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Liuzzi: "Sie hätten ein Auge zudrücken können"
Heile Welt bei HRT: An der Nicht-Qualifikation sind nur die Rennkommissare schuld, das Auto ist schnell und die Zuverlässigkeit kein Problem
(Motorsport-Total.com) - Wenn man Vitantonio Liuzzi so zuhört, fragt man sich, warum er und sein Team als angehende Weltmeister beim Saisonauftakt in Melbourne nicht zum Start zugelassen wurden: Lediglich an den fehlenden Testrunden sei es gelegen, dass man die 107-Prozent-Hürde nicht nahm, aber der Speed des F111 sei völlig in Ordnung. Genau wie die Zuverlässigkeit. Am Team kann es auch nicht liegen, denn HRT hat laut Aussage des Italieners hervorragende Mitarbeiter. Trotzdem setzt man sich zunächst kleine Ziele, etwa die erfolgreiche Teilnahme an einem Freitagstraining. Vor dem Grand Prix von Malaysia spricht Liuzzi ausführlich über die Lage der (HRT-)Nation.

© HRT
Für Vitantonio Liuzzi gibt es anscheinend kaum ein besseres Team als HRT
Frage: "Tonio, mit welchen Hoffnungen gehst du in das zweite Rennwochenende der Saison?"
Vitantonio Liuzzi: "Wir sind motiviert und guter Dinge, denn wir sollten noch vor Beginn der morgigen Session den neuen Frontflügel bekommen. Es kommen also viele gute Teile und wir sind optimistisch, dass wir viel besser dastehen werden als in Australien. Wir können nicht sicher sagen, ob es für die Qualifikation reichen wird, aber ich bin mir sicher, dass wir nahe an Virgin dran sein werden. Malaysia ist die schwierigste Strecke, was die 107-Prozent-Regel angeht, aber ich bin fest davon überzeugt, dass, wenn wir Probleme haben, auch andere Probleme bekommen, denn wir unternehmen einiges, um unseren Rückstand zu reduzieren."
Deutlicher Fortschritt erwartet
Frage: "Wie viel bringt der verstellbare Heckflügel?"
Liuzzi: "Im Qualifying sechs bis sieben Zehntel, denn es gibt lange Geraden und lange Beschleunigungszonen. Das ergeben zumindest unsere Simulationen. In Australien waren es vier oder fünf Zehntel, aber hier wird der Unterschied deutlich größer sein."
Frage: "Hat es dich angesichts der enorm eingeschränkten Trainingszeit hinsichtlich Setup und so weiter überrascht, dass ihr im Qualifying dann gar nicht so weit weg wart?"
Liuzzi: "Natürlich. Das hat mich ja so geärgert: Regeln sind Regeln und die müssen wir akzeptieren, aber ich finde, sie hätten ein Auge zudrücken können, denn es war offensichtlich, dass unser Rundenzeiten-Problem nur an den fehlenden Kilometern lag."
"Binnen sieben Runden kam ich mit einem Auto, das zuvor nie gefahren war und das ganz anders ist als das Vorgängermodell, auf eine gute Rundenzeit. Wir konnten den Flügel nicht verwenden und hatten einige andere Probleme. Insofern waren wir wirklich überrascht, dass wir in so kurzer Zeit auf so ein Rundenzeiten-Niveau kommen konnten. Schade, dass wir am Samstagmorgen ein dummes Problem mit einem Knopf hatten, denn deswegen mussten wir das Auto anhalten. Sonst wäre die Ausgangsposition für das Qualifying schon viel besser gewesen."
Frage: "Bist du dir sicher, dass ihr morgen einen normalen Tag mit einer normalen Rundenanzahl erleben werdet, um eure Probleme auszusortieren?"
Liuzzi: "Ich glaube schon, ich bin guter Dinge. In Australien hat das Team schon gezeigt, dass die Zuverlässigkeit sehr gut ist, daher sehe ich keinen Grund, warum es hier nicht besser laufen sollte. Das Heck kommt von Williams, der Motor kommt von Cosworth - und ansonsten fürchte ich keine großen Probleme. Am Samstagmorgen hatten wir einfach ein kleines Problem, das sicher nie wieder auftreten wird. Daher gehe ich davon aus, dass wir am Freitagmorgen von Anfang an normal trainieren können."
¿pbvin|512|3574||0|1pb¿Frage: "Die anderen neuen Teams, Lotus und Marussia-Virgin, waren in Melbourne ebenfalls nicht so schnell wie erhofft. Kam das im negativen Sinn überraschend für dich?"
Liuzzi: "Das hat mich noch positiver gestimmt, denn ich hatte nach dem letzten Barcelona-Test erwartet, dass vor allem Lotus viel stärker aussehen würde. Das hat mich überrascht. Allerdings war das Lotus-Tempo im Rennen viel besser als im Qualifying. Trotzdem: Wir waren nicht so weit von Virgin weg und wir alle wissen, warum wir hinter ihnen waren."
"Das stimmt uns zuversichtlich, denn für uns ist das Wichtigste, eine gute Struktur für die Zukunft aufzubauen. Hier kommen schon einige neue Teile an, dann auch in China, in der Türkei. Das Team zeigt, dass es nach vorne will. Klar, man findet die verlorene Zeit durch den verlorenen Winter nicht über Nacht, aber ich bin sicher, dass wir Fortschritte machen werden. Ich glaube, wenn alles nach Plan läuft, wird dieses Team einige überraschen. Ich bin zuversichtlich."
