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  • 29.03.2011 12:07

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Nachtrennen in Melbourne "überhaupt kein Thema"

Der Rückenwind für die Formel 1 in Melbourne wird wieder etwas stärker, ein teures Nachtrennen unter Flutlicht steht aber nicht zur Diskussion

(Motorsport-Total.com) - Seit 2009 findet der Start in Melbourne jeweils um 17:00 Uhr Ortszeit statt, wodurch die TV-Zuschauer in Europa um drei Stunden später aufstehen können. In deutschen Wohnzimmern fand der Saisonauftakt dadurch um 8:00 Uhr morgens statt, was 'RTL' eine neue Rekordquote für den Australien-Grand-Prix bescherte.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Die Kulisse im Albert-Park gehört zu den schönsten im Formel-1-Kalender

Bernie Ecclestone würde das Spiel am liebsten noch weiter treiben und überhaupt unter Flutlicht starten, aber: "Das ist überhaupt kein Thema", winkt Andrew Westacott, Geschäftsführer der Australian Grand Prix Corporation (AGPC), im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' ab. Der bis 2015 laufende Vertrag mit Ecclestone beinhalte eine Klausel, die Flutlichtrennen ausdrücklich ausschließt. Westacott hält fest: "Die beste Startzeit ist 17:00 Uhr."

Tribünen- und VIP-Plätze ausverkauft

Am vergangenen Sonntag kamen 111.000 Zuschauer in den Albert-Park. Die AGPC hatte im Vorhinein mit 110.000 bis 120.000 verkauften Tickets gerechnet und hätte ab 115.000 von einem "signifikanten Zuwachs" gesprochen. Auch so kann man aber zufrieden bilanzieren: Alle VIP- und Sitzplätze (die übrigens seit 2010 komplett erneuert wurden) waren restlos ausverkauft, inklusive der drei neuen Corporate-Hospitality-Bereiche.

Dennoch gibt es weiterhin politischen Widerstand gegen den Grand Prix. Westacott hält diesen nicht für gerechtfertigt: "Manchmal ist den Leuten nicht bewusst, wie gut etwas ist, bis sie es verlieren", sagt er und betont, dass sich die Veranstaltung für den Bundesstaat Victoria "fast sicher" rechnet: "Die Kosten für den Steuerzahler beliefen sich im Vorjahr auf 49,254 Millionen Australische Dollar (rund 35 Millionen Euro; Anm. d. Red.). Wir sehen das als Investment der Regierung."

¿pbvin|512|3559||0|1pb¿"Der Grund, warum sich Victoria das leistet, ist, dass Victoria keinen Hafen wie in Sydney hat, keine Oper, kein Great Barrier Reef, keinen Ayers Rock. Victoria promotet sich durch Tourismus", erläutert der Australier. "Tatsache ist: Der Tourismus ist eine 15,8-Milliarden-Dollar-Industrie für den Staat. Damit liegt Victoria vor New South Wales. Laut einer Studie, die im Vorjahr durchgeführt wurde, tragen Großveranstaltungen 1,4 Milliarden Dollar zur Wirtschaft von Victoria bei."

"Durch den Formel-1-Kalender ist Melbourne präsent - vor allem als Saisonauftakt", sagt Westacott. Gleichzeitig räumt er aber ein, dass man sich "laufend neu erfinden" müsse, um dem Abnutzungseffekt vorzubeugen. Denn die Formel 1 gastiert bereits seit 1996 im Albert-Park, sodass der Reiz des Neuen längst verflogen ist. Das spürte die AGPC in den vergangenen Jahren auch aufgrund der leicht rückläufigen Zuschauerzahlen.

Kosten senken, Einnahmen erhöhen

Um den politischen Gegenwind zu entschärfen, will Westacott "nicht nur die Kosten senken, sondern auch mit den getätigten Investitionen die Einnahmen erhöhen". Der aktuelle Vertrag läuft bis 2015 und beinhaltet pro Jahr eine Gebühr von kolportierten 25 Millionen Dollar (rund 18 Millionen Euro). Über diese Gebühr soll mit Ecclestone verhandelt werden, doch die Verhandlungen wird nicht Westacott, sondern Cheforganisator Ron Walker höchstpersönlich führen.

Die liberale Regierung von Victoria, die seit Dezember des vergangenen Jahres an der Macht ist, hat für die 2011er-Veranstaltung eine umfassende Buchprüfung angekündigt. Diese soll in den nächsten Wochen finalisiert und anschließend für die Entscheidungsfindung herangezogen werden. Denn zuvor hatte schon der Melbourner Bürgermeister Robert Doyle (ebenfalls ein Vertreter der liberalen Partei) angekündigt, dass er am liebsten aus dem Vertrag aussteigen würde.


Fotos: Großer Preis von Australien, Sonntag


Doch sein Parteikollege Ted Baillieu, Premierminister von Victoria, hält via 'The Age' dagegen: "Der Grand Prix ist großartig für Victoria, großartig für Melbourne. Er ist ein wichtiger Bestandteil von Melbournes Eventstrategie, die für diesen Staat und diese Stadt schon so viel Gutes bewirkt hat." Westacott unterstreicht diese Aussage und erklärt abschließend, der Nutzen sei "ein Vielfaches von dem, was investiert wird".