Renaults letzte Chance beim Heimrennen

Silverstone ist für Renault ein entscheidendes Rennen für den weiteren Saisonverlauf - Fernando Alonso will Magny-Cours vergessen machen

(Motorsport-Total.com) - In Magny-Cours hat Renault erstmals beide Autos in die Punkteränge gebracht, aber nach Fernando Alonsos drittem Startplatz im Qualifying hätten sich die Franzosen für ihren ersten Heim-Grand-Prix dieser Saison natürlich mehr ausgerechnet. Unterm Strich wurde Nelson Piquet Jr. Siebenter und Alonso Achter.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso sieht Silverstone als das Rennen der letzte Chance

Silverstone, nur unweit von der Chassisfabrik des Teams in Enstone entfernt, ist für Renault eine vorentscheidende Kalenderstation, denn bei den Tests in der vergangenen Woche wurden zahlreiche Modifikationen ausprobiert, die den R28 schneller machen sollen. Sollten diese jedoch nicht den gewünschten Effekt zeigen, dann werden Technikchef Bob Bell und Co. ihre Konzentration wohl schon jetzt ganz auf die kommende Saison verlagern.#w1#

Enttäuschung nach Magny-Cours

"Darum war ich verständlicherweise etwas enttäuscht vom tatsächlichen Ergebnis." Fernando Alonso

Alonso hat bereits vor Magny-Cours klargemacht, dass er genau dieses Umschwenken fordert, falls es nicht bald mit Spitzenresultaten klappen sollte, daher war sein schwaches Abschneiden im Rennen auch eine herbe Enttäuschung: "Nach unserer Leistung im Qualifying dachte ich, dass zum ersten Mal in diesem Jahr ein Podiumsplatz möglich wäre. Darum war ich verständlicherweise etwas enttäuscht vom tatsächlichen Ergebnis", so der zweifache Weltmeister.

"Ich bin bereits zu Beginn des Rennens etwas zurückgefallen und kam auch danach nicht an meine Pace vom Samstag heran", gab er zu Protokoll. "Das Auto war auf den Geraden wie erwartet sehr schnell, trotzdem konnte ich meine Position nicht verbessern. Ich habe immerhin einen Punkt geholt - das ist auch schon etwas. Aber ich bin fest entschlossen, es das kommende Wochenende besser zu machen."

Silverstone will er "positiv" angehen, "denn Magny-Cours hat gezeigt, dass wir Fortschritte machen. Trotzdem ist nach wie vor viel zu tun: Vergangene Woche absolvierten wir dreitägige Testfahrten in Silverstone. Dort haben wir ein paar neue Komponenten ausprobiert, am Setup gearbeitet und Reifen getestet. Seitdem haben wir ein gutes Gefühl für die Strecke. Das wird uns nächstes Wochenende helfen, das Auto während der Trainingsläufe noch weiter zu verbessern."

Alonso ist ein Silverstone-Fan

"Eine gute Runde in Silverstone ist immer befriedigend." Fernando Alonso

Die Strecke sei "ein klassischer Formel-1-Kurs. Die Strecke ist für Fahrer und Autos gleichermaßen anspruchsvoll. Das macht sich vor allem in den schnellen Kurven bemerkbar. Hier muss besonders das Chassis sehr gut ausbalanciert sein. Zusätzlich ist es ein physisch sehr fordernder Kurs, denn die Fahrer müssen mit hohen G-Kräften zurechtkommen. Eine gute Runde in Silverstone ist immer befriedigend, weil sowohl Fahrer als auch Auto am Limit sein müssen, um das zu erreichen."

Natürlich ist es auch für Alonso eine besondere Sache, vor den Augen der in Enstone stationierten Mitarbeiter zu fahren: "Nach Magny-Cours ist Silverstone also unser zweites Heimspiel in Folge. Und es werden viele Mitglieder des Teams da sein, um uns am Sonntag zu unterstützen. Ein gutes Ergebnis ist also dem gesamten Team besonders wichtig", kündigte der 26-Jährige im Hinblick auf das kommende Rennwochenende an.

Magny-Cours als Wendepunkt?

"Erstmalig in die Punkte zu fahren, hat sich großartig angefühlt." Nelson Piquet Jr.

Auch Piquet strotzt vor Tatendrang: "Erstmalig in die Punkte zu fahren, hat sich großartig angefühlt, zumal ich schon seit Saisonbeginn auf diesen Moment gewartet habe. Es hat länger gedauert, aber die ersten Rennen waren für mich und das Team nicht leicht. In Frankreich hat alles geklappt. Wir hatten keine Probleme und konnten das Auto das ganze Wochenende stetig verbessern. Für das Rennen war ich gut vorbereitet. Ich fühlte mich wohl im Auto", so der Brasilianer.

"Ich hoffe, den Schwung aus Frankreich in die zweite Saisonhälfte mitnehmen zu können, und will damit in Silverstone anfangen", sagte Piquet, der mit seinem ersten Punkteresultat quasi seinen Kopf aus der Schlinge ziehen konnte. Seine erste Saisonhälfte erinnerte bisher stark an jene von Heikki Kovalainen, aber Magny-Cours soll eine Trendwende bringen. Aber er hielt fest: "An meiner Einstellung hat Magny-Cours nichts verändert."

