Gerhard Berger: Was beim Motorenreglement falsch läuft

Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger analysiert die Schwächen des soeben verlängerten Motorenreglements und verrät, wie seine Lösung für die Formel 1 aussehen würde

(Motorsport-Total.com) - Die Formel hat beim Motorenreglement vor der Saison 2016 gerade noch die Kurve gekratzt: Red Bull bleibt nun doch Renault-Kunde, und die Hersteller haben sich darauf geeinigt, ihre Antriebseinheiten den kleineren Teams günstiger anzubieten. Dadurch bleiben die V6-Turbomotoren mit 1,6 Liter Hubraum und Hybridunterstützung noch bis Ende 2020. Dennoch sieht Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger einige Problemzonen.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Gerhard Berger fordert Änderungen am aktuellen Motorenreglement Zoom

"Das Thema hat mehrere Facetten, die das Problem aufzeigen", kritisiert der Österreicher gegenüber 'auto motor und sport'. Und zählt die drei seiner Meinung nach entscheidenden Punkten auf: "Die Sackgasse, in der Red Bull gelandet ist. Die Komplexität der Technik. Und ein Reglement, das den Herstellern nicht vorschreibt, eine bestimmte Anzahl von Teams zu beliefern."

Er hält es für untragbar, dass ein Hersteller wie Ferrari einen Konkurrenten durch die Motorenausbaustufe bewusst schwächt. "Es kann nicht sein, dass ein Herr Marchionne sagt: Du kriegst nur einen 2015er Motor und du nur einen von 2014. Das Reglement muss so etwas verhindern", sagt er.

Berger fordert: Rolle des Motors muss eingeschränkt werden

Eine Anspielung darauf, dass Toro Rosso 2016 mit Antriebseinheiten aus Maranello an den Start gehen wird, die ein Jahr alt sind. Auch für Red Bull stand eine dementsprechende Lösung im Raum. "Ich verstehe die Autokonzerne, dass sie sich vor einem Team wie Red Bull schützen wollen, weil die womöglich dann dem eigenen Team vor der Nase rumfahren", zeigt er zwar Verständnis für Ferrari & Co. "Aber das ist nicht im Interesse des Sports."

Handlungsbedarf sieht er bei der FIA, die die Rahmenbedingungen schaffen muss, damit jedes Team in den Genuss eines konkurrenzfähigen Motors kommt. "Jeder Hersteller müsste eine bestimmte Anzahl an Teams beliefern und auch die Kapazitäten dafür schaffen, diese beliefern zu können", fordert Berger. "Damit wäre ausgeschlossen, dass ein Hersteller wie Honda nur ein Team ausrüstet."

Jean Todt, Maurizio Arrivabene

Berger sieht Jean Todt unter Zugzwang: Die Hersteller haben zu viel Macht Zoom

Zudem sehnt er die Situation herbei, als die Motoren durch die Einfrierung der Entwicklung auf ähnlichem Niveau waren. "Die Unterschiede bestehen dann nur noch im Kraftstoff und der Elektronik. Das sind 20 PS mehr oder weniger und kann mit einem guten Auto oder einem guten Fahrer kompensiert werden", sieht er den Vorteil, dass der Fahrer somit wieder an Bedeutung gewinnen würde. "Dann bleibt der Sport ein Sport und nicht ein kontrolliertes oder abgekartetes Spiel."

Berger würde Hybridantrieb standardisieren

Ecclestones Forderung, dass die Antriebseinheiten simpler werden müssen, sieht Berger skeptisch. "Es wäre falsch, die Technik völlig abzuschaffen", versteht der ehemalige BMW-Motorsportdirektor die Lage der Automobilkonzerne, die in der Formel 1 tätig sind. Und hat eine Idee: "Auch die Hersteller müssen ihre Kompetenz beweisen können. Warum nicht mit einem Motor, der die ganze Saison hält? Das wäre technisch bei dem hohen Leistungsstand mindestens so anspruchsvoll wie eine Batterieentwicklung."

Er schlägt vor, die Hybridaggregate teilweise zu standardisieren. "Zum Beispiel die Batterie oder die Elektromotoren", meint er. "Sonst ufern die Entwicklung und die Abstimmung all dieser Elemente so aus, dass es sich am Ende nur noch Firmen wie Mercedes leisten können und wollen. So könnte man sagen: Wir haben einen Umweltfaktor mit im Paket, aber es ist trotzdem bezahlbar."