Machtkampf hinter den Kulissen bremst Honda

Bei Honda tobt hinter den Kulissen ein erbitterter Machtkampf um die Kontrolle des Teams - Leistungen in den Rennen bleiben dabei auf der Strecke

(Motorsport-Total.com) - Honda hatte mit dem RA106 gemeinsam mit Renault das schnellste Auto der Wintertests, doch aus den letzten vier Rennen nahmen die Japaner nur drei mickrige Punkte mit. Damit beträgt der Vorsprung auf Toyota nun nur noch elf Zähler, obwohl der Erzfeind aus der Heimat mit einer viel schlechteren Ausgangsbasis in die Saison starten musste.

Titel-Bild zur News: Honda-Kommandostand

Bei Honda geht hinter den Kulissen momentan alles drunter und drüber

Teamchef Nick Fry zeigte sich angesichts der Krise in Magny-Cours "frustriert und enttäuscht", unterstrich aber die "gute Atmsphäre" in Brackley: "Wir sitzen alle im gleichen Boot, gegenseitige Beschuldigungen bringen uns nicht weiter." Button registrierte das schlechte Abschneiden indes mit einer gesunden Portion Galgenhumor: "Ich fuhr gegen drei oder vier Konkurrenten, was Spaß gemacht hat. Leider waren das nur nicht die drei oder vier Führenden..."#w1#

Warum kann Honda die Ressourcen nicht nutzen?

Doch wie kann es sein, dass ein Rennstall mit einem Budget von fast 300 Millionen Euro - nur Toyota und McLaren-Mercedes geben pro Jahr noch mehr aus - die Entwicklungsgeschwindigkeit der Konkurrenz nicht mitgehen kann, obwohl Ende Mai ein neuer Windkanal in Betrieb genommen wurde? Die Antwort darauf ist simpel: Honda konzentriert sich momentan zu wenig auf die eigenen Probleme, sondern eher auf einen internen Machtkampf und auf die Konkurrenz.

Konkret damit gemeint sind die Sticheleien gegen das BMW Sauber F1 Team, denn die Kampagne gegen den angeblich illegalen Heckflügel des F1.06 wurde einzig und allein von Honda angezettelt. Bei den Nordamerikarennen ließ Charlie Whiting, der Technische Delegierte der FIA, das Chassis des BMW Sauber F1 Teams auf ausdrücklichen Wunsch von Fry hin neuerlich überprüfen, weil die Japaner sonst möglicherweise Protest eingelegt hätten.

Dabei sollte Fry lieber erst mal vor der eigenen Haustüre kehren, denn teamintern spielt sich zwischen ihm selbst und dem Vizepräsidenten der Honda-Motorsportdivision, Otmar Szafnauer, ein hässlicher Machtkampf ab. Angeblich will Szafnauer die Kontrolle über das Team an sich reißen, was durchaus realistisch schien, als der scheidende Aerodynamiker Willem Toet vor seinem Abgang noch eine Rundmail an alle Teammitglieder schickte, in der Fry durch den Dreck gezogen wurde.

Fry-Fraktion kämpft gegen Szafnauer-Fraktion

Fry konnte seine Position im Team jedoch behaupten, weil er auf die Unterstützung von Teampräsident Yasuhiro Wada und Sportchef Gil de Ferran zählen kann. Insider sind aber der Meinung, dass er keine weitere Attacke verkraften würde. Der einzige Grund, weshalb er überhaupt noch im Amt ist, ist laut 'BusinessF1' die Tatsache, dass Szafnauer auch an Rennwochenenden gerne mal einen über den Durst trinkt, was den Honda-Japanern naturgemäß missfällt.

Otmar Szafnauer

Otmar Szafnauer würde am liebsten die Kontrolle über das Team übernehmen Zoom

Szafnauer wird unter anderem von der Button-Seite sowie vom Vorstand unterstützt, weil man in Japan das Gefühl hat, dass der Rumäne eher ein Honda-Mann ist als Fry, der aufgrund seiner Prodrive-Vergangenheit als BAR-Mann gesehen wird. Hinzu kommt, dass das Triumvirat Fry/Wada/de Ferran teamintern für die leidige Gewichtsaffäre von Imola 2005 verantwortlich gemacht wurde, die einigen Vorstandsmitgliedern noch immer auf den Magen schlägt.

Willis-Entlassung kam Fry nicht gelegen

Darüber hinaus galt Fry immer als Befürworter des inzwischen entlassenen Technikchefs Geoff Willis, der wegen der anhaltenden Erfolglosigkeit trotz seiner unumstrittenen Kompetenz immer in Frage gestellt wurde. Willis war spätestens ab jenem Zeitpunkt nicht mehr tragbar, als im neuen Windkanal ein komplett aufgebautes Chassis bei einer Luftstromgeschwindigkeit von 300 km/h aus der Verankerung gerissen und dabei verschrottet wurde.

Der Zwischenfall, nach dem der 40 Millionen Euro teure Windkanal für eine Woche wegen Reparaturarbeiten stillgelegt werden musste, zog eine interne Untersuchung nach sich, weil Gerüchte aufkamen, wonach einige Mitarbeiter der zuständigen Nachtschicht - das Ganze passierte um 3:00 Uhr morgens - betrunken gewesen sein sollen. Im Zuge dieser Untersuchung wurde Willis auf Wunsch des Vorstands in Japan geopfert, was auch Frys Position schwächte.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Honda bis zum Grand Prix von Monaco Ende Mai sportlich mehr oder weniger voll auf Kurs war, dann jedoch plötzlich einbrach - just zu jenem Zeitpunkt, als die Situation in Brackley zu eskalieren begann. Nun gilt es nur noch Schadensbegrenzung zu betreiben und den vierten Platz in der Konstrukteurswertung gegen Toyota und das BMW Sauber F1 Team zu verteidigen, denn der Abstand nach vorne beträgt bereits 39 Punkte.