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  • 13.08.2011 12:17

  • von Roman Wittemeier

Kolumne: Tonis deutscher Formel-1-Traum

Redakteur Roman Wittemeier über den ganz "großen Wurf" eines jungen Marketingmannes: German F1 soll ab 2014 in die Königsklasse gelangen

Titel-Bild zur News:

Traum: German F1 soll die deutsche Fahne in der Formel 1 repräsentieren

Lieber Leser von 'Motorsport-Total.com',

die Website wirkt wie jene einer Online-Racingliga, die veröffentlichten Texte sind grenzenlos naiv, die dargestellten Pläne kaum umsetzbar. Dennoch: Toni Kohlmeyer will ab 2014 die Formel-1-Welt erobern. Der junge Marketingmann setzt auf ein Konzept, mit dem schon andere - unter teils deutlich besseren Voraussetzungen - kläglich gescheitert sind. Er will ein Nationalteam aufbauen: German F1.

"Von Beginn an ist Qualität das, was für uns von größter Wichtigkeit ist", sagt der Macher aus Magdeburg. Allerdings ließen die ersten Versionen der veröffentlichten Pressetexte genau diesbezüglich extrem zu wünschen übrig - es gab reichlich Tippfehler, grammatikalische Böcke und vor allem inhaltliche Unzulänglichkeiten. Es wurde mehr als deutlich: Dort träumt jemand, der von der Formel 1 in etwa soviel versteht wie ein Hooligan von einer Tantra-Massage.

Ein Beispiel. Auf der Homepage hieß es zunächst: "Im Schatten von Teamfusionen, Fahrerwechseln und der Diskussion über eine baldige Einführung von Einheitsmotoren in der Königsklasse, entstanden in einer Region Deutschlands, welche unter Motorsportfreunden durchaus bekannt sein dürfte, bereits erste handfeste Aktionen zur Erschaffung eines neuen rein-deutschen Rennstalls, welcher es sich zur Aufgabe gemacht hat, erstmals in der Saison 2014 in der F.I.A. Formel 1 an den Start zu gehen."

Mal ganz davon abgesehen, dass es in der Formel 1 keine Einheitsmotoren gibt, sie auch in Zukunft nicht geben wird: Welche handfeste Aktionen meint Herr Kohlmeyer? Eine entsprechende Nachfrage Ende Januar dieses Jahres ergab, dass der German-F1-Macher alle Details im März auf eine großen Pressekonferenz verkünden wolle. Diese Veranstaltung wurde aber kurzfristig ersatzlos gestrichen - Stille.

Stattdessen rühmte man sich auf der Homepage mit ganz heißen Entwicklungen. Zwei Onlineracer hatten pünktlich für deren Simrace-Saison erstmals einen Formel-1-Boliden in German-F1-Optik bewegt. Was für ein sensationeller Fortschritt auf dem konsequenten Weg in die motorsportliche Königsklasse. Zusätzlich tingelte man durch Europa auf der Suche nach neuen Partnerschaften, fand aber wohl keine. Denn eine weitere versprochene Pressekonferenz fand ebenfalls nie statt.

Die neueste Entwicklung wurde Ende Juni deutlich gemacht. Der zukünftige Rennstall verkündete: "Es war schon geplant, angekündigt und nun ist es endlich so weit. Ab dem 01.07.2011 können Fans von German F1 den heiß ersehnten Fanshop betreten und nun auch optisch Farbe bekennen. Der Umfang der erhältlichen Artikel wird darüber hinaus in den kommenden Wochen weiter ansteigen."

Ich kann die Naivität bei einem solchen Projekt überhaupt nicht nachvollziehen Zoom

Ein kurzer Besuch auf der entsprechende Seite des Shops zeigt T-Shirts, Tassen und einen Kapuzensweater - na, dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Oder doch? Von Kohlmeyer ist derzeit gar nichts mehr zu hören. Ist das Projekt trotz der "perfekten Voraussetzungen" gescheitert? "Eine klare Prämisse unserer Öffentlichkeitsarbeit ist, dass wir nicht mehr aus der Sache machen, als diese auch tatsächlich darstellen kann", sagt Kohlmeyer zu Jahresbeginn in einem Interview auf 'inside-racing.de'.

Weiter meint er: "Bei allen Bekanntmachungen, welche über unsere Website, Accounts in sozialen Netzwerken, oder als offizielle Pressemitteilung herausgegeben werden, handelt es sich um Tatsachen, nicht mehr und nicht weniger." Dann wird es allerdings höchste Zeit, nicht nur den eigens erschaffenen Tatsachen, sondern auch jenen aus der umfassenden Geschichte der Formel 1 mal ins Auge zu sehen.

Wer sich aufgrund von möglichen Synergien angeblich Oschersleben als Partner für ein Formel-1-Engagement ausschaut (die Streckenbetreiber vor Ort wissen von nichts!), der muss schon reichlich naiv sein - Testverbot hin oder her. Wer von Einheitsmotoren berichtet, sich mal eben um einen Formel-1-Startplatz für 2014 bei der FIA bewirbt, ist von den Realitäten des Geschäfts weit entfernt.

Sogar bei den besser vorbereiteten Amerikanern lief es nicht nach Wunsch Zoom

"Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Formel-1-Führung jederzeit Lizenzen entziehen und vergeben kann, sollte sich dadurch eine Erhöhung der Gesamtqualität des Fahrerfeldes abzeichnen", meint Kohlmeyer. Allerdings lässt er gleichzeitig durchblicken, dass "German F1 nicht in einer Reihe mit USF1 oder Stefan GP, auch nicht mit Teams wie Midland oder Spyker F1" genannt werden soll. Dies wird nicht passieren, denn diesen Status wird das Magdeburger Projekt kaum erreichen können.

Es sind schon andere gescheitert - es gibt reichlich Beispiele aus den vielen Jahren Formel 1. Wenn ein Adrian Campos kurzfristig verkaufen muss, wenn ein Projekt wie US F1 kein Bein an den Boden bekommt, dann sollte dies Signal genug sein. Aber Kohlmeyer ist keine Ausnahme. Anfang dieses Jahrhunderts wollte sich ein Geschäftsmann aus Weyhe (nahe Bremen) mal eben ein fertiges Chassis inklusive Motor kaufen, mit Andre Lotterer und einem unbekannten Youngster namens Thomas Westarp antreten. Hat man auch nie wieder etwas von gehört...

Viele Grüße,

Roman Wittemeier