• 27.09.2001 16:16

  • von Marcus Kollmann

Juan-Pablo Montoya im großen Interview

Der Kolumbianer spricht ausführlichst über Indy, Monza, die Schumacher-Brüder und viele andere interessante Dinge

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wie fühlt es sich an, zurück hier nach Indianapolis zu kommen?"
Juan-Pablo Montoya: "Ich finde, dass es schön ist zurück in Indy, zurück in Amerika zu sein. Ich habe sehr gute Erinnerungen an Indianapolis. Aber ich erinnere mich nicht nur an das Indy 500, sondern auch an die Leute mit denen ich in den letzten beiden Jahren zusammengearbeitet habe. Ich glaube, dass es für uns ein interessantes Rennen wird. Hoffentlich können wir ein gutes Ergebnis erzielen."

Titel-Bild zur News: Juan-Pablo Montoya (BMW-Williams)

Montoya fühlt sich in der Formel 1 mittlerweile sehr wohl

Frage: "Juan-Pablo, ich glaube, dass Patrick Head gesagt hat, dass man erst einmal die Anpassung an die Formel 1 verkraften muss, denn jede Runde ist wie ein Wettrennen. Ist es wirklich anstrengender in jeder Runde sein Bestes zu geben als in der CART-Serie und ist es schwieriger als das Indy 500 welches du hier gefahren bist und gewonnen hast?"
Montoya: "Nun, das Indy 500 ist ein komplett anderes Rennen. Es ist das Indy 500, ein langes Rennen welches über 500 Meilen geht. Man muss die ganze Zeit auf das Auto aufpassen. Am Ende versucht man dann so schnell wie möglich zu fahren, zu sprinten. Aber im gesamten Rennen war das Tempo ziemlich hoch und es war sehr interessant. Ich glaube, die größte Anpassung die ich machen musste war die Umgewöhnung an das Auto, mit dem Team zusammen zu arbeiten, zu versuchen das Setup zu verbessern. Wenn die Abstimmung passte waren wir ja auch konkurrenzfähig. Ich könnte jetzt das letzte Jahr mit seinen Rennen anführen, wo wir versuchten alles hinzubekommen und das Beste aus dem Auto herauszuholen. Das ist ziemlich schwierig und hart gewesen. Es ist eine Menge Arbeit. Ich denke, dass wenn man zu einer neuen Strecke kommt auf der man noch nie war, die Abstimmung das größte Problem ist. Die ist einfach zu weit von dem entfernt wie sie sein sollte..."

Frage: "Juan-Pablo, die Amerikaner erinnern sich noch daran wie du damals in die erste Kurve des Ovals Richtung Süden gefahren bist. In der Formel 1 ist die Streckenführung genau entgegensetzt zu der im Oval, du wirst also in die erste Kurve aus der anderen Richtung fahren. Wie denkst du darüber?"
Montoya: "Ich bin schon eine ganze Weile nicht mehr in einem Oval gefahren, beinahe ein Jahr nicht mehr. Ich denke, dass es ziemlich interessant wird, vor allem was die Steilwandkurve betrifft. Die Boxen anzusteuern wird ein wenig schwieriger denn in der Steilwandkurve beginnt man ja an Geschwindigkeit zuzulegen. Man fährt da mit 250 - 300 km/h durch. Es ist schnell, jedoch könnten die Autos schneller. Soweit man mir gesagt hat, ist Turn 1 (vom Oval, Turn 13 auf dem Straßenkurs) nicht sehr schwierig, man kann da Vollgas fahren. Es schaut ziemlich extrem aus, jedoch ist es das wohl nicht. Ich habe auch noch gute Erinnerungen an das letzte Jahr, wo am Renntag viele Leute hier waren. Hoffentlich werden uns dieses Jahr genauso viele unterstützen."

Frage: "Juan-Pablo, denkst du, dass du deine Fahrfähigkeiten auf Grund des Wechsels in die Formel 1 verbessern musstet?"
Montoya: "Nein, es geht nicht um eine Verbesserung. Jedes Mal wenn man auf der Strecke ist lernt man etwas Neues. Man entwickelt sich also ständig weiter und wird deshalb zu einem besseren Rennfahrer. Ich kann nicht sagen, dass ich damals hier nicht alles gegeben habe. Ich denke, dass ich, als ich die Weltmeisterschaft hier gewann, die ganze Zeit an meinem Limit fahren musste und ich gewann das Indy 500 und war in allem gut. Jetzt ist es so, dass man das jede Woche tut. In der Formel 1 testet man sehr viel, sitzt sehr viel im Auto. Um konkurrenzfähige Arbeit abzuliefern muss man versuchen besser als die anderen zu sein. Nur so führt der Weg zum Sieg."

