• 18.01.2004 13:49

Purnell: "In der Theorie ist der R5 viel besser"

Tony Purnell, Chef von Fords Premier Performance Division, über den neuen Jaguar R5 und die Erfolgsaussichten für die Saison 2004

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wie schätzt du die Saison 2003 für Jaguar ein?"
Tony Purnell: "Ich denke, dass ich es objektiv einschätze, wenn ich sage, dass wir uns in der letzten Saison adäquat geschlagen haben, zumindest was das Racing betrifft. Das wirkliche Highlight war jedoch das Management von Jaguar Racing ? das war unheimlich gut. So wie das Team jetzt arbeitet, ist es besser, als ich es vor einem Jahr erträumt habe. Das ist etwas, was man nicht messen kann, weil Teamarbeit nicht unmittelbar zu Punkten führt, aber es ist schon eine massive Verbesserung."

Titel-Bild zur News: Chef der Premier Performance Division Tony Purnell

Tony Purnell ist mit den Fortschritten bei Jaguar Racing sehr zufrieden

"Die einzige Enttäuschung von meiner Seite aus ist, dass die Gegner heute alle so stark aussehen. Noch vor ein paar Jahren hätte man bei einigen Teams in der Boxengasse die Augenbrauen hochgezogen, doch heute ist alles so professionell, dass man schwerlich einen schlecht geführten Konkurrenten findet. Während wir uns verbessert haben, haben das die anderen auch. Bis zur Saisonmitte haben wir uns gut geschlagen, doch dann wurden die Gegner, trotz einiger Verbesserungen an unserem Auto, noch schneller. Das war enttäuschend, doch niemand würde verneinen, dass dies ein harter Sport ist."#w1#

Die Stabilität ist bei Jaguar wieder eingekehrt

Frage: "Im letzten Jahr ging es aber nicht um die anderen Teams sondern darum, im Jaguar-Team Ordnung zu schaffen."
Purnell: "Absolut, und das haben wir getan. Nach all den Änderungen, die wir vor einem Jahr gemacht haben, glaubte ich wirklich, dass sich die neue Führung beweisen würde. Meinem Glauben wurden sie gerecht. Leute wir David Pitchforth (Geschäftsführer von Jaguar; Anm. d. Red.) und Dr. Ian Pocock (Ingenieurs-Direktor; Anm. d. Red.) sind stabile Charaktere und arbeiten gut zusammen. Wenn man eine solche Qualität an Führungskräften hat, dann verhindert man Instabilität, unter der wir in der Vergangenheit gelitten haben."

"Ihre solide Arbeit filtert alle Teile des Teams, bei den Rennen und im Werk, und wir sollten 2004 weiter davon profitieren. Wir haben das letztjährige Auto erst sehr spät begonnen, weil sich das Personal geändert hat, und dennoch gab es dabei keine nachlässige Haltung. Im Gegensatz dazu, haben wir das diesjährige Auto viel früher begonnen und unsere Zuversicht in das Design ist groß. In der Theorie sind wir mit dem R5 in einer viel besseren Ausgangslage. Wir werden bald sehen, ob die Theorie der Praxis standhält."

Frage: "Wie sieht Ford, die Mutterfirma von Jaguar, die Änderungen?"
Purnell: "Vor einem Jahr wurden wir mit Recht gefragt, warum wir es nicht hinbekommen. Heute höre ich Aussagen wie 'Ihr habt eure Führung etabliert'. Wir bieten genau das, was wir angekündigt haben, und wann immer ich mich mit dem Ford-Management treffe, werde ich auf jeder Ebene herzlich empfangen. Sie sind zufrieden mit dem, was sie nun sehen."

Probleme mit dem Reifenverschleiß müssen gelöst werden

Frage: "Welches sind die Hauptbereiche für Verbesserungen in der neuen Saison?"
Purnell: "Eines der besten Eigenschaften dieses Teams ist es, genau zu wissen, wo wir noch Aufholbedarf haben. Wir sind sehr glücklich mit der Arbeit der Aerodynamikabteilung, aber in Bereichen wie der Reifennutzung müssen wir uns noch verbessern. Wir wissen, warum wir das noch nicht geschafft haben und Michelin war sehr hilfreich dabei, dieses Problem zu verstehen."

