• 29.12.2001 13:15

  • von Marcus Kollmann

Mit welchem Ziel wurde Richards zu BAR geholt?

Nach wie vor geben die Hintergründe der Verpflichtung von David Richards als Teamchef von BAR Rätsel auf

(Motorsport-Total.com) - Nachdem sich der Wirbel um die plötzliche Ablösung des bisherigen BAR-Teamchefs Craig Pollock durch den Briten David Richards ein wenig gelegt hat und auch der Trubel der während der Vorstellung des BAR004 am 18. Dezember herrschte nachgelassen hat, wird in Motorsportkreisen über die Beweggründe des Geldgeber des Teams, British American Tobacco, David Richards an Bord zu holen, eifrig spekuliert.

Titel-Bild zur News: David Richards

Welche Ziele verfolgt David Richards mit BAR?

Während es auf der einen Seite ganz offensichtlich ist, dass der Hauptsponsor mit der Führung des Teams durch Craig Pollock nach drei Jahren ausgebliebener Resultate höchst unzufrieden war, stellt sich die Frage, weshalb man ausgerechnet David Richards zu dessen Nachfolger machte. Zwar ist der Brite in Motorsportkreisen durch seine Firma Prodrive, mit der er große Erfolge bislang feiern konnte, sehr erfolgreich gewesen, jedoch war seine Zeit als Formel-1-Teamchef des Benetton-Rennstalls von 1997 bis 1998 mit gerade einmal einem Jahr Dauer äußerst kurz bemessen.

Eigenen Aussagen nach reichten dem 49-Jährigen die in dieser Zeit gesammelten Erfahrungen in der Königsklasse jedoch aus, um sich jetzt, 4 Jahre später, für die Führung des BAR-Teams qualifiziert zu fühlen.

British American Tobacco vertraut David Richards voll und ganz

In Motorsportkreisen wird derzeit davon ausgegangen, dass Richards nicht nur das Potenzial des Teams optimieren soll und auf Grund seiner Erfahrungen im Managementbereich an Bord geholt wurde, sondern dass hinter seiner plötzlichen Verpflichtung viel mehr steckt. So hält sich hartnäckig die Meinung, dass der Brite dem Geldgeber British American Tobacco ein Angebot unterbreitet hat, wodurch seine Firma nach für nach die Anteile des Zigarettenherstellers am Rennstall übernehmen wird; ein Prozess der mit Wirksamwerden des Tabakwerbeverbots komplett abgeschlossen sein soll. Bis es so weit ist, soll der 49-Jährige dafür sorgen, dass BAT durch vorzeigbare Ergebnisse wie regelmäßige Siege oder Podiumsplatzierungen sich werbewirksam präsentieren kann. Denn bislang tätigte BAT zwar Investitionen in Form von mehreren Hundert Millionen in das Team, jedoch war der Nutzen den man daraus ziehen konnte auf Grund magerer Resultate äußerst bescheiden. Anstatt wegen sportlicher Erfolge in der Königsklasse positiv auf sich aufmerksam zu machen, fiel der Name BAT bisher eher im Zusammenhang mit den Problemen die das BAR-Honda-Team zu bewältigen hatte.

Dies soll sich in den nächsten Jahren, so hofft man zumindest, grundlegend ändern. Mit Richards glaubt man den Analytiker, Geschäftsmann und Motorsportkenner an Bord geholt zu haben, welcher die Schwachstellen, die die bisherige Teamführung nicht sah, sehen wollte oder einfach vernachlässigte, aufspürt und abstellt. Gleichzeitig scheint man in dem Briten einen Mann gefunden zu haben, der einerseits willens ist die Anteile am Team zu kaufen, andererseits aber auch über die finanziellen Mittel oder Partner dazu verfügen zu scheint.

Übernimmt Richards das BAR-Team irgendwann komplett oder doch eher Motorenpartner Honda?

In Zeiten in denen die großen Automobilhersteller mit dem Auslaufen des Concorde Agreements das Ende der jetzigen Formel 1 vorhersagen und die Geburt einer neuen Serie lautstark angekündigt haben, sowie in der es durch die allgemein schlechte wirtschaftliche Situation vieler Unternehmen ohnehin schwer ist, scheint Richards die Gunst der Stunde zu nutzen, denn wann sonst als jetzt besteht die Chance günstiger in ein Formel-1-Team einzusteigen?

Dass an der Vermutung, Richards könnte mit seiner Firma Prodrive das BAR-Team zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft selbst übernehmen, zumindest im Augenblick etwas dran ist, deutete der Brite selbst an. So erklärte er, dass beabsichtigt sei, dass nach dem Ausstieg von British American Tobacco er und seine Firma Prodrive weiterhin mit dem Team zusammenarbeiten wollen. Wie diese Zusammenarbeit jedoch aussehen soll, verriet er nicht, womit seine Pläne weiter im Dunkeln verborgen bleiben. Stattdessen teilte Richards mit, dass es für Prodrive keinen Sinn machen würde als Hauptsponsor des Teams aufzutreten und er nach einem neuen Partner suchen werde, welcher später die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen soll die das BAR-Team jetzt durch den Tabakkonzern BAT erhält.

Wenn man alle Aussagen zusammennimmt, so ergibt sich der Schluss, dass Richards wohl eine Art Vorkaufsrecht auf die Anteile von BAT am Formel-1-Team eingeräumt bekam und vom Tabakkonzern gleichzeitig damit beauftragt wurde den Rennstall an die Spitze der Formel 1 zu führen und einen Nachfolger für BAT als Sponsor zu finden.

Abzuwarten bleibt, ob die Zusammenarbeit zwischen Richards und BAT von langfristiger Dauer sein wird und welche Pläne der neue Teamchef wirklich verfolgt. Des Weiteren darf die Rolle die dem Motorenpartner des Teams zukommt nicht unterschätzt werden, denn der Trend in der Königsklasse geht unweigerlich in die Richtung, dass die derzeit als Motorenpartner auftretenden Automobilhersteller zukünftig planen nur noch mit ihren eigenen Werksteams gegeneinander anzutreten.

Im Falle British American Racing könnte deshalb die jüngst verlängerte Zusammenarbeit mit Honda eine entscheidende Bedeutung haben. Bei der Präsentation des BAR004 hatten die Japaner nämlich angekündigt, dass sie nicht nur weiterhin die Motoren liefern werden, sondern sich zukünftig noch stärker auf den Bereich Chassistechnologie konzentrieren wollen, womit sich indirekt andeutet, dass Honda mehr Einfluss nehmen wird und eines Tages aus BAR-Honda möglicherweise Hondas Formel-1-Werksteam werden könnte.