"Ich wusste die ganze Zeit, dass ich in der Lage bin, nach vorne zu fahren und dass mir dies früher oder später auch gelingen würde", unterstrich Piquet. "Ich bin überzeugt, dass ich in der zweiten Jahreshälfte erfolgreicher unterwegs sein werde, denn ich habe Erfahrung gesammelt und aus den ersten acht Rennen eine Menge gelernt. Jede Sekunde, die ich im Auto verbringe, ist lehrreich und stärkt mein Selbstbewusstsein: ein ganz natürlicher Lernprozess, und der braucht eben seine Zeit."

Piquet will wieder Punkte

"Mein Ziel ist, erneut in die Punkte zu fahren und an meinem Teamkollegen dranzubleiben." Nelson Piquet Jr.

Silverstone mag der 22-Jährige "sehr": "Wir haben vergangene Woche dort getestet - das Auto sollte also gut vorbereitet sein. Mein Ziel ist, erneut in die Punkte zu fahren und an meinem Teamkollegen dranzubleiben. Aber in Frankreich ist deutlich geworden, wie eng es im Mittelfeld zugeht: Da kämpfen sehr viele Fahrzeuge auf ähnlichem Niveau um die Plätze - zwischen dem achten und dem 16. Startplatz liegen im Qualifying meist nur ein paar Zehntel."

"Für mich", meinte er weiter, "wird sich das schon ein wenig wie ein Heimrennen anfühlen. Und auch für viele Mitglieder des Teams, die in Enstone arbeiten, ist das eine schöne Gelegenheit, an die Strecke zu kommen und das Rennteam zu unterstützen. Aber im Endeffekt ist jedes Rennen gleichwertig, und ich werde diesen Lauf genauso konzentriert und motiviert angehen wie alle anderen. Ich will das ganze Wochenende mein Bestes geben, um hoffentlich wieder in die Punkte zu fahren."

Rückblick: Renault in Silverstone

Silverstone ist der Ort für Premieren in der Formel 1: 1950 fand hier das allererste Rennen der Königsklasse statt und 1977 begann in der Grafschaft Northamptonshire für Renault das Abenteuer Grand-Prix-Sport. Während der Turboära wechselten sich Silverstone und Brands Hatch als Austragungsorte des Großbritannien-Grand-Prix ab. Von 1977 bis 1986 ging Renault also nur fünfmal auf dem ehemaligen Flugplatz an den Start.

In dieser Zeit erzielte der französische Automobilhersteller drei Podiumsplatzierungen: 1979 wurde René Arnoux Zweiter, 1983 gewann Alain Prost das Rennen und 1985 belegte Jacques Laffite im Ligier-Renault die dritte Position. 1981 verpasste das Team einen möglichen Doppelsieg: Die Renaults von Prost und Arnoux standen beide in der ersten Startreihe und führten das Rennen an, schieden aber vorzeitig aus. Arnoux wurde wegen seines späten Ausfalls noch als Neunter gewertet.

Auch nach der Rückkehr in die Formel 1 zählten Piloten mit Renault-Antrieb zu den Stammgästen auf dem Treppchen: 1989 verhinderte ein Dreher zwar noch die mögliche Podiumsplatzierung von Riccardo Patrese (Williams), 1990 erzielte Thierry Boutsen (Williams) aber bereits Platz zwei. Spätestens ab 1991 erwies sich Silverstone als ausgezeichnetes Pflaster für Renault: Nigel Mansell (Williams) dominierte sein Heimrennen 1991 und 1992. Beim zweiten Rennen rundete sein Teamkollege Patrese den Erfolg mit Rang 2 ab.

Nigel Mansell

Nigel Mansell sorgte Mitte der 1990er für viele Gartenpartys in Silverstone Zoom

Diese Siegesserie setzte sich bis zum Rückzug von Renault aus der Formel 1 fort: 1993 gewann Prost (Williams), 1994 Damon Hill (Williams), 1995 Johnny Herbert (Benetton) und 1996 Jacques Villeneuve (Williams). 1997 führte der Kanadier im Williams sogar einen Dreifachsieg von Renault vor Jean Alesi und Grand-Prix-Debütant Alexander Wurz (beide Benetton) an.

In seiner dritten Formel-1-Ära legte der französische Hersteller einen langsameren Start hin: 2002 blieb das Team blass. 2003 landete Jarno Trulli im Qualifying auf Rang zwei. Das Rennen führte der Italiener zwischenzeitlich sogar an und belegte am Ende Platz sechs. 2005 schaffte endlich ein Renault-Pilot den Sprung aufs Podium: Alonso wurde nach einem hart umkämpften Rennen Zweiter. 2006 hingegen legte er eine unglaubliche Dominanz an den Tag: Alonso sicherte sich die Pole-Position, den Rennsieg und verbuchte die schnellste Rennrunde.

Im vergangenen Jahr erreichten Kovalainen als Siebenter und Giancarlo Fisichella als Achter beide die Punkteränge. Insgesamt holten sich Formel-1-Rennwagen mit Renault-Antrieb in Silverstone neun Siege, 18 Podiumsplatzierungen und zehn Pole-Positions - seit der 21. Startposition beim Grand Prix von Großbritannien 1977 hat das Team einen weiten und steilen Weg zurückgelegt...