Renault: 25 Jahre nach dem ersten Formel-1-Sieg
Vor 25 Jahren schrieben Renault und Jean-Pierre Jabouille Formel-1-Geschichte und machten ganz Frankreich überglücklich
(Motorsport-Total.com) - Vor genau 25 Jahren vollzog sich in der Formel 1 eine gravierende Änderung. Mit Jean-Pierre Jabouille gewann ein Franzose in einem Renault mit Michelin-Reifen den Großen Preis von Frankreich in Dijon-Prenois. Die "Grand Nation" jubelte, die Konkurrenz in der Formel 1 befürchtete jedoch den bald kommenden Wandel.

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Neue Zeit und alte Partner - Renault und Elf arbeiten weiterhin zusammen
Der Sieg von Jabouille markierte den ersten Triumph von Renault in der Formel 1, der auf vielerlei Art etwas ganz Besonderes war. Nach langer Zeit gewann, mit Ausnahme von Ferrari, wieder ein Automobilhersteller in der Formel 1, der nicht nur als Motorenlieferant involviert war. Viel wichtiger war jedoch, dass die Formel 1 vor einer Wende stand.#w1#
Seit 1966 war die 3-Liter-Formel gültig. Doch seinerzeit war auch eine Alternative im Regelwerk verankert worden. Wahlweise durfte man mit einem aufgeladenen 1,5-Liter-Motor an den Start gehen. Bis Renault das Wagnis einging, hatte kein Motorenhersteller diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht gezogen. Auch bei Renault wäre dieser Plan wohl nie ohne die Mineralölfirma Elf verwirklicht worden.
Elf sponserte die Renault-Alpine-Sportwagen zu Beginn der 70er Jahre. Nach dem Titel in der 2-Liter-Kategorie wollte man hoch hinaus: Der Formel-1-Einstieg war fest geplant, doch zuvor wollte man den Langstreckenklassiker in Le Mans für sich entscheiden. Die Motorenschmiede Gordini erhielt den Auftrag, einen 1,5-Liter-Turbomotor zu entwerfen, der den Saugmotoren dieser Zeit Paroli bieten sollte.
Anfangsschwierigkeiten bei Renault
1976 verflog der Traum vom Sieg in Le Mans, da die Zündung nach 135 Runden streikte - zumindest blieb Jean-Pierre Jabouille die Pole Position und die schnellste Rennrunde. Trotz des entgangenen Triumphes an der Sarthe lief auch das Formel-1-Programm an. 1977 debütierte in Silverstone der Renault RS01, der in den folgenden Rennen zum Spitznamen "Teekessel" kam, denn das charakteristische Pfeifen des Turboladers war kaum zu überhören.
Doch der Weg an die Spitze war lang und steinig, nicht nur in der Formel 1. In Le Mans glückte auch 1977 kein Sieg, erst 1978 kam der ersehnte Erfolg. In der Formel 1 hangelte man sich von Motor- zu Turboschaden und zurück. Die neue Technik hatte ihre Tücken, die Konkurrenz unkte bereits, dass man mit einem solchen Turbomotor keinen Blumentopf gewinnen könnte.
Doch die Kritiker verstummten schnell. 1979 gelang Renault in der Höhenlage im südafrikanischen Kyalami der erste Achtungserfolg. Jabouille stellte den Renault auf die Pole Position, ein Motorschaden verhinderte jedoch den ersten Erfolg. Es folgten Rennen, in denen die Renault-Turbos keine Rolle spielten. Zu speziell war die Motorencharakteristik. Doch die Probleme waren für die Franzosen eine Herausforderung.
Neue Technologie als Herausforderung
"Renault hat die neue Technologie interessiert", erinnert sich Jabouille. "Sie wären nicht in die Formel 1 gekommen, wenn sie einen weiteren V8-Motor wie Cosworth entwickeln hätten. Sie suchten die Herausforderung, gleichzeitig entwickelten wir Michelins neuen Radialreifen. Das war sehr viel komplizierte Arbeit in einer kurzen Zeit. Beim Motor ging es auch nicht nur darum, eine neue Technologie zu entwickeln, wir mussten ihn dann auch noch fahrbar machen. Es lagen Welten zwischen der Leistungsausbeute auf dem Prüfstand und der Fahrbarkeit im Auto."
