• 10.06.2002 10:51

  • von Fabian Hust

Michael Schumacher und die Freude am Fahren

Schumacher spricht ausführlich über seinen 59. Formel-1-Triumph, mit dem er Ferrari den 150. Sieg in der Formel 1 schenkte

(Motorsport-Total.com) - 70 Punkte von möglichen 80 WM-Zählern hat Michael Schumacher in den ersten acht Rennen der Saison geholt. Als einziger Fahrer ist er ohne einen Ausfall und das bei sechs Siegen. Der Ferrari-Pilot kann also sehr zufrieden sein, aber wie er auf der offiziellen Pressekonferenz erklärt. ist das für ihn noch lange kein Grund, vorzeitig etwas vom Gas zu gehen.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher grüßt seine Fans: Einfach Spaß am Fahren

Frage: "Du warst im Rennen so schnell, dass wir uns gefragt haben, ob du auf einer Zwei-Stopp-Strategie unterwegs bist. Du hast im Rennen nie zurückgesteckt."
Michael Schumacher: "Nein, das konnten wir nicht, denn die Strategie war offensichtlich, nachdem wir wussten, dass Montoya auf zwei Stopps war. Da wurde es sehr eng und ich musste bis zu seinem zweiten Stopp Druck machen. Ich wusste, dass er direkt hinter mir sein würde und erst dann konnte ich meine Geschwindigkeit der vorhandenen Lücke anpassen."

Blasen auf den Reifen kosteten Leistung

Frage: "Es war ein sehr starkes Rennen, aber wie gut waren heute deine Reifen und du hast auch erwähnt, dass ihr für Montreal einen sehr starken Motor hattet?"
Schumacher: "Ja. Wir hatten alles in allem ein sehr starkes Paket. Auf der anderen Seite war es offensichtlich, dass wir besonders hinten links auf dem Reifen Blasen hatten, was uns mit Sicherheit ein wenig Leistung gekostet hat, aber es war natürlich gut, das Rennen zu gewinnen. Unter normalen Umständen hätten wir vielleicht den ersten und zweiten Platz geholt, aber so läuft es eben und wir sind mit dem Ergebnis bisher sehr zufrieden und selbstverständlich auch mit dem Paket, das wir haben."

Frage: "Das war Ferraris 150. Sieg, dein sechster in diesem Jahr. Das nächste Rennen ist das erste von zwei auf deinem Heimatboden. Was machst du dir für Hoffnungen?"
Schumacher: "Unserer Erwartungen sind natürlich sehr hoch mit dem Paket, das wir haben. Ich möchte an unser Testteam ein großes Kompliment aussprechen, denn sie stehen im Schatten und sie arbeiten sehr hart und wir hatten nie die Möglichkeit, ihnen in gebührender Weise zu danken und ich bin wirklich froh, dass wir solche Jungs hinter uns stehen haben, die so gut arbeiten. Ich hatte etwas Urlaub, da wir sie haben und sie haben mit unseren beiden Testfahrer, Badoer und Burti, sowie allen Testingenieuren toll gearbeitet. Ein großes Kompliment also an sie und natürlich freuen wir uns auf einen guten Test nächste Woche und dann kommen wir gut vorbereitet an den Nürburgring."

"Ich stand auf der schmutzigeren Seite"

Frage: "Am Start hast du scheinbar erwartet, dass Rubens an dir vorbeigeht, oder?"
Schumacher: "Um ehrlich zu sein nein. Ich hoffte, dass ich die Führung übernehmen kann, aber es war nach dem ersten Losfahren ziemlich klar, dass ich auf der schmutzigeren Seite war und nicht den gleichen Grip bekam. Auf der anderen Seite waren die beiden anderen mit weniger Sprit unterwegs und das schien ihn in der späteren Beschleunigungsphase geholfen zu haben. Ich wusste, dass Rubens auf zwei Stopps ist und aus diesem Grund wollte ich ihm das Leben nicht schwer machen und ließ ihn vorbei."

Frage: "Warst du dann mit dem dritten Platz zufrieden, auf dem du fuhrst?"
Schumacher: "Ja, mit der Geschwindigkeit in der ich fuhr, war der Abstand im Soll, würde ich sagen. Das Safety Car arbeitete dann auch zu meinem Vorteil."

Frage: "Dachtest du wie viele andere Teams, dass es eine Safety-Car-Phase geben würde?"
Schumacher: "Ja, man muss hier darüber nachdenken, denn auf dieser Strecke ist das eigentlich normal. Es war aber ein wenig schwer zu verstehen, warum sie keinen Trolly oder so etwas geholt haben, um das Auto wegzubringen. Aber wir kennen natürlich nicht alle Hintergründe."

"Bridgestone war im Rennen ein wenig besser"

Frage: "Würdest du sagen, dass die Michelin- und Bridgestone-Reifen an diesem Wochenende ziemlich ausgeglichen waren?"
Schumacher: "Ich muss mir da vielleicht die Daten ein wenig genauer anschauen. Von dem, was ich gesehen habe, kann ich wegen der verschiedenen Strategien nicht sagen, ob sie gleich waren oder nicht. Wir hatten sicherlich einen sehr guten Reifen und können uns über nichts beschweren, aber auf der anderen Seite kann man sagen, dass wir schon wie in Monaco gesehen im Rennen ein wenig stärker waren, das war offensichtlich."

Frage: "Es wurde viel über den Motor gesprochen, war hier eine verbesserte Ausbaustufe im Einsatz?"
Schumacher: "Wir entwickeln den Motor immer. Es war meiner Ansicht nach nichts speziell Neues, zumindest im Vergleich zum letzten Rennen. Aber er lief sehr gut. Der Grund, weswegen wir ihn so betont hatten, ist die Tatsache, dass unsere Höchstgeschwindigkeit auf der Geraden an diesem Wochenende fantastisch gut war. Das ist mit dem Motor und der Aerodynamik zu begründen und aus diesem Grund wurde das betont und lobend hervorgehoben. Aber es war im Vergleich zum letzten Rennen kein anderer Motor."

"Ein Zehntel Vorsprung ist genug, um das Rennen zu gewinnen"

Frage: "In den letzten 13 Runden ist deine Führung von 21 auf eine Sekunde geschrumpft?"
Schumacher: "Das ist normal, es gab keine Probleme, ich fuhr es einfach sicher nach Hause. Eine Zehntel ist genug, das Rennen zu gewinnen, mehr brauchen wir nicht."

Frage: "Hattest du während dem Rennen keine Probleme?"
Schumacher: "Nein. Hier werden die Bremsen stark belastet und wenn man die Möglichkeit hat, so schont man sie so viel wie möglich und das machte ich."

Frage: "Denkst du, dass es fast schon normal ist, dass beinahe alle Fahrer heute die Schikane nicht respektiert haben?"
Schumacher: "Wenn man ein Problem hat, dann ist das ziemlich normal, ja. Wenn man sie nicht packen kann, dann fährt man geradeaus und macht dann langsamer, so dass man dadurch keinen Vorteil hat. Wenn sie jemand durchfährt und verschafft sich dadurch einen Vorteil oder man wird dadurch nicht überholt, dann muss man zurückstecken."

Noch ist der Titel nicht im Sack

Frage: "Würdest du zustimmen, dass es angesichts deiner Position jetzt wirklich sehr, sehr schwierig werden wird, den Titel zu verlieren?"
Schumacher: "Ich habe das vorher nie bestritten. Ich weiß, dass der Sieg hier und die Punkte mich natürlich einen Schritt näher bringen, aber es sind noch neun Rennen zu fahren, neunzig Punkte zu vergeben und ich habe nur 43 Punkte Vorsprung. Es ist natürlich sehr gut, aber noch ist es nicht geschafft."

Frage: "Worüber machst du dir sorgen? Was kann denn wirklich passieren?"
Schumacher: "Lass mich überlegen, wenn ich dir ein gutes Beispiel geben soll, das du nachvollziehen kannst. Man wird schon verstehen, was ich meine. Ich bin nicht pessimistisch, es ist nur realistisch, dass so lange es nicht geschafft ist, es eben nicht geschafft ist. Wir müssen uns in Geduld üben."

