• 18.01.2004 13:35

Pitchforth: "Errichten gerade das Fundament"

Der Geschäftsführer des Jaguar-Teams über die laufende Umstrukturierung, den R5, die Fahrer und die Ziele für 2004

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Als du Jaguar übernommen hast, hast du angekündigt, dem Team mehr Struktur verleihen zu wollen. Wie ist das bis jetzt gelaufen?"
David Pitchforth: "Naja, wir sind damit sicher noch nicht fertig, denn das sind komplexe Abteilungen, die ich neu organisieren muss. Das braucht eben Zeit. Wir sind aber zuversichtlich, dass sich die bisher schon vorgenommenen Änderungen bezahlt machen werden. In der Aerodynamikabteilung haben wir vor 18 Monaten mit dem Umstrukturieren begonnen und wir können die ersten Früchte davon schon ernten. Ben Agathangelou hat ein wunderbares Team hinter sich und auch einen Windkanal in unmittelbarer Nähe der Fabrik, wohingegen sie früher immer nach Amerika fliegen mussten. Das ist auf jeden Fall hilfreich. In anderen Bereichen der Fabrik, zum Beispiel in der Produktion, merken wir ebenfalls erste Fortschritte, und durch die Stabilität können wir uns langsam auch den Schwesternfirmen widmen. Zum Beispiel haben wir unseren Produktionsdirektor Adrian Chambers zu Cosworth geschickt, damit er ihnen bei der Motorenproduktion ein wenig unter die Arme greifen kann. Es wird ein Jahr oder so dauern, bis alle Abteilungen voll integriert sind, aber ich bin überzeugt davon, dass wir gerade das Fundament eines ausgezeichneten Teams errichten. Außerdem gibt es noch einen anderen Aspekt, über den bisher kaum berichtet wurde ? wir sparen nämlich eine Menge Geld. Das haben wir erreicht, in dem wir uns unsere Prozesse besser überlegen und darüber nachdenken, was wirklich notwendig ist. Da kommen signifikante Einsparungen zusammen."#w1#

Titel-Bild zur News: John Hogan und David Pitchforth

David Pitchforth (rechts) wollte sich nicht auf konkrete Ziele festnageln lassen

Frage: "Hinter den Kulissen wendet sich also vieles zum Besseren. Könnt ihr ähnliche Veränderungen auch hinsichtlich der Arbeit an der Rennstrecke vornehmen?"
Pitchforth: "Absolut. Im Moment ist Dr. Mark Gillan hauptverantwortlich für alles, was bei den Rennen passiert. Das wird auch so bleiben, aber ich werde mich darum kümmern, dass Dr. Ian Pocock und ich selbst ihm 2004 mehr zur Hand gehen können. Ian ist hauptverantwortlich für das Ingenieurswesen bei uns und darum muss er mehr zu den Rennen kommen, damit er sieht, was eigentlich los ist. Außerdem kann er Mark mit seinem Wissen zur Seite stehen. Vom technischen Standpunkt aus betrachtet ist es einfach wichtig, dass Führungspersonen bei den Rennen sind, um die einzelnen Abteilungsleiter zu unterstützen."

Frage: "Wie hilfreich war die Stabilität des Teams bei der Entwicklung des neuen R5?"
Pitchforth: "Sind wir doch ehrlich: Obwohl der R4 gegenüber seinem Vorgänger ein Fortschritt war, hatten wir die Firma noch nicht komplett sortiert, als wir mit seiner Entwicklung begonnen haben. Dieses Mal ist das aber schon der Fall gewesen, was bedeuten müsste, dass der R5 genau so ist, wie wir ihn erwartet haben. Hinzu kommt noch, dass das letztjährige Auto erst sehr spät entwickelt wurde und wir die Form recht früh einfrieren mussten, um mit der Produktion nachzukommen. Wir sind sehr konservativ vorgegangen, zurück zu den Wurzeln, wie wir damals gesagt haben. Beim ersten Rennen in Australien hatten wir einen guten Speed, aber weil wir keine gute Testphase hatten, fielen wir im Laufe der Saison ein wenig zurück. Im Gegensatz dazu konnten wir den R5 schon mit der neuen Struktur im Rücken errichten und mit der neuen Philosophie im Kopf, die besagt, auf den Stärken der letzten Saison aufzubauen. Wir haben mit dem R5 relativ früh begonnen und er ist eine Weiterentwicklung eines Fahrzeugs, das wir schon sehr gut verstanden haben. Ich würde nie behaupten, dass wir alle Bereiche des R4 verstanden haben, aber wir sind davon abgekommen, bestimmte Bereiche zu verändern, nur weil wir sie nicht verstehen. Selbst wenn wir ein paar Fehler des R4 mitschleppen, ist es noch besser als das Risiko eines komplett neuen Konzepts einzugehen."

