• 01.07.2008 09:43

Silverstone: Technik im Fokus

Silverstone ist eine der anspruchsvollsten Strecken des Formel-1-Kalenders und stellt Fahrer und Teams vor eine große Herausforderung

(Motorsport-Total.com) - Durch die Umstellung auf V8-Motoren und den ständig steigenden aerodynamischen Grip der Boliden haben sich die technischen Anforderungen der Grand-Prix-Strecke in Silverstone in den vergangenen Jahren erheblich geändert. Kurven, vor denen die Piloten zuvor herunterschalten mussten, werden heute mit Vollgas oder leichtem Lupfen des Gaspedals gefahren.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Silverstone stellt eine gute Mischung aus schnellen und langsamen Kurven dar

In der gesamten ersten Hälfte einer Runde - bis zur Vale-Kurve - bremsen die Fahrer so gut wie gar nicht. Die Motoren laufen im Gegenzug rund 66 Prozent einer Runde unter Volllast. Die Bandbreite verschiedener Kurventypen reicht von 290 km/h schnellen Mutkurven bis zu dem langsamen, gewundenen Streckenteil am Ende der Runde. Zudem müssen die Autos mit der unebenen Fahrbahn und dem wechselhaften, oft böigen Wind fertig werden.#w1#

Aerodynamik:

In Silverstone arbeiten die Teams mit mittlerem bis hohem Abtrieb - ähnlich wie in Magny-Cours. Der recht hohe Anpressdruck wird für die schnellen Kurven im ersten Streckenteil benötigt. Die damit verbundenen kleinen Nachteile in Sachen Höchstgeschwindigkeit werden in Kauf genommen - wegen der relativ kurzen Geraden und Bremszonen besteht kaum ein Risiko, von einem schnelleren Gegner überholt zu werden. Da die Autos an keinem Punkt der Strecke wirklich hart heruntergebremst werden, verwenden die Teams hier mit die kleinsten Lufteinlässe zur Bremskühlung. Dies kommt wiederum der aerodynamischen Performance zugute.

Fahrverhalten:

Ein ausgewogenes Fahrverhalten ist auf dem unebenen Kurs von entscheidender Bedeutung, da jede Unruhe im Auto die aerodynamische Effizienz in den schnellen Kurven verschlechtert. Besonders in der buckligen Bremszone vor Turn acht neigen die Autos oft zur Instabilität. Zudem lassen die Piloten ihre Autos ausgangs der schnellen Kurven gerne bis auf die äußeren Kerbs driften, was die Strecke noch welliger erscheinen lässt, als sie in Wirklichkeit ist.

Aufhängung:

In Silverstone erhalten die Boliden eine nach vorne verlagerte Fahrwerksabstimmung. Die steifere Vorderachse erlaubt schnelles Umsetzen des Autos und direkte Richtungswechsel sowohl in langsamen Ecken als auch in schnellen Kurven. Die weicher abgestimmte Hinterachse sorgt für guten Grip beim Beschleunigen - besonders ausgangs der Kurven neun, elf und 16 ist optimale Traktion gefragt.

Reifen:

Auf einer Strecke mit so vielen schnellen Kurven werden die Reifen immer hart rangenommen. Silverstone ist in dieser Hinsicht neben Spa-Francorchamps und Sepang der härteste Kurs der Saison. Bridgestone stellt den Teams aus der vierstufigen Reifenpalette daher die beiden härtesten Optionen des Jahres zur Verfügung: medium und hart.

Witterung:

Heikki Kovalainen

Einer der wichtigsten Faktoren kann in Silverstone der starke Wind sein Zoom

Als ehemaliger Flugplatz ist das ebene Grand-Prix-Gelände von Silverstone naturgemäß stark dem Wind ausgesetzt - und der hat eine Reihe von Auswirkungen auf die Autos. Plötzliche Böen verändern die aerodynamische Balance des Autos und verursachen ein unvorhersehbares Handling, vor allem in den Highspeedkurven. Die Fahrer müssen ständig Windrichtung und -stärke beurteilen und ihre Linienwahl und Bremspunkte daran anpassen.

Strategie:

Der Benzinverbrauch liegt in Silverstone recht hoch - genau wie der Zeitverlust für eine schwere Spritladung. Damit bleibt relativ wenig Spielraum für abweichende Strategien. Sprit für zwei Runden mehr beispielsweise würde fast zwei Zehntelsekunden pro Runde kosten. Wir dürfen deshalb davon ausgehen, dass die meisten Teams die Standardlösung mit zwei Stopps wählen, von denen der erste noch vor Ablauf des ersten Renndrittels liegt. Der Grund für diese nach vorne verlagerte Strategie ist der Wunsch, die Piloten im Qualifying mit einem relativ leichten Auto in der Startaufstellung weiter nach vorne zu bringen. Da das Überholen auf dem Traditionskurs praktisch unmöglich ist, kommt dem Startplatz entscheidende Bedeutung zu.

Motor:

In Silverstone arbeiten den V8-Motoren rund 66 Prozent einer Runde unter Volllast. Dies ist nicht mehr ganz so hoch wie aus früheren Jahren bekannt, dennoch bleibt Silverstone einer der anspruchsvolleren Kurse für die Triebwerke, sowohl in puncto Spitzenleistung als auch Haltbarkeit. Damit die Piloten die schnellen Kurven gezielt mit Voll- oder Halbgas durchfahren können, müssen die Aggregate bei hohen Drehzahlen ein sensibles Ansprechverhalten zeigen und gut zu dosieren sein. Die Kühlung der Achtzylinder stellt kein Problem dar, wegen der häufigen Tests in Silverstone sind die Teams auf alle Eventualitäten vorbereitet.