Frage: "Juan-Pablo, du hast über den Unterschied in Bezug auf das Fahrzeugverhalten gesprochen wenn man Druck machen muss. Was hat dich in deinem ersten Jahr in der Formel 1 - sowohl auf als auch abseits der Rennstrecke - wirklich beeindruckt? Womit hattest du nicht gerechnet in dieser Serie konfrontiert zu werden?"
Montoya: "Am schwierigsten ist es wohl das Auto richtig hinzubekommen. Mit den Slicks, als ich CART fuhr, konnte man selbst eine gute Runde hinlegen wenn das Auto nicht perfekt war. Man kann einfach ein wenig das Auto überfahren. Mit den Rillenreifen in der Formel 1 geht das nicht. Wenn das Setup nicht passt beginnen die Reifen abzubauen, Blasen zu werfen, weshalb man eine gute Balance braucht. Es ist ein wenig mehr komplexer."

Frage: "Du hättest direkt nach dem Gewinn der Formel 3000-Meisterschaft in die Formel 1 gehen können. Inwiefern denkst du, dass dir die zwei Jahre in der CART-Serie speziell in diesem Jahr geholfen haben, wenn es denn irgendwelche Hilfe gab."
Montoya: "Oh ja, es hat viel Hilfe gegeben, schon in Bezug auf mein Selbstvertrauen durch das Gewinnen von Rennen hier. Ich habe die zwei Jahre hier wirklich genossen. Ich habe neue Dinge in den Ovalkursen gelernt, welche man nie mitbekommt wenn man nicht einmal in einem Oval ein Rennen fährt. Eine Menge dieser Sachen halt, die schon einen großen Unterschied ausmachen. Das letzte Jahr war ziemlich hart, jedoch hat mir auch das geholfen. Ich bin 15 Mal nicht ins Ziel gekommen und dieses Jahr war es auch nicht groß anders. Ich habe vier Rennen oder so zu Ende gefahren. All diese DNFs waren für mich nichts Neues, ich war geistig darauf vorbereitet und konnte das besser wegstecken. Ich glaube, dass es sehr hart sein muss wenn man pausenlos gewinnt, niemals einen Fehler macht und dann in ein Auto steigt welches nicht bis zum Ende durchhält. Das Team hat dieses Jahr eine Menge getan und nun ist das Auto wesentlich zuverlässiger. Aber wir erlebten auch einige Rennen in denen wir arge Probleme hatten, in denen ganz simple Sachen versagten, aber es wird besser."

Frage: "Frank Williams hat über die Wiederauferstehung des Teams gesprochen. Viele Male in der Geschichte des Rennstalls befand man sich nicht auf der Gewinnstraße und kehrte dann doch wieder auf diese zurück. Als sich das Team, du selbst, eure Ergebnisse in dieser Saison verbessert haben, hast du da eine Veränderung bei Frank bemerkt? Ist er jemand der immer positiv denkt und aufgeregt ist oder ist das jetzt auf Grund der Rückkehr des Teams zur alten Stärke weniger der Fall als vorher?"
Montoya: "Zum Anfang haben wir gar nicht gewusst was wir erwarten können, ob wir um Rennsiege kämpfen könnten oder Probleme haben würden. Aber das Team hat vier Siege und vier Pole Positionen geholt. Frank ist schon lange genug dabei, um zu wissen ob es ein gutes oder ein schlechtes Jahr wird. Ich denke, dass wir Fortschritte machen und im nächsten Jahr werden wir sehr konkurrenzfähig sein. Ich denke, dass das nächstjährige Auto mit dem ganzen Paket, den besser werdenden Reifen und stärkerem Motor, besser sein wird. Wenn das Gesamtpaket leistungsfähiger ist, wie es das sein sollte, so sollten wir in der Lage sein um die Meisterschaft kämpfen zu können."