Frage: "Euer Konstrukteur Geoff Willis hat einen guten Ruf. Ist eure Zusammenarbeit gut?"
Liuzzi: "Geoff ist ein wirklich guter Typ, ein guter Techniker. Ich mag die Art und Weise, wie er arbeitet: sehr methodisch. Er ist Realist, kein Träumer - und diese Einstellung gefällt mir. Weiß ist bei ihm weiß und schwarz ist schwarz. Bis jetzt harmonieren wir gut miteinander. Ich bin zwar nur Fahrer und kein Techniker, aber ich muss ihn mit meinem Feedback bestmöglich unterstützen. Das gilt natürlich auch für alle anderen Techniker. Die können das Team schnell voranbringen, denn sie haben eine Menge Wissen. Das ist ein Grund, warum ich mich für HRT entschieden habe, denn ich glaube, dass es hier Leute gibt, die das Team voranbringen können."
Liuzzi scheut Vergleich mit anderen Autos
Frage: "Ich weiß, du bist noch nicht viele Runden gefahren, aber kannst du den HRT schon mit anderen Autos vergleichen, die du früher gefahren bist?"
Liuzzi: "Dieses Jahr haben sich einige Regeln geändert, daher ist das Fahrverhalten ganz anders. Es gibt keinen Doppeldiffusor mehr, dafür aber den verstellbaren Heckflügel. Natürlich muss das Auto in vielen Bereichen weiterentwickelt werden, aber es wäre nicht fair, es mit anderen Autos aus anderen Reglement-Perioden zu vergleichen."
Frage: "Sepang ist bekannt für seine Wetterkapriolen. Glaubst du, dass Regen eine Chance für euch wäre?"
Liuzzi: "Zuerst brauchen wir Trockenrennen, um das Auto verstehen zu lernen. Regen würde natürlich für ein chaotischeres Rennen sorgen, wie das hier schon oft passiert ist, aber wir brauchen trockene Kilometer, denn die haben wir mit diesem Auto noch nicht. Wir müssen aber verstehen, wie es reagiert. Daher hoffen wir nicht auf Chaosrennen, um Punkte zu holen, sondern wir müssen erst verstehen, wie das Auto reagiert und wo wir es verbessern können. Das ist wichtiger."
Frage: "Hast du dich speziell auf dieses Hitzerennen vorbereitet?"
Liuzzi: "Klar. Wir sind schon ein paar Tage früher als sonst hier angekommen, haben ein bisschen in der Hitze trainiert. Es ist dieses Jahr aber nicht so schlimm, wie es auch schon mal war. Die Luftfeuchtigkeit ist der große Unterschied zu anderen Hitzerennen. Die Wetterprognose für diese Woche ist nicht besonders gut, also ist die Fitness nicht ganz so ein Thema. Ich habe solche Probleme sowieso nie, sondern ich mag solche Rennen, denn die verlangen dem Körper alles ab. Vielleicht haben andere Fahrer Probleme damit."

© xpb.cc
Seltenes Bild: Ein HRT fahrend auf der Strecke und nicht stehend in der Box Zoom
Frage: "Du bist in Abu Dhabi auf Force India letztmals mit Pirelli-Reifen gefahren und dann in Melbourne erstmals wieder. War der Unterschied groß?"
Liuzzi: "Im Trockenen sind mir zwischen Abu Dhabi und Australien schon Unterschiede im Reifenverhalten aufgefallen. Die Temperatur war ganz anders, aber ich muss sagen, dass der Reifen in Australien sehr gut war, besonders in puncto Verschleiß."
"In Abu Dhabi hatte ich viele Temperaturprobleme. Ich musste immer wieder langsame Runden einlegen, um die Reifen zu kühlen und sie wieder hart rannehmen zu können. In Australien war das kein Thema, aber ich bin ja auch nur sieben Runden gefahren. Schwer zu sagen. Aber wenn ich mir die Reaktionen von anderen Teams und Fahrern so anhöre, dann scheint es nicht so schlimm gewesen zu sein. Auch der Verschleiß war nicht so groß, denn ein Fahrer hat nur einen Stopp gemacht."
"Ich finde, Pirelli hat erstaunliche Arbeit geleistet. Dabei waren die Leute vor Australien ultrabesorgt, dass es viele Boxenstopps und hohen Verschleiß geben könnte. Ich vermute, hier werden wir den ersten Härtetest für Pirelli erleben - wegen der Hitze, wegen der Bedingungen. Aber die Reifen sind seit dem Abu-Dhabi-Test deutlich besser geworden."
Frage: "Es könnte hier regnen, aber nur wenige Fahrer sind schon mit Pirelli-Regenreifen gefahren. Ist das ein Sicherheitsproblem?"
Liuzzi: "Das wird eine spannende Herausforderung, denn ich liebe nasse Verhältnisse, aber ich habe keine Ahnung, wie die Reifen reagieren werden. Ich habe da unterschiedliche Aussagen gehört: etwas schwerer kontrollierbar, weniger Grip als Bridgestone, besonders bei starkem Regen. Das könnte eine Herausforderung sein, aber ich freue mich darauf, denn im Regen kannst du ein bisschen pokern und so bessere Ergebnisse erzielen. Nicht jeder schafft es, eineinhalb Stunden lang konzentriert zu bleiben und keinen Fehler zu machen."

