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  • 09.02.2014 17:23

  • von Dominik Sharaf & Haymarket

Mehr Wahnsinn als Genie: Neweys Gruselprojekte

Adrian Newey ist einer der besten Designer der Formel 1, doch auch dem Genie unterlaufen Fehler: ein Rückblick auf fünf misslungene bis katastrophale Entwürfe

(Motorsport-Total.com) - Als das Red-Bull-Team bei den Formel-1-Testfahrten im spanischen Jerez in der vergangenen Woche gewaltige Probleme zu beklagen hatte, bedeutete das auch für Designer-Legende Adrian Newey einen holprigen Start in die Saison. Die Turbulenzen geben Anlass für einen Rückblick auf andere Designs des Briten, die sich nicht so funktionierten, wie sie hätten funktionieren sollen.

Titel-Bild zur News: Adrian Newey

Adrian Neweys Vita in der Formel 1 hat auch ihre Schattenseiten Zoom

Newey erhielt seinen ersten Posten als Technikdirektor bei March, damals in Besitz von Leyton House. 1988 war es der March 881, der die Vorlage für die moderne Aerodynamik-Ära lieferte und zu den wenigen Autos zählte, die es zumindest sporadisch mit dem McLaren-Honda aufnehmen konnten. Das Team jedoch geriet mit dem Modell 891 in der Saison 1989 und im Folgejahr mit dem Leyton House CG901, einem fast identischen Boliden, ins Straucheln. In den ersten sechs Rennen verfehlten Ivan Capelli und Mauricio Gugelmin die Grand-Prix-Qualifikation genauso oft, wie sie sie schafften.

Der March 891: Vom Windkanal gelackmeiert

Dazu gab es auch im Management Schwierigkeiten, denn Teamchef Ian Phillips fiel wegen einer Hirnhautentzündung aus. Newey erkannte die Zeichen der Zeit und nahm damals eine Jobofferte von Williams als Chefdesigner an. Im Klartext: Er sprang ab, ehe er vom Zug gestoßen wurde. "Der Start des 891 war voller Probleme und hauptsächlich der Aerodynamik geschuldet", erinnert sich Newey an das Auto. "Wir hatten zuerst Getriebeprobleme, aber als die gelöst waren, war der Wagen nicht mehr so stabil wie es noch der 881 gewesen war."

Der heute 55-Jährige meint: "Wir hatten uns bis Anfang 1990 den Windkanal selbst nicht ganz genau angeschaut. Dann wurde uns klar, dass sich der Boden eine Zeit lang geneigt und für total falsche Ergebnisse gesorgt hatte - und uns so in die Irre führte." Ironischerweise schrammte Capelli knapp am Grand-Prix-Sieg im französischen Paul Ricard vorbei. Das war ein Rennen, nachdem Newey das Team verlassen hatte. In Mexiko gab es ein neues Unterboden- und Diffusorpaket, die unebene Strecke und die schwachen Windkanalergebnisse bedeuteten jedoch einen Fehlschlag.

Der Williams FW16: Kinderkrankheiten

Im extrem ebenen Paul Ricard war das noch ganz anders: Ein spätes Problem mit dem Benzindruck zwang Capelli dazu, vom Gas zu gehen und Alain Prost im Ferrari den Weg zum Sieg freizugeben. Ein Auto, das die Konstrukteurs-WM für sich entschied, nicht als Erfolg zu beschreiben, scheint ein Wagnis. Aber das Verbot von Fahrhilfen, speziell der aktiven Radaufhängung, machte Newey 1994 das Leben als Williams-Chefdesigner schwer. "Die Regeländerung war ein großes Problem", sagt Newey über den Williams-Renault FW16, der in der ersten Saisonhälfte verteufelt schnell war.

Mauricio Gugelmin

Mauricio Gugelmin hatte mit seinem 1989er Dienstwagen wenig Freude Zoom

Aber er wandelte eben auch auf einem schmalen Grat. Den dominanten Modellen FW14B und FW15C aus den Jahren 1992 und 1993 hatte noch Feinabstimmung bei der Fahrwerkshöhe genügt, um zu funktionieren. Der 1994er Bolide jedoch war zu empfindlich und tendierte außerdem zum Abwürgen des Motors. Entscheidende Updates in Imola und in Magny-Cours sorgten dann für mehr Zuverlässigkeit und legten schließlich den Grundstein dafür, dass Damon Hill um den WM-Titel in der Fahrerwertung kämpfte.

Damon Hill

Der Williams FW16 ließ Damon Hill nicht nur in Monte-Carlo im Stich Zoom

Der McLaren MP4-18: ein Phantom

Der McLaren-Mercedes MP4-18 von 2003, der nie zum Renneinsatz kam, bedeutet eine Schmach in Neweys Vita. Eine ganze Reihe von Verzögerungen führte zur Stilllegung des Pannenprojektes, während mit dem MP4-17D eine stark weiterentwickelte Version des 2002er Autos die Rennen bestritt. Beim ersten Test in Paul Ricard war der MP4-18 mit seinen kurzen Seitenkästen noch auf Anhieb schneller als sein Vorgänger, rannte aber nur 28 Runden lang. Hydraulikprobleme waren eine massive Schwierigkeit - und aus schlimm wurde schlimmer.

Alex Wurz

Da rollte er dann doch mal aus der McLaren-Box: der ominöse MP4-18 Zoom

Als Kimi Räikkönen und Alex Wurz im Juni in Spanien testeten, hatten sie schwere Unfälle. Es gab Positives an dem Wagen, der eng an das Paket mit dem Mercedes-Motor gebunden war, um Gewicht zu sparen und mehr Leistung zu entfalten. Doch er bestand seine Crashtests nicht. "Ich würde nicht sagen, dass er radikal gewesen ist", ordnet Newey ein. "Mit seinen Innovationen wie dem Auspuff war er markant." Ron Dennis beschrieb den MP4-18 als "Mutter" des Folgemodells MP4-19 mit vielen übernommenen Designelementen - auch wenn dieser 2004 nur einmal gewann.

Der McLaren MP4-21: Bitterer Abschied

Der 2006er McLaren schaffte es nicht, einen Grand Prix zu gewinnen. Newey hatte das Team bereits in Richtung Red Bull verlassen, als er tatsächlich in den Renneinsatz ging, aber maßgeblich zum Design beigetragen. Dem MP4-21 mangelte es an Abtrieb und aerodynamischer Effizienz. Die Fortschritte des Autos im Saisonverlauf waren nicht so stark, wie es nötig gewesen wäre. Dennoch erscheint es zu hart, Newey für das gesamte Versagen des Boliden verantwortlich zu machen.

Pedro de la Rosa

Neweys Abschiedsvostellung bei McLaren war alles andere als eine funkelnde Gala Zoom

Der Red Bull von 2007 war das erste wirklich von Newey entworfene Auto des Teams und machte es möglich, im vorderen Mittelfeld zu kämpfen. Mit einer noch immer unerfahrenen Mannschaft und einem Newey, der erst seit Anfang 2006 im Job war, blieb er unausgereift. Das grundlegende Konzept war aerodynamisch gut. Was der Stardesigner aber als "überhastete" Inbetriebnahme des Windkanals in Bicester von Vorgänger Jaguar beschrieb, war der Bremsklotz des gesamten Projektes.

Der Red-Bull RB3: Aerodynamik extrem

Newey blickt zurück: "Wir beobachteten beträchtliche Unterschiede zwischen dem, was uns die Windkanalergebnisse in Sachen Verhalten des Autos suggerierten und dem, was tatsächlich passierte. Gemessen an der sehr kurzen Zeit, die uns geblieben war, haben wir uns nur die Teile angesehen, die vielleicht quertrieben und novellierten sie auf Basis meiner Erfahrung." Das führte dazu, dass das Aerodynamik-Problem einigermaßen unter Kontrolle war.

David Coulthard

Vom Reißbrett weg ein Verbremser: Coulthard hatte mit dem RB3 seine Mühe Zoom

Aber - und das klingt bekannt - der platzsparende Einbau des nahtlos schaltenden Getriebes machte große Probleme. Das Ergebnis war Überhitzen als Resultat eines Kompromisses, der zu sehr auf Vorteile bei der Aerodynamik ausgelegt war. Die meisten technischen Schwierigkeiten, mit denen sich Red Bull 2007 plagte, wurden durch das Getriebe verursacht.