"Wenn wir das Problem des Reifenverschleißes jetzt lösen können, dann werden wir womöglich auf einer Stufe mit Teams wie Renault sein. Der schiere Speed zwischen unserem und ihrem Auto klaffte nicht weit auseinander, aber nach fünf Runden war ein großer Abstand zwischen uns. Die Lösung dafür ist nicht einfach ? Aufhängung, Fahrzeugdynamik und Traktionskontrolle spielen dabei eine Rolle ? aber wenn wir eine Lösung finden, dann wird unser Auto im Renntrim erheblich besser sein."

Purnell setzt große Hoffnungen in Christian Klien

Frage: "Wie schwierig war es, für Mark Webber den richten Teamgefährten zu finden?"
Purnell: "Die Stars der Zukunft zu entdecken, fasziniert mich und längerfristig würde ich gerne ein Fahrerentwicklungsprogramm installieren, welches uns erlaubt, junge Talente zu fördern und in ihrer Karriere bis an die Spitze zu begleiten. Für diese Saison mussten wir jedoch nach einem Partner für Mark Ausschau halten, der verschiedene, wichtige Kriterien erfüllt. Wir werden mit Sicherheit keinen Fahrer engagieren, der die falsche Persönlichkeit mitbringt. Unsere Fahrer müssen verstehen, wie wichtig es ist, hart zu arbeiten. Die Art wie sie kommunizieren und sich verhalten ist ein wichtiger Teil ihres Erscheinungsbildes. Sie haben eine Führungsrolle inne."

"Mark Webber setzt derzeit für alle potenziellen Formel-1-Fahrer die Messlatte und als wir all unsere Möglichkeiten für den zweiten Platz erwogen haben, wussten wir, dass der zweite Fahrer vom gleichen Kaliber sein muss. Mark ist definitiv unser Typ von Fahrer, aber ich werde kein Problem damit haben, wenn Christian Klien in der Lage ist, ihn anzutreiben ? dann haben wir zwei sehr schnelle und verlockende Fahrer in unseren Händen."

Effektives Arbeiten ist ein Schlüssel zum Erfolg

Frage: "Auch wenn Jaguar ein 'Werksteam' ist, so gebt ihr nicht die Geldsummen aus, welche andere Hersteller bereitstellen. Kannst du eure Leistung mit den Budgets der anderen Teams in einen Vergleich setzen?"
Purnell: "Ich denke, dass wir nun sehr effektiv mit unserem Geld umgehen. Wenn ich in den Medien ab und zu über unser geschätztes Budget lese, dann denke ich mir zuweilen 'wenn es nur so wäre'. Ich bin jedoch stolz darauf, dass die drei Unternehmen der Premier Performance Division (Jaguar Racing, Cosworth Racing und Pi Research; Anm. d. Red.) ihre Ressourcen in einen Topf geben, um sicherzustellen, dass das Geld möglichst effektiv ausgegeben wird. Wir konnten selbst große Einsparmöglichkeiten finden, als wir uns unsere Praktiken der Vergangenheit angesehen haben. Sehr viele Formel-1-Teams machen das nicht ..."

Frage: "Als Chef der Premier Performance Division: In welcher Situation befinden sich derzeit Cosworth Racing und Pi Research?"
Purnell: "Jaguar hat vielleicht dreißig Prozent von dem erreicht, was wir wollen, und nun starten wir mit den Schwesterunternehmen in der Premier Performance Division einen ähnlichen Weg. Cosworth Racing steht dabei schon weiter oben als das Rennteam, aber das bringt auch Schwierigkeiten mit sich, wenn man etwas ändern möchte. Die Dinge, die ich dort ändern möchte, erscheinen auf den ersten Blick unnötig, aber die Fülle der Änderungen wird Wirkung zeigen. In einem Jahr wollen wir zurückblicken und sagen können, dass es so erfolgreich war, wie beim Formel-1-Team. Von Pi Research haben wir frühzeitig die besten Leute zu Jaguar und Cosworth Racing geholt, dort muss also ein neues Management aufgebaut werden."