• 23.10.2004 16:01

Michael: "Beide Fahrer haben sich gut ergänzt"

Der Technische Direktor von Williams über den Weggang der beiden Fahrer und das neue Formel-1-Reglement

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Das große Thema ist natürlich im Moment das neue Regelpaket für 2005/2006. Dass das zweite Paket bestätigt wurde, ist keine große Überraschung, aber die Bestätigung der Zwei-Rennen-Motoren für kommendes Jahr und die V8-2,4-Liter-Motoren für 2006. Was denkst du darüber?"
Sam Michael: "Es gab nicht wirklich irgendwelche Überraschungen, denn dies wurde in den letzten drei oder vier Meetings von der TWG (Technische Arbeitsgruppe; d. Red.) sowieso formuliert. Ich denke, dass jeder schon am neuen Chassis und den Aerodynamik-Regeln für das kommende Jahr gearbeitet hat, aber es ist sehr wichtig, sicher zu stellen, dass es auf einem Stück Papier fixiert ist, das aussagt, was kommendes Jahr passieren wird. Das gleiche gilt für die Reifen, da gibt es keine Überraschung, auch nicht in Bezug auf den Motor. Das war alles nicht neu für uns, aus diesem Grund ist dies gut für das kommende Jahr."#w1#

Titel-Bild zur News: Sam Michael

Sam Michael ist mit dem Saisonverlauf nicht zufrieden

Frage: "Was ist mit den Reifentests?"
Michael: "Ich denke, dass es ziemlich schwierig ist, noch mehr zu testen als im Moment. Entweder muss man diese Mischungen nicht alle testen, oder weniger Longruns auf den Mischungen fahren oder Vorhersagemethoden anwenden."

Pizzonia ist ein Kandidat für 2005

Frage: "Das CRB (Contract Recogntion Board; d. Red.) hat im Vorteil von BAR entscheiden, ihr müsst euch also nach einem Fahrer für 2005 umsehen. Ist es deiner Meinung nach ein Risiko, Antonio Pizzonia neben Webber einzusetzen, wenn man die Vergangenheit und die Antipathie der beiden berücksichtigt?"
Michael: "Ich denke nicht, dass das ein Thema ist, um ehrlich zu sein. Das Wichtigste ist, dass wir uns nach einem Fahrer umsehen, der schnell genug ist, und Antonio zählt definitiv zu dieser Kategorie. Er ist natürlich einer der Kandidaten auf unserer Liste und einer, über den wir in der kommenden Zeit entscheiden werden."

Frage: "Kommen wir noch einmal auf die Motorenregel zurück. Du hast gesagt, dass du für die Zwei-Rennen-Motoren-Regel bist und dass es keine Überraschung war, aber was ist mit BMW...?"
Michael: "Ich habe nicht gesagt, dass ich dafür war, ich habe nur gesagt, dass ich nicht überrascht war."

Frage: "Aber du hast bei den TWG-Treffen für die Zwei-Rennen-Motoren-Regel gestimmt, oder?"
Michael: "Nein."

Frage: "Aber BMW hat gesagt, dass sie sich etwas Zeit nehmen werden, um dies zu überdenken. Was denkst du darüber und wie sehr sind sie darüber verärgert?"
Michael: "Das ist etwas, das im Gange ist und von dem ich sicher bin, dass es im Hintergrund weitergehen wird. Wir werden sehen, was diesbezüglich passieren wird. Es ist nicht etwas, das ich im Moment gut kommentieren kann."

Saison 2004 war enttäuschend

Frage: "Kannst du uns eure Saison 2004 zusammenfassen? Angesichts der Tatsache, wo ihr letztes Jahr gewesen ward, war man natürlich davon ausgegangen, dass ihr den Titel gewinnt oder in dieser Saison zumindest um ihn kämpft. Warum ward ihr nicht in der Lage und wie geht es nun weiter?"
Michael: "Nun, du hast natürlich recht. Wir haben nach dem letzten Jahr ein paar ärmliche Entscheidungen in Bezug auf das Auto getroffen, vor allem im Hinblick auf die Aerodynamik und die Mechanik früh in der Entwicklungsphase. Wir haben das ganze Jahr gebraucht, um diese Dinge zu korrigieren und es sind vielleicht zwei oder drei Dinge am Auto, die wir bis zum kommenden Jahr nicht verändern können."

