, also sind wir grundsätzlich gegen Limitierungen hinsichtlich der verwendbaren Technologien, aber uns ist auch bewusst, dass es in der Formel 1 für die kleineren Teams Kundenmotoren geben muss und wir sind darauf vorbereitet, ab 2006 einen solchen Kundenmotor zur Verfügung zu stellen, weil wir spüren, dass es notwendig ist. Wir sind sehr bedacht darauf, in diese Richtung zu gehen, glauben, dass es für die Formel 1 notwendig ist und wollen gleichzeitig die Technologie im Sport behalten."
Frage: "Ihr habt viel Geld ausgegeben, um Ralf Schumacher zu verpflichten, aber es gibt jetzt Befürchtungen, dass es - ähnlich wie bei Ferrari - eine klare Nummer eins und eine klare Nummer zwei bei Toyota geben könnte. Kannst du das entkräften?"
Gascoyne: "Naja, ich leite das Team an der Rennstrecke und habe in zehn Jahren nie anders praktiziert. Es gab unter mir nie eine Nummer eins und eine Nummer zwei, obwohl das immer wieder behauptet wurde, und wir werden es bei Toyota weiter so handhaben, dass beide Fahrer exakt dasselbe Material bekommen. Wir haben ja nur zwei Fahrer und wollen von ihnen immer maximale Leistung erhalten, daher wird es keine Nummer eins oder Nummer zwei geben, unabhängig davon, wer das zweite Cockpit bekommt. Sie werden auf jeden Fall gleich behandelt."
Keine Fahrerentscheidung bei Toyota bis Jahresende?
Frage: "Zur Frage des zweiten Piloten. Wenn du als Technischer Direktor Kontinuität für wichtig hältst, kommen Olivier Panis, Cristiano da Matta oder Ricardo Zonta in Frage, oder legt ihr darauf nicht so großen Wert?"
Gascoyne: "Zunächst einmal ist meine Hauptsorge als Technischer Direktor, dass ich ein Auto baue, mit dem man Rennen gewinnen kann, denn wenn man so ein Auto hat, spielt es keine so große Rolle mehr, wer es fährt. Heutzutage gibt es viele Fahrer, die gewinnen können, wenn man ihnen ein Auto gibt, das dazu in der Lage ist. Das ist mir am wichtigsten. Im Moment haben wir uns noch nicht entschieden, wer das zweite Cockpit bekommt, aber es gibt eine Reihe an Möglichkeiten. Bis zum Ende des Jahres werden wir wohl kaum eine Entscheidung treffen."
Frage: "Es wird darüber diskutiert, künftig mehr Rennen zu haben und dafür weniger zu testen. Was wäre die für euch akzeptable Untergrenze an erlaubten Testfahrten, falls es weitere Beschränkungen geben sollte?"
Gascoyne: "Ich stimme mit Pat Symonds überein, der sagt, dass man weniger testen kann, dafür aber effektiver. Wir haben damals, als es die zusätzlichen Freitagstests gab, bei Renault zusammengearbeitet. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass wir die uns damals erlaubten Testtage weit effektiver genutzt haben. Das Argument, dass dann alle einfach teure Prüfstände in der Fabrik bauen würden, ist leicht zu entkräften, denn wenn das der beste Weg wäre, würden es schon heute alle machen. Das Testen auf der Rennstrecke ist einfach am effektivsten. Wenn man den kleinen Teams helfen will, die sich nicht so viele Testfahrten leisten können, dann ist eine Testbeschränkung die beste Lösung. Wir absolvieren hunderte Testtage, ohne dass dabei irgendjemand zuschaut, niemand merkt etwas davon, es trägt nichts zur Show bei und es generiert kein Einkommen. Alle Teams könnten weniger testen, aber viele wollen das natürlich nicht, weil sie einen Vorteil verlieren würden, aber im Endeffekt ist es doch für alle gleich. Wir sitzen hier und reden darüber, wie man weniger Geld ausgeben und die Show verbessern könnte. Für mich ist ein Weg dazu eine Testbeschränkung. Wenn jemand unbedingt Geld für teure Prüfstände ausgeben will, um das zu kompensieren, kann man ihn nicht davon abhalten. Wenn wir ein ausgeglicheneres Feld schaffen wollen, müssen wir sicherstellen, dass die Teams für ihr Investment zumindest kleinere Verbesserungen erhalten als bisher. Eine Testbeschränkung würde dazu beitragen und daher denke ich, dass das ein Weg ist, den die Formel 1 einschlagen sollte."

