Windsor über USF1: "Ich würde es wieder versuchen"

USF1-Mitbegründer Peter Windsor hat sich erstmals nach dem Debakel zu Wort gemeldet und nennt die Gründe für das Scheitern des vielversprechenden Projekts

(Motorsport-Total.com) - Das USF1-Debakel hat vor Augen geführt, wie kompliziert die Formel 1 ist. Zu Beginn klang alles wunderbar: Ken Anderson und Peter Windsor waren lange im Geschäft, um zu wissen wie die Königsklasse funktioniert. Die Basis in Nordamerika im Nascar-Herzen Charlotte klang ebenfalls überzeugend, denn dort gibt es viele Zulieferer, die auf Rennsporttechnik spezialisiert sind. Techniker und Mechaniker sind ebenfalls vorhanden. Mit dem Nationalteam der USA gab es auch für Firmen den Anreiz, Geld zu investieren. So stieg beispielsweise YouTube-Mitbegründer Chad Hurley in das Projekt ein.

Titel-Bild zur News: Peter Windsor

USF1-Mitbegründer Peter Windsor hat sich erstmals über das Debakel geäußert

Auf dem Papier schien alles wunderbar zu sein. Unter diesen Vorraussetzungen bekam USF1 auch den Zuschlag für einen Startplatz. Im Endeffekt wurden aber nur wenige Teile gebaut, von einem kompletten Auto ganz zu schweigen. Der Versuch einen Toyota TF110 zu bekommen scheiterte ebenfalls. Das Projekt USF1 war gestorben. Anderson wurde für sein Missmanagement kritisiert, doch um seinen Partner Windsor ist es seit dem Winter ruhig geworden.#w1#

Nun hat sich der Brite erstmals über den gescheiterten Rennstall geäußert. "Es gab nie einen Moment, an dem ich an das Versagen geglaubt habe - bis es dann passiert ist", wird Windsor von 'GPWeek' zitiert. "Man lernt im Leben ständig dazu. Man versucht immer alles in seiner Macht stehende zu geben. Viele Menschen im Motorsport, die ich kenne, leben so. Man gibt nie auf, bis es vorbei ist."

"Wir haben den Startplatz im Juni von der FIA bekommen. Aber es war ein Platz in einer FIA-Meisterschaft, in die keine der Topteams eingeschrieben war", spricht Windsor den Streit zwischen der FIA und der FOTA an. "Die großen Mannschaften haben an ihrer Piratenserie gebastelt. Erst spät im Juli haben sich die FIA und die FOTA an einen Tisch gesetzt und höflich miteinander gesprochen. Erst Mitte August haben wir den Vertrag für die einzige Meisterschaft unterschrieben. Bis dahin konnten wir als Firma nicht existieren, wir konnten keine Webseite aufbauen, konnten nicht Handeln und konnten keine Leute einstellen."

"Soweit ich weiß, war Lotus zu diesem Zeitpunkt mit dem Auto schon sehr weit. Ihr Designteam war sehr harmonisch und war es gewohnt, unter Druck zu arbeiten. Jeder kannte sich. Ich glaube ich liege richtig, dass Mike Gascoynes Team nach seiner Zeit bei Toyota entstanden ist. Das ist eine komplett andere Organisation. Der Lotus wurde in einer Formel-1-freundlichen Umgebung in Großbritannien gebaut."

USF1-Logo

USF1 ist kläglich an der großen Aufgabe Formel 1 gescheitert Zoom

"Wir haben diesen Weg nie betrachtet. Wir haben etwas komplett Neues versucht, nicht nur in Bezug auf die Formel 1 heute, sondern auch im geschichtlichen Kontext", beschreibt Windsor." Wir wollten ein Auto außerhalb Europas designen und bauen. Alles sollte bei uns im Haus gefertigt werden. Bis dahin war jeder der Meinung, dass man nur in Europa ein Auto bauen kann. Mit der technologischen Infrastruktur an der Ostküste der USA waren wir der Meinung, dass die Zeit gekommen ist, um ein Auto außerhalb Europas zu bauen."

"Das passiert natürlich nicht von einem Tag auf den anderen. Wenn die erfahrene Mannschaft von Gascoyne es gerade so nach Bahrain geschafft hat, dann brauchten wir mehr Zeit, um das Gleiche mit einem neuen Projekt in den Vereinigten Staaten umzusetzen", vergleicht Windsor. "Aber nicht nur Mike hat den europäischen Weg, den Weg mit einem außenstehenden Partner gewählt. Die anderen zwei Teams haben ebenfalls das Design eines Dritten verwendet und auf eine fertige Fabrik zurückgegriffen. Genau genommen entspricht das nicht dem Sinn der Formel 1."

Zeitpunkt des Einstiegs perfekt

Die Königsklasse hat in den vergangenen Jahren nicht nur technische Veränderungen durchlebt. Wie schnell sich alles dreht beschreibt Windsor in den Anfängen des USF1-Projekts. "Ken sprach mich zu einer Zeit auf die US-Idee an, als David Richard mit Prodrive nicht den Einstieg durchführen konnte. Ich glaube er wollte Autos von McLaren kaufen. Unser Ausgangspunkt war um 180 Grad anders. Wir wollten unser eigenes Auto bauen."