Pitchforth setzt dem Jaguar-Team bescheidene Ziele

Frage: "Wenn das neue Auto der erwartete Fortschritt ist, was erwartest du dir dann von der Saison 2004?"
Pitchforth: "Ich erwarte vom R5 schon eine zunehmende Steigerung gegenüber dem Vorjahr, aber wir müssen uns trotzdem realistische Ziele setzen. Letztes Jahr haben wir den siebenten Platz in der Teamwertung vorhergesagt und genau das haben wir auch erreicht. Jetzt wollen wir uns verbessern, was bedeutet, dass wir im Qualifying gleich stark bleiben sollten, im Rennen aber zulegen müssen und vor allem die Resultate zu holen. Zu Beginn der letzten Saison hatten wir Schwierigkeiten mit der Zuverlässigkeit. Wenn wir unsere Fahrer ins Ziel gebracht hätten, wären da sicher einige wertvolle Punkte drin gewesen. Später im Jahr haben wir dann zwar Zuverlässigkeit gefunden, aber den Qualifying-Speed konnten wir im Rennen trotzdem nicht umsetzen. Eines unserer Probleme war, dass wir mit dem hohen Reifenverschleiß nicht zurechtgekommen sind. Die einzige Möglichkeit, wie man so etwas in den Griff bekommen kann, führt über ein intensives Testprogramm. Letztes Jahr haben das Renn- und das Testteam bemerkenswerte Arbeit geleistet, unter schwierigsten Bedingungen. 2004 werden wir in unser Testteam investieren und es erweitern, damit wir die Kontinuität von Test zu Rennen erhöhen können. Davon wird früher oder später auch das Rennteam profitieren."

Fahrer: Webber "ein Star", Klien könnte überraschen

Frage: "Mit Mark Webber habt ihr einen der kommenden Stars im Team. Was erwartest du von ihm und von Neuling Christian Klien?"
Pitchforth: "Mark hat 2003 einen großartigen Job für uns gemacht und deshalb wollen wir ihm ein besseres und leichter verständliches Auto zur Verfügung stellen. Er ist ohne Zweifel ein Star und ich möchte ihn zu diesem Zeitpunkt der Saison so gut es geht unterstützen, damit er alles aus dem R5 herausholen kann, was drin steckt. Er ist extrem professionell, arbeitet hart, ist wahnsinnig fit und noch dazu ein kritikfähiger, netter Kerl. Ich kenne nicht viele Fahrer, die niedergeschlagen sind, wenn sie ihre Fans enttäuschen müssen, aber Mark war ganz fertig, als er letztes Jahr in Melbourne nicht alle Autogrammwünsche erfüllen konnte. Da wusste ich schon, dass er der Richtige für uns ist. Wenn er so weitermacht wie letztes Jahr, hilft er damit der Moral des Teams. Wenn er sein Bestes gibt und das Auto ausquetscht, dann gibt es selten Situationen, in denen wir uns mehr von ihm erwarten würden als er bringen kann. Mark wird schnell sein. Christian braucht Zeit, um sich im Team und in der Formel 1 einzuleben ? und die werden wir ihm geben. Es liegt an uns, ihm die nötige Unterstützung zu geben und ein gutes Gefühl. Die Art und Weise, wie er seinen Job vom ersten Test an angegangen ist, war aber außergewöhnlich. Ich kann mir gut vorstellen, dass wegen ihm nächste Saison ein paar Augenbrauen nach oben gezogen werden..."