"Ich kämpfe gerne und genieße das Fahren"

Frage: "Fühlst du dich nun sicherer und gehst weniger Risiken ein. Wie wird dieses Rennen deine Strategie in der Zukunft beeinflussen?"
Schumacher: "Man schaut sich immer die Situation an. In Monte Carlo gab es keine Überholmöglichkeit, also steckt man zurück. Wenn man eine Möglichkeit hat, dann nutzt man sie. Ich meine, ich fahre, weil ich das Fahren genieße, weil ich gerne kämpfe und ich werde meine Möglichkeiten immer nutzen."

Frage: "Du wirst also Risiken eingehen, auch wenn du einen Vorsprung hast?"
Schumacher: "Ja. Ich sagte in der Saison 2000, dass ich jetzt nur noch zum Spaß fahre. Ob ich nun so viele Rennen oder Titel gewinne oder nicht, ist für mich nicht wirklich eine Motivation, es ist der Spaß am fahren selbst, der mich motiviert."

Frage: "Dies ist der 150. Sieg für Ferrari, aber zur gleichen Zeit wurde vor dem Rennen gepfiffen und eine Ferrari-Flagge verbrannt. Kannst du etwas darüber sagen?"
Schumacher: "Ich denke, dass sie einen Sport daraus machen. Wenn man sich das aus unserer Position heraus anschaut, dann ist das ein Kampf zwischen unseren Fans und Feinden. So ist das schon immer gewesen. Man kann nicht immer 100 Prozent Fans haben und um ehrlich zu sein, wenn man die Leute sieht, die dies tun und man ihnen ein Lächeln schenkt, dann fangen sie an zu lachen. Sie machen einfach Witze und ich denke, dass sie das nicht sehr ernst meinen. Ich denke, dass wir sehr sauber reagiert haben, in dem wir den Fans gesagt haben, was uns wichtig ist, dass wir es auch nicht noch einmal tun werden. Wir sind ja auch in Montreal, und mein letzter Gegner ist Kanadier und nicht unbedingt mein bester Freund. Die Kanadier wissen das, nehme ich an, daran kann es auch gelegen haben."

Frage: "Kannst du dir erklären, warum du hier so viel Erfolg gehabt hast?"
Schumacher: "Ich denke, dass ich auch in Monte Carlo fünf Mal gewonnen habe, es ist also nicht nur in Kanada der Fall. Warum bei bestimmten Rennen und bei anderen nicht, weiß ich nicht. Manchmal liegt es ein wenig am Glück und man arbeitet für sein Glück, aber es gibt um ehrlich zu sein keinen bestimmten Grund. Vielleicht ist der Grund, dass ich schon mein zwölftes Jahr in der Formel 1 bin."

Kein Urlaub für Schumacher

Frage: "Wird das nächste Rennen mit diesem Vorsprung besonders werden?"
Schumacher: "Nein. Nicht zwangsläufig. Es macht die ganze Sache für mich noch einmal komfortabler, aber ich werde so viel Gas geben wie zuvor. Mein Testplan für die nächste Woche steht. Es ist nicht so, als könne ich jetzt nachlassen, zu Hause bleiben und Urlaub machen. Das wird nicht der Fall sein."

Frage: "Ich meinte das mehr im Zusammenhang mit Deutschland."
Schumacher: "Ich denke, dass unsere Deutschen Fans immer froh sind, wenn wir kommen und vor ihnen fahren, egal, ob wir gut sind oder nicht. Ich habe um ehrlich zu sein in all den Jahren, in denen ich hier herkomme, keinen Unterschied bemerkt."

Frage: "Hättest du gerne, dass der Wettbewerb enger wäre, dass du mehr Rennen mit einem harten Kampf gewinnen würdest, bis in das Ziel einen Rad-an-Rad-Kampf hättest? Wäre das befriedigender?"
Schumacher: "Es ist nicht mein Fehler, dass Juan ausfällt, denn es wäre am Ende ein sehr enger Kampf gewesen, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber das ist Rennsport und ich denke, dass wir in einigen Rennen einen sehr engen Kampf hatten und es andere Rennen gab, wo es nicht so eng war. Aber so war es schon immer und so lange ich in der Formel 1 bin, wird es so bleiben. Es ist kein Go-Kart-Wettbewerb mehr."