Massa: "Wie ein Studium an einer Universität"

Sauber-Heimkehrer Felipe Massa im Interview über sein Lehrjahr bei Ferrari, gewonnene Reife, Sauber und das neue Qualifying

(Motorsport-Total.com) - Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Fisichella ließ Felipe Massa die Pressetermine im Rahmen der Sauber-Präsentation am Montag in Salzburg gerne über sich ergehen. In seinem seit 2002 stark verbesserten Englisch teilte er einer kleinen Journalistengruppe ? mit dabei das Team von 'F1Total.com' ? mit, was er von seinem Lehrjahr bei Ferrari mitgenommen hat.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Felipe Massa am Montag beim Interview in kleiner und gemütlicher Runde

Frage: "Du hast den C22 von Sauber getestet. Wie gut war dieses Auto im Vergleich zum letztjährigen Ferrari?"
Felipe Massa: "Dazu muss ich zunächst einmal sagen, dass der C22 sicher ein Fortschritt gegenüber dem C21, den ich ja 2002 gefahren bin, war. Natürlich gibt es zwischen dem C22 und dem Ferrari Unterschiede, speziell auf der aerodynamischen Seite. Ich denke aber, dass wir dazugelernt haben und dass ich viele Informationen zu Sauber mitnehmen konnte. Von daher hoffe ich, dass wir uns mit dem C23 sehr steigern können. Klar ist, dass der Ferrari viel schneller war, keine Frage. Auch die Traktion und so weiter, alles war besser, aber wie gesagt, ich freue mich schon auf das neue Auto. Es ist noch sehr früh, aber ich denke schon, dass eine Steigerung möglich ist."

Auch Sauber professionell, "aber Ferrari ist riesig"

Frage: "Was konntest du bei Ferrari lernen?"
Massa: "Ich war ein Jahr Rennfahrer bei Sauber, ein Jahr Testfahrer bei Ferrari und wie das bei jedem Formel-1-Piloten der Fall wäre, ist meine Erfahrung dadurch viel größer geworden als vor zwei Jahren. Sauber ist ein professionelles Team mit sehr guten Leuten, aber Ferrari ist riesig und ich konnte obendrein mit Michael und Rubens zusammen arbeiten. Das war großartig für mich. Ich war bei den meisten Rennen und durfte auch bei den meisten Meetings dabei sein. Das empfand ich als sehr wichtig ? wie ein Studium an einer Universität. Jetzt freue ich mich einfach auf die Zukunft, denn 15.000 Kilometer im Ferrari waren eine fantastische Erfahrung."

Frage: "Bist du durch diese Erfahrung auch erwachsener geworden?"#w1#
Massa: "Ich glaube schon. Ich finde einfach, dass Erfahrung in der Formel 1 sehr wichtig ist. Man lernt immer dazu, man wird von Jahr zu Jahr erwachsener. Klar, Ferrari war eine tolle Sache für mich, jetzt freue ich mich aber sehr darauf, endlich wieder Rennen zu fahren. Ich möchte mein Bestes geben und dem Team Punkte bringen."

Frage: "Konntest du auch speziell von Michael etwas mitnehmen?"
Massa: "Ja. Ich war wie gesagt bei den meisten Meetings dabei und konnte mir viel abschauen ? wie sie mit den Ingenieuren arbeiten, wie sie mit ihnen und allen anderen Teammitgliedern sprechen. Sogar im Auto ? wenn sie sich unterhalten haben, welche Richtung sie mit dem Setup eingeschlagen haben und so weiter. Ich meine, Michael ist seit ungefähr 14 Jahren in der Formel 1, glaube ich, und er hat sechsmal die Weltmeisterschaft gewonnen. Natürlich war es fantastisch, mit so jemandem arbeiten zu dürfen."

Frage: "Hast du dir etwas von seiner Arbeitsweise abkupfern können und hat es dich überrascht, wie hart er arbeitet?"
Massa: "Ja. Er ist ein großartiger Fahrer, sehr technisch, aber auch sehr sorgfältig und konzentriert. Michael arbeitet einfach immer am Limit, auch wenn es gar nicht nötig wäre. Er ist sehr gut."