Der Grundstein für den Durchbruch wurde in Monaco 1979 gelegt. Erstmals arbeiteten zwei Turbolader am Renault-Motor. Die Drehzahl wurde erhöht, ebenso die Leistungsausbeute. Viel wichtiger aber war, dass das störende Leistungsloch des Turbos fast verschwunden war. Für die engen Straßen in Monte Carlo war der Renault-Turbo dennoch nicht ideal, doch beim folgenden Rennen in Frankreich schlug die Stunde der Franzosen.
Viel Druck vor dem Heimrennen 1979
"Als wir in Dijon ankamen, waren wir sehr zuversichtlich", so Jabouille. "Wir fuhren einen Monat zuvor eine komplette Grand-Prix-Distanz ohne große Probleme. Ich sicherte mir an diesem Wochenende die Pole Position. In der Startaufstellung war ich ruhig, aber den Leuten um mich herum konnte man den Stress ansehen."
Der Weg zum Sieg schien geebnet, doch Gilles Villeneuve katapultierte sich beim Start an die Spitze. Jabouille übte sich in Geduld. "Man darf nicht vergessen, dass wir zu dieser Zeit ohne Stopp durchfuhren. Wir hatten 220 Liter Benzin an Board, man musste sich seine Reifen sorgsam einteilen, um ins Ziel zu kommen."
In Runde 47 übernahm der heute 61-Jährige die Führung und gab sie nicht mehr ab. Doch die vielen Ausfälle in den bisherigen Rennen machten in misstrauisch. "Wir hatten so viele Probleme gehabt, dass ich alles beobachtet und auf alles gehört habe. Ich habe das Auto geschont", so der Franzose. "Dennoch musste ich eine gute Pace beibehalten, denn Gilles und René Arnoux (Teamkollege von Jabouille; d. Red.) lagen nicht weit zurück."
"Ich habe die Bedeutung des Augenblickes erst verstanden, als ich aus dem Auto ausgestiegen bin. Erst da wurde mir es klar", erklärte er. "Davor war ich einfach nur glücklich und erschöpft. Die Wingcars in dieser Zeit waren auf Hochgeschwindigkeitsstrecken ja nicht einfach zu fahren." 1979 konnte Renault keinen weiteren Sieg erringen, wohl aber weitere vier Pole Positions.
Renaults zweiter Anlauf
Zum Weltmeistertitel reichte es für Renault jedoch bis zum werksseitigen Ausstieg Ende 1985 nie. Erst als Motorenhersteller erreichte man dieses Ziel in der neuerlichen Sauger-Ära ab 1989. "1983 entging uns der Titel nur ganz knapp, aber vielleicht waren wir einfach noch nicht bereit dazu", erklärte Bernard Dudot. "Der Rückzug ermöglichte es uns, die Rückkehr als Motorenlieferant unter idealen Bedingungen vorzubereiten."
Seit der Saison 2002 ist Renault wieder mit einem eigenen Werksteam in der Formel 1 vertreten. Zwei Siege (Fernando Alonso in Ungarn 2003 und Jarno Trulli in Monaco 2004; d. Red.) konnten man bisher erreichen. Insgesamt stehen bei Renault 17 Formel-1-Siege zu Buche. Im Gegensatz zu der Turbo-Ära möchten die Franzosen ein Ziel jedoch erreichen: den Weltmeistertitel.
"Eine der Konstanten ist unsere Hingabe für den Sport", so Dudot, der heute die Motorenabteilung in Viry-Châtillon leitet. "Wir bemühen uns, siegreich zu sein, aber wir akzeptieren auch die Niederlage. In der Formel 1 geht es um die Leute. Ob man nun über die Turbo-Ära oder die jetzige Herausforderung spricht, die Menschen machen den Unterschied. Auch in der heutigen Zeit, in der viele große Hersteller in der Formel 1 sind, kämpfen kleine Teams alle 14 Tage gegeneinander auf der Rennstrecke, und das wird nie langweilig."