Frage: "Juan-Pablo, als du in die Formel 1 eingestiegen bist, hast du da deine Ziele, zum Beispiel Michael Schumacher herauszufordern, gleich bei Beginn festgelegt?"
Montoya: "Um ganz ehrlich zu sein: Ich habe damals nie an Michael Schumacher gedacht als ich in die Formel 1 gegangen bin. Ich bin in die Formel 1 gegangen weil ich das wollte. Man muss sich am Anfang erst einmal um sich selbst kümmern, nicht um jemanden anderen. Wenn ich mich nur auf Michael Schumacher oder einen anderen Fahrer konzentriert hätte, dann hätte ich nicht an das Rennfahren denken können. Ich bin in die Königsklasse eingestiegen und es hat ein wenig gedauert. Es war ein wenig wie eine Achterbahnfahrt mit den Hochs und Tiefs. Sich komplett an das Auto, die Serie, die Arbeit mit dem Team zu gewöhnen hat eine Weile gedauert. Wenn man aber daran glaubt den besten Job zu tun den man leisten kann, dann stellen sich die Resultate auch ein. Ich konnte Michael ein paar Mal schon schlagen, in meiner ersten Saison. Er ist ein Kämpfer, ein harter Racer, aber so sehe ich mich auch."

Frage: "Letzte Saison bist du selbst dann an der Spitze schnell gewesen wenn es Probleme mit den Toyotas gab. Wie schwer war es für dich manchmal langsamer als dein Teamkollege zu sein? Wie schwer war es das im Kopf zu verarbeiten?"
Montoya: "Als ich in die Formel 1 kam wusste ich, dass mir ein Lernprozess bevorstehen würde. Mein Teamkollege fährt das fünfte Jahr in der Formel 1 und ist schon die dritte Saison beim Team. Er hat so viel mehr an Erfahrung mit den Rillenreifen und der Formel 1. Er versteht einfach wie alles abläuft und funktioniert. Es war ziemlich schwer. Ich wusste, dass es schwierig würde ihn zu besiegen. In den letzten paar Rennen bin ich aber konkurrenzfähiger als er gewesen und das ist sehr ermutigend. Ich denke, dass er gut ist, denn er kann zulegen, ich lege auch zu und er dann auch. Wir haben uns da nur verbessert. So wie wir uns gegenseitig anspornen bringen wir das Team nach vorne. Ich denke nämlich, dass das gegenseitige Anspornen positiv ist. Viele Leute sagen, dass wir uns nicht miteinander unterhalten und es deshalb nicht funktioniert, aber wir müssen das auch nicht so wie sich die Leute das vorstellen. Wenn wir mit den Ingenieuren zusammensitzen sprechen wir über das Auto, wir arbeiten so weit zusammen wie wir das müssen, deshalb macht das Team Fortschritte. Ich glaube nicht, dass wir dem Team da aber etwas wegnehmen. Ich denke, dass wir dem Team eine Menge geben, gerade weil wir so arbeiten."

Frage: "Einige Leute aus der Formel 1 und einige Fahrer hatten Bedenken zum jetzigen Zeitpunkt in die Vereinigten Staaten zu reisen. Hattest du Bedenken? Hast du dir Sorgen gemacht hierher zu reisen?"
Montoya: "Nicht wirklich, nein. Ich fand das was passiert ist sehr traurig, jedoch kann man das Leben deshalb nicht anhalten finde ich. Ich komme hierher um Rennen zu fahren, um den Leuten ein wenig die Gedanken zu zerstreuen, ihnen etwas zu geben weshalb sie sich freuen und das Geschehene für ein paar Tage vergessen können."

Frage: "Stimmt es, dass Michael Schumachers Vorschlag, in Monza alle Fahrer zu einer sicheren Fahrt in den ersten beiden Schikanen anzuregen, wurde nur von einem Fahrer nicht befürwortet. Wie hast du damals zu seinem Vorschlag gestanden?"
Montoya: "Ich war dafür, denn nach all den Unfällen die passierten und die in den Jahren zuvor passierten war klar, dass wir nicht das halbe Feld in der erste Kurve verlieren wollten. Selbst wenn am Ende jemand nicht dem zugestimmt hat, so ist meine persönliche Meinung die, dass alle ein wenig vorsichtiger waren. Es gab nur zwei Fahrer die aneinander geraten sind. Davon abgesehen war es ein sauberer Start. Ich glaube, dass wenn niemand das angesprochen und sich eingesetzt hätte, es in der ersten Schikane total drunter und drüber gegangen wäre. Ich fand den Vorschlag jedenfalls wirklich gut."

Frage: "Hat das nicht ein wenig deine Ehre als Rennfahrer angegriffen?"
Montoya: "Nein. Ein Teil von mir ist der Rennfahrer, der andere Teil ist der Mensch. Ich weiß nicht wie ich das passend ausdrücken kann. Klar sind wir Rennfahrer und fahren um den Sieg, jedoch muss man auch ein Gefühl für das was man tut entwickeln. Wie ich schon sagte, selbst wenn am Ende nicht alle zustimmten, so waren meiner Meinung nach doch alle am Ende sehr vorsichtig."

Frage: "Juan-Pablo, du bist in deiner ