Neues Motorenreglement ab 2021: Teams wollen Diskussionen

Auch wenn es bis 2021 noch eine Weile hin ist, wollen die Teams schon bald mit den ersten Diskussionen über die Motoren beginnen - Viele offene Fragen

(Motorsport-Total.com) - Schon heute an morgen denken - oder besser an übermorgen. Die Formel 1 befasst sich bereits intensiv mit dem neuen Reglement für die Saison 2017, doch eigentlich sollte man sich auch schon mit der weiteren Zukunft auseinandersetzen. Bis 2020 läuft das aktuelle Motorenreglement noch, bevor die aktuell wenig beliebten Hybridmotoren durch eine neue Generation ersetzt werden könnten.

Titel-Bild zur News: Paddy Lowe

Paddy Lowe wünscht sich baldige Gespräche zum Motorenreglement Zoom

Welchen Weg die Formel 1 ab dann gehen wird, ist noch unklar, doch so langsam sollte sich in dieser Richtung was tun, denn auch die Anlaufzeit für das neue Reglement ab 2014 betrug mehrere Jahre. "Ich denke, dass es Zeit wird, über den Motor nach diesem hier zu sprechen", meint Mercedes-Technikchef Paddy Lowe stellvertretend für die meisten Teams. "Das ist eine Debatte, die wir vermutlich eher früher als später starten sollten", stimmt Red Bulls Chefingeneur Paul Monaghan zu.

Entscheidend wird sein, in welche Richtung sich die Königsklasse bewegen will. "Wie definieren wir einen Antrieb, der für den Sport richtig ist, aber gleichzeitig Relevanz für die Power-Units besitzt, die zukünftig in Straßenwagen zum Einsatz kommen?", stellt Lowe die entscheidende Frage. "Bleiben wir bei der Technologie, die mehr und mehr elektrisch wird, oder gehen wir unseren eigenen Weg?"

Fragen über Fragen

Das bringt gleichzeitig noch weitere Fragen mit sich. Was passiert etwa mit dem Sound? Nach der Einführung der aktuellen Turbogeneration gab es starke Kritik von Seiten der Fans, weil die dröhnende Königsklasse zu einer Flüsterformel verkommen war. Doch wenn die Straßentechnologie mehr und mehr elektrisch wird, dann verschwindet auch der Lärm von der Straße. "Werden wir Lärm wollen oder werden wir Performance noch mit Lärm verbinden oder nicht?", spinnt Lowe die Überlegungen weiter.

Gleichzeitig muss man sich auch die Frage stellen, welchen Einfluss die Aggregate auf die Performance haben sollen. In der neuen Turboära sind Motoren wieder zum deutlichen Leistungsunterscheider geworden. Mercedes konnte sich mit seiner Technologie absetzen, und die Konkurrenz konnte diesen Vorsprung auch bedingt durch die eingeschränkte Entwicklung nicht aufholen.

"Wenn wir das erfolgreicher hinbekommen als 2014, dann könnte die Formel 1 gesünder sein", meint Monaghan. "Vielleicht könnten wir etwas bekommen, dass uns näher zusammenbringt oder viel schneller aufeinander zu gehen lässt", stimmt Ferrari-Chefingenieur Jock Clear zu. "Die großen Veränderungen vor ein paar Jahren haben zu großen Abständen zwischen den Autos geführt, und das wollen wir nicht sehen."

Wie kann man neue Hersteller locken?

Und während die einen bei den neuen Motoren vor allem Ausgeglichenheit haben wollen, blicken die anderen vor allem auf die Kosten. "Wir wollen einen billigen! Es muss bezahlbar sein", wirft Force-India-Geschäftsführer Otmar Szafnauer ein. Manors Technischer Berater Pat Fry stimmt zu: "Die Kosten haben sich seit den normalen Saugmotoren vervielfacht. Wir müssen es in gewisser Weise zurück unter Kontrolle bekommen", sagt er.

Es gibt also viele Punkte, die es bei den neuen Motoren zu klären gilt, von daher sollten Gespräche darüber möglichst zeitnah begonnen werden - auch im Interesse der Formel 1. Denn Planungssicherheit spielt bei den Teams eine große Rolle und ist vor allem für Hersteller wichtig, die sehen wollen, dass die Technologie auch in Zukunft noch relevant für ihr Geschäft ist. "Außerdem könnte das auch potenzielle neue Motorenhersteller in die Formel 1 locken", meint McLarens Ingenieursdirektor Matt Morris.

Nico Rosberg

Mercedes dominiert, der Rest schaut zu: Ein solches Szenario will man verhindern Zoom

Genau aus diesem Grund würde Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost allerdings gegen ein neues Motorenreglement sein. Der Österreicher wünscht sich, dass man noch ein paar Jahre mehr mit den aktuellen Motoren fährt - vielleicht bis 2025. Denn er glaubt nicht, dass Hersteller jetzt einsteigen, wenn sie zwei bis drei Jahre Entwicklungszeit brauchen, nur um dann einen Motor zu haben, der ein oder zwei Jahre später schon wieder hinfällig ist.

Entscheidungsfreude gesucht

"Das habe ich bereits mit anderen Leuten diskutiert, und ich hoffe einfach, dass sie sich dafür entscheiden", sagt er gegenüber 'Motorsport-Total.com' zu einer Verschiebung. Tost plädiert dafür, erst die Entwicklung mit dem neuen Chassis abzuwarten, ob diese den gewünschten Effekt erzielt, um sich später für ein neues Motorenreglement zu entscheiden, nachdem man die Formel 1 stabilisiert hat.

Doch irgendwann sollte sich die Formel 1 tatsächlich entscheiden, und das war bislang nicht die Stärke der Königsklasse. In den Sitzungen der Strategiegruppe wurde meist solange diskutiert, bis man einfach nur noch den Termin des nächsten Treffens entschieden hat. Die Fans haben das ewige Warten ohnehin satt, wie sich in einer Umfrage auf Motorsport-Total.com gezeigt hat. 75,42 Prozent (von mehr als 2.000 Befragten) gaben an, dass sie die Lust auf die Formel 1 verlieren, wenn es immer solche Begebenheiten wie in Ungarn gibt, als die Startaufstellung auch sechs Stunden nach der Qualifikation nicht feststand.


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Die Formel 1 muss also nun zu Potte kommen, auch wenn 2021 noch ewig weit entfernt scheint. Doch mit der notwendigen Entwicklung bleibt für das neue Reglement weniger Zeit als gedacht. "Es braucht eine Menge Planung, und wir werden dieses Mal mit weit offenen Augen in die nächsten Verhandlungen gehen", kündigt Jock Clear an, damit am Ende nicht nur die Teams und Hersteller zufrieden sind, sondern vor allem auch die Fans.