"Es war natürlich ein enttäuschendes Jahr, aber schlussendlich heißt das nicht, dass man das Jahr aufgibt. Man versucht zumindest die Dinge für 2005 zu korrigieren. Wir sind intensiv dabei, wie jeder andere auch, viele Anstrengungen in das kommende Jahr zu investieren um wieder vorne mitzukämpfen. Aber ja, es war enttäuschend, aber man arbeitet weiter."

Frage: "Wie seht ihr hier in Brasilien aus?"
Michael: "Es ist im Moment noch ein wenig zu früh, darüber etwas zu sagen, denn es ist Freitag und man weiß nicht, mit welchen Reifen die Leute fahren und mit welchen Benzinmengen sie unterwegs sind. Es war ein ziemlich normaler Freitag. Wir werden sehen, was morgen passieren wird."

Michael rechnet mit viel Verlust von Abtrieb

Frage: "Welches Ziel habt ihr euch in Bezug auf die Rückgewinnung des durch das neue Reglement verlorenen Abtriebs vorgenommen?"
Michael: "Wir haben fast exakt 30 Prozent verloren. Wie viel wir zurückbekommen werden, ist die große Frage. Es ist natürlich noch ein langer Weg, aber im Moment gibt es fundamentale Einschränkungen in Bezug auf das Bodywork, besonders den Diffusor. Egal, wie viel Arbeit man auch investiert, man wird niemals dorthin kommen, wo man zuvor gestanden ist."

Lob für Ralf Schumacher und Montoya

Frage: "Ralf verlässt das Team nach sechs Jahren. Wie war es gewesen, mit Ralf im Team zu arbeiten? Ich weiß, dass du mit ihm auch bei Jordan gearbeitet hast."
Michael: "Er hat eine Menge Jahre bei Williams verbracht. Er ist natürlich ein sehr talentierter Fahrer. Er ist analytisch sehr gut, beim Arbeiten mit den Ingenieuren und beim Durchgehen der Daten. Er ist extrem gut, wenn es um das Verständnis der Reifen und des Setups geht, er hat aus diesem Grund einen großen Beitrag geleistet. Während der letzten Saisonhälfte hat er das nicht getan, oder während einem Drittel der Saison, könnte man sagen, wegen seines Unfalls. Aber er kam danach auch sehr stark zurück und wir wünschen ihm bei Toyota alles Gute. Ich bin mir sicher, dass er dort gute Arbeit leisten wird und dass er ihnen auf dem Weg zur Spitze einen große Hilfe sein wird."

Frage: "Auch Juan verlässt das Team. Gibt es ein Gebiet, auf dem Ralf und Juan im Team herausstachen und ein Gebiet, an das du dich gerne erinnern wirst?"
Michael: "Juan ist natürlich so positiv wie Ralf. Er ist ein sehr talentierter Fahrer und jeder kann sehen, dass er fantastische Fähigkeiten im Rennen und beim Überholen besitzt. Sie haben sich beide sehr gut ergänzt. Auch wenn man von außen eine Menge Dinge in der Presse über sie gelesen hat, dass sie gegeneinander ankämpfen und sich nicht mögen, haben sie intern sehr gut zusammengearbeitet und wenn sie sich mit den Ingenieuren zur Nachbesprechung zurückgezogen haben, gab es keine Albereien. Sie hatten beide ein gemeinsames Ziel, sie sind beide clever genug, um zu realisieren, dass das Auto schneller wird, wenn sie beide zusammen am Auto arbeiten. Es war eine ziemlich gute Partnerschaft und ich wünsche ihnen beiden das Beste."

Frage: "Gab es in diesem Jahr etwas, das du gerne anders gemacht hättest?"
Michael: "Für mich ist das einfach zu beantworten - Montreal."

Suzuka war eines der wenigen Highlights für das Team

Frage: "Was war für dich der Höhepunkt der Saison und die witzigste Story?"
Michael: "Das war wohl Suzuka, ein witziges Rennen, denn wir haben sowohl Energie darin investiert, dieses Auto zu verbessern und am nächstjährigen Auto zu arbeiten. Es gab ein paar Punkte vor Suzuka, an denen wir dachten, dass wir konkurrenzfähig sein sollten, Spa zum Beispiel. Wir hatten ein gutes Rennen und hatten schlussendlich an beiden Autos Getriebeprobleme. Aber in Suzuka konnten wir ein paar gute Punkte holen. Das Auto war stark."

Frage: "Wir haben gehört, dass dein Team in den Protest gegen die 2006er-Motoren-Regel involviert ist. Bedeutet dies, dass jede wirkliche Entwicklung in Bezug auf den V8 solange gestoppt wird? Gibt es eine Deadline?"
Michael: "Ich denke, dass dies etwas zwischen den Teams, die BMW, Mercedes und Honda präsentieren, ist. Im Moment geht da etwas vor sich, aber ich kenne die kompletten Details nicht, ich bin da nicht direkt involviert. Solange ich die kompletten Details nicht kenne, kann ich das nicht kommentieren, um ehrlich zu sein. Das hat nichts mit Geheimhaltung zu tun, ich bin in die Entscheidung mit einbezogen."

Michael rechnet nicht mit weniger Kosten

Frage: "Wie werden sich die neuen Regeln auf die Kosten auswirken?"
Michael: "Ich denke, dass es keinen wirklichen Unterschied in Bezug auf die Aerodynamik gibt, wenn man die neuen Teile sowieso erstellt. Man wird immer noch gleich viel Zeit im Windkanal verbringen und analysieren, auch wenn man ein komplett neues Auto mit einem ähnlichen Design erstellt. Das einzige Ding ist, dass die kleinen Teams alte Teile wie Fronflügel nicht mit in die neue Saison mitnehmen können, oder den Diffusor oder das ganze Auto. Bei Williams beeinflussen diese Veränderungen bei der Aerodynamik die Kosten überhaupt nicht. Ich gehe davon aus, dass die Anzahl der Tests ziemlich ähnlich sein wird, vielleicht gibt es eine kleine Reduzierung, aber nicht um mehr als fünf, zehn Prozent, irgendwie so was."

Frage: "Kannst du mir sagen, wie viele Motoren BMW in einem Jahr gebaut hat? So um die 100?"
Michael: "Wie verwenden eine ähnliche Zahl, um die 100er-Marke. Es gibt eine Menge Motoren, die keine Teststrecke sehen. Sie verbringen ihr Leben auf dem Prüfstand."

Drei Autos pro Teams laut Michael machbar

Frage: "Macht dies einen Unterschied in Bezug auf die Rennen, wenn wir im kommenden Jahr Teams mit drei Auto einsetzen?"
Michael: "Wenn es darum geht, ein drittes Auto zu fahren, dann gehen wir davon aus, dass es zwischen 7,2 und 8,7 Millionen Euro kosten wird. Wir bringen im Moment keine Mechaniker mit an die Strecke, um freitags mit einem dritten Auto zu fahren. Um alle diese Leute im Verlauf des Wochenendes am Arbeiten zu halten und das Auto am Sonntag zu fahren ist das heikel - sogar in den Rennen mit zwei Autos muss man die Boxenstopps so planen, dass es an der Box zu keinen Überlappungen kommt und sicherstellen, dass man eine konkurrenzfähige Runde hat, in der man an die Box kommt. Das ist am Sonntagnachmittag eine wirklich schwierige Aufgabe."

"Wenn dann noch ein drittes Auto dazukommt, dann muss man einen dritten Tankschlauch berücksichtigen und bedenken, ob man in die Situation kommt zu punkten oder nicht. Wenn man das als Purist ansieht, dann müsste man schon sagen, dass das dritte Auto punkten sollte. Wenn es um Punkte geht, dann stellt sich die Frage, ob man das dritte Auto das ganze Jahr fährt oder ob jedes Team für vier Rennen ein drittes Auto fährt oder so."

"Das Problem ist, dass man Kilometer mit dem Auto abspult und es ziemlich viel kostet, falls man keine Punkte holt, um das Auto zu fahren. Wenn man ein schnelles Auto hat, das an der Spitze fährt und man keine Punkte holt, bedeutet dies, dass es Autos blockiert, die Punkte holen könnten? Da wird es ziemlich kompliziert. Das Einfachste wäre es wohl, allen Teams es zu erlauben, das ganze Jahr über mit drei Autos zu fahren. Wenn man neun Teams in der Startaufstellung hat, dann wären dies potentiell 27 Autos im Rennen. Ich denke, dass man diese Zahlen vor ein paar Jahren erreicht hat."

"Aber es gibt auch ein paar Dinge, die es zu beachten gilt. Eine weitere Sache, die auf die Kosten schlägt, sind die Fahrer, denn es ist ja nicht so, dass man denken wird, dass man einfach einen jungen Kerl reinsetzt und denkt, dass das in Ordnung ist, weil das dritte Auto nicht so wichtig ist. Wenn man drei Autos hat, die Punkte holen, dann ist der dritte Fahrer so wichtig wie der erste Fahrer. Dies bedeutet, dass man grundsätzlich drei Premiumfahrer im Team hat. Das ist machbar aber keine Entscheidung, die man in fünf Minuten fällen kann."