"Nach Davids Problemen war klar, dass das die Zukunft der Formel 1 ist. Jedes Team muss sein eigenes Auto designen und bauen. Das war unser Ansatz von Tag eins. Wir wollten, dass über unsere Technologie gesprochen wird und wir sie verkaufen können. Etwas Einzigartiges und Aufregendes", beschreibt Windsor die Herangehensweise.

"Wir hatten einen Startplatz bekommen, wir haben alles gegeben, aber wir haben es nicht geschafft." Peter Windsor

"Als wir unser Team geplant haben, gab es zwei oder drei freie Plätze im Starterfeld und niemand wollte sie auffüllen. Jeder hat geglaubt, dass ein Formel-1-Team mehr als 150 Millionen Euro kosten muss. Wir wollten das ändern. Wir wollten zeigen, dass man in den USA ein Team für viel weniger aufbauen kann und es von da an wachsen kann. Das war lange vor der Rezession. Es war eine Zeit, in der Formel-1-Sponsoren von den Bäumen gefallen sind."

"Unsere Herangehensweise passte perfekt, als die Weltwirtschaftskrise im Winter 2008/09 begann. Das war einer der Gründe, warum wir unser Kapital aufstellen konnten. Die Menschen waren bereit, sich einen anderen Weg anzuhören wie man Formel 1 macht. US-Firmen wollten mit der Formel 1 ein weltweites Publikum erreichen. Das Problem war, dass wir dann viel Zeit verloren haben, weil die Formel 1 implodierte."

Es gab lange Streitereien zwischen der FIA und der FOTA über die Zukunft des Sports, über eine Budgetobergrenze und wie das Geld künftig verteilt wird. Eine Piratenserie lag in der Luft. "Wie wir heute wissen, ist es nie zu einer Budgetdeckelung gekommen. Die neuen Teams haben das aber weiterhin im Sinn. Man muss sich nur Adrian Campos ansehen. Er hat wirklich geglaubt, dass er sein Team für 30 Millionen Euro betreiben kann", meint Windsor.

Spaltung positiv für neue Teams

"Obwohl es unglaublich erscheint denke ich, dass einige der neuen Teams über eine Spaltung der Formel 1 glücklich gewesen wären. Man wäre sofort ein großer Fisch in einem kleinen Teich gewesen. Ich glaube nicht, dass einer der Neueinsteiger mit der aktuellen Situation zufrieden sind."

Ken Anderson

Da war die Welt noch in Ordnung: Ken Anderson präsentierte die Pläne Zoom

Im Juni wurden die letzten Habseligkeiten von USF1 versteigert, die FIA sprach anschließend eine Strafe gegen das Team aus. Das Kapitel war beendet. "Ich war sehr, sehr traurig. Aber wir haben viel gelernt und hoffentlich bin ich nun ein besserer Mensch", so Windsor. "Ich wollte ein komplett neues und kreatives Formel-1-Team aufbauen. Wir hatten einen Startplatz bekommen, wir haben alles gegeben, aber wir haben es nicht geschafft."

"Viele Leute haben einige böse und kritische Kommentare abgegeben. Aber glaubt mir, nichts davon war so hart, wie die Kritik, die ich zu mir selbst gesagt habe. Das passiert, wenn man ein neues und schwieriges Projekt anpackt", zeigt sich Windsor selbstkritisch. "Es war das richtige Paket, ich meine die richtigen Leute und die passende Situation. Ich würde es wieder versuchen."

Respekt vor ART

Demnächst wird die FIA den leeren Platz an einen weiteren Neueinsteiger vergeben, oder den Platz leer lassen. Nicht dabei sein wird die erfolgreiche ART-Mannschaft, die ihre Bewerbung zurückgezogen hat. "Ich bin über diese Entscheidung von Nicolas Todt sehr beeindruckt", meint Windsor. "Von allen Leuten die ich kenne, ist er in der perfekten Position, um ein neues Team aufzubauen."

"Aber er tut es nicht. Warum? Ich glaube er denkt, dass die Formel 1 noch einen langen Weg vor sich hat. Wenn jemand das gut einschätzen kann, dann ist es Nicolas. Man darf nicht vergessen, dass wir USF1 gestartet haben, als es noch keine Rezession gab, noch vor dem Budget-Limit und dem Krieg zwischen der FIA und der FOTA. Die Welt ist jetzt anders. Selbst Mittelfeldteams, ganz zu schweigen von den Neueinsteigern, haben bei der Sponsorensuche Probleme."

"Ich denke wir waren nicht die einzige Firmengründung, die die Weltwirtschaftskrise nicht überlebt hat", schätzt Windsor. "Wir sind trotzdem weiter gekommen, als viele frühere Rennprojekte. Frank Williams hat auch nicht 1978 angefangen. Vor dem 'Mclaren Project Four' gab es auch weniger erfolgreiche Zeiten. Prodrive hat es auch nicht weiter, als bis zum Zulassungsprozess gebracht. Ich möchte diese Firmen nicht gering schätzen, aber man muss alles aus der richtigen Perspektive betrachten", meint Windsor.

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