Einjährige Rennpause war im Nachhinein gesehen richtig

Frage: "Du warst ziemlich unglücklich, als dich Peter Sauber nach deiner ersten Saison zu Ferrari geschickt hat. Glaubst du im Nachhinein, dass das die richtige Entscheidung war?"
Massa: "Klar, dass ich damals nicht happy war, denn ich wollte weiterhin an den Rennen teilnehmen. Gleichzeitig muss ich aber auch sagen, dass es eine großartige Chance war, zu Ferrari zu gehen. Ich hatte ein gutes Jahr, konnte viel lernen und spulte viele Kilometer ab. Ja, wahrscheinlich war es im Nachhinein betrachtet richtig. Natürlich war ich damals momentan unglücklich, aber ich finde, wir sollten über die Gegenwart reden. Jetzt will ich mein Bestes geben."

Frage: "Glaubst du, dass du durch Ferrari zu mehr Kilometern gekommen bist als es bei Sauber der Fall gewesen wäre?"
Massa: "Schwer zu sagen, wirklich. Ich weiß nur, dass ich nach diesen zwei Jahren sehr viel erwachsener geworden bin."

Frage: "Käme Ferrari nächstes Jahr noch zu früh für dich?"
Massa: "Ich habe einen Zweijahresvertrag bei Sauber und ich bin sehr froh, wieder hier zu sein. Ich freue mich darauf, wieder Rennen fahren zu können. Über die Zukunft können wir uns jetzt doch nicht unterhalten, denn niemand weiß, was in ein, zwei oder drei Jahren sein wird. Klar ist aber auch, dass ich sehr glücklich wäre, eines Tages für ein Top-Team wie Ferrari zu fahren."

Frage: "Bist du jetzt ein ruhigerer Fahrer, hast du deinen wilden Stil ein wenig gezähmt?"
Massa: "Ja, schon. Wie gesagt, ich war sehr jung, als ich in die Formel 1 kam, 20 Jahre, und ich konnte vor dem ersten Rennen nur ein paar Mal testen. Ich muss sagen, dass das nicht genug Erfahrung war. Andererseits, okay, ich habe ein paar Fehler gemacht, aber es waren in meinem ersten Jahr auch ein paar sehr gute Ergebnisse dabei. Den Leuten fallen immer nur die negativen Dinge auf. Sicher hatte ich meine Höhen und Tiefen, aber zumindest bin ich das eine oder andere Mal in die Punkte gefahren. So schlecht war das für ein Debütjahr nicht. Man sagt, dass man am besten aus seinen Fehlern lernt, und ich habe mich im ersten Jahr einige Male gedreht, hatte auch Unfälle. Ich denke, dass ich daraus gelernt habe."

Gutes Omen? Jean Todts Sohn jetzt Manager von Massa...

Frage: "Kannst du jetzt, nach einem Jahr an der Seite von Michael und Rubens, auch besser einschätzen, wie schnell du bist?"
Massa: "Ja. Ich war oft sehr glücklich, denn manchmal hatte ich sehr gute Rundenzeiten dabei. Leider war es meistens so, dass ich für die Entwicklung arbeiten musste, dadurch gab es kaum einen direkten Vergleich. Ich bin aber trotzdem froh, dass ich für Ferrari arbeiten durfte."

Frage: "Stimmt es, dass du jetzt von Jean Todts Sohn gemanagt wirst?"
Massa: "Genau. Nicolas Todt, er ist jetzt mein Manager."

Frage: "Du hast 2002 nicht gerade als großer Entwickler gegolten. Hat man dir da bei Ferrari auch etwas beibringen können?"
Massa: "Ach, es ist schwierig, schon im ersten Jahr einen guten Entwickler abzugeben. Ich meine, ich kam aus der Formel 3000, war 20 Jahre alt ? du kannst von so einem Burschen keinen großen Erfahrungsschatz erwarten. Im Nachhinein muss ich vielleicht zugeben, dass meine Erfahrung 2002 viel schlechter war als jetzt, aber wahrscheinlich ist das auch nicht ungewöhnlich. Ich war eben noch sehr jung."

Frage: "Du hast noch kein Einzelzeitfahren absolviert. Wirst du dich auf diese neue Form des Qualifyings beim Testen vorbereiten?"
Massa: "Ja, da werden wir sicher etwas unternehmen. 2002 war das Qualifying noch anders, aber ich erwarte da keine großen Probleme. Ich muss mich einfach darauf einstellen, rechne aber nicht mit Schwierigkeiten."