• 14.04.2002 13:10

Mosley: Die Erfolgsstory geht weiter

Die Kirch-Banken haben nach der Pleite des Medienunternehmens den Automobilherstellern Kirchs SLEC-Anteile zum Kauf angeboten

(Motorsport-Total.com/sid) - Die Chancen für eine Fortsetzung der Formel-1-Erfolgsstory sind nach der Kirch-Pleite so gut wie nie. Paulo Cantarella bestätigte als Sprecher der in der Premium-Rennserie involvierten Autofirmen Verhandlungen mit Kirch-Banken über den Kauf von Anteilen an der Vermarktungsgesellschaft SLEC. Das Unternehmen besitzt die Vermarktungs- und TV-Rechte der Formel 1 für die kommenden 108 Jahre. Kommt das Milliardengeschäft zustande, wäre die von den PS-Unternehmen ab 2008 angedrohte Installierung einer Konkurrenzserie wohl vom Tisch.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Hofft auf eine Einigung mit den Automobilherstellern: Bernie Ecclestone

"Ich denke, dass wir einen Deal bekommen. Der Druck auf alle wird größer, weil die jetzt die Sponsoren fragen, was in fünf Jahren passiert", sagte Max Mosley, Präsident des Automobilweltverbandes FIA in Imola. Auch die Autofirmen wüssten, dass eine einige Formel 1 mehr wert als zwei konkurrierende Serien sei. Bei den anstehenden Gesprächen ist ein Millionenpoker zwischen den Banken und den Autofirmen zu erwarten: Kirch hatte einst angeblich insgesamt 2,1 Milliarden Euro für das mehr als 75 Prozent starke SLEC-Paket gezahlt.

Cantarella spielte nach einem Hersteller-Treffen am Rande des Großen Preises von San Marino jedenfalls schon mit den Muskeln: "Wir sind von den Kirch-Banken angesprochen worden. Es gab Kontakte und ein Angebot, aber noch keine konkreten Gespräche. Wir prüfen alle Angebote, so lange sie den Zielsetzungen der GWPC entsprechen."

GWPC heißt so viel wie Grand Prix World Championship und ist derzeit die Interessenvertretung der Autofirmen. Diese fordern für ihre Milliardeninvestitionen schon lange mehr Einfluss auf die WM und einen höheren Anteil an den TV- und Vermarktungserlösen der Formel 1. Mit dem Kauf des nach der Insolvenz unter die Kontrolle der Gläubigerbanken geratenen Kirch-Pakets wäre das gesichert.

Aber nicht um jeden Preis: Als Faustpfand treiben die GWPC-Mitglieder Fiat (Ferrari), Ford (Jaguar Racing), BMW, DaimlerChrysler und Renault die Planungen für die nach dem Auslaufen des Concorde-Agreements Ende 2007 mögliche Hersteller-WM voran. Man habe bereits 23 Rennstrecken sowie Promoter kontaktiert und prüfe Probleme im Zusammenhang mit TV-Rechten. Im Sommer wolle man den derzeitigen Formel-1-Teams einen detaillierten Vertrags- und Finanzvorschlag unterbreiten. Man sei allerdings offen für alle Vorschläge, so lange neben der ökonomischen Komponente die "Stabilität und Qualität der Meisterschaft" und "Übertragungen im Free-TV" gesichert seien.

"Die Gespräche mit den Banken werden entscheiden, ob wir weiter eine einige Formel 1 haben werden", sagte Mercedes-Benz-Vorstand Jürgen Hubbert dem Sport-Informations-Dienst (sid). Formel-1-Boss Bernie Ecclestone soll kürzlich 800 Millionen Euro an Kirch für den Kauf von SLEC-Anteilen geboten haben und will die Autofirmen bei den Verhandlungen unterstützen.

"Ich hoffe, die Hersteller und Teams kommen mit den Banken ins Geschäft. Dann sind wir wieder eine große Familie", sagte Ecclestone dem sid. Die FIA besitzt beim Verkauf von SLEC-Anteilen ein Vetorecht. Laut Mosley sei die Formel 1 ansonsten nicht von der Kirch-Pleite betroffen: "Im Fußball bekommen viele Vereine Geld von Kirch, bei uns ist es genau umgekehrt: Kirch bekommt Geld von der Formel 1."

Platz für ein zwölftes Team ist derzeit nicht: In der WM 2002 wird der Phoenix-Rennstall des britischen Geschäftsmanns Charles Nickerson laut Mosley weiterhin kein Startrecht haben. Allerdings stehe darüber in den nächsten Wochen noch die Entscheidung eines britischen Gerichts aus, das Nickerson als Käufer der Konkursmasse des Prost-Rennstalls angerufen hatte.

Wegen der Chancengleichheit für alle Grand Prix und Teams spricht sich der FIA-Präsident für die weltweite Einführung des Tabakwerbeverbots erst ab Ende 2006 aus ? die EU plant den Bann schon für den 1. Juli 2005. Die Zigarettenfirmen sind einer der wichtigsten Geldgeber der Formel 1. Professionelle Rennkommissare ? die so genannten Stewards sind in der Formel 1 unter anderem für Bestrafungen zuständig ? wird es laut Mosley auch in Zukunft nicht geben: "Die Unabhängigkeit der Stewards ist wichtiger als die eine oder andere strittige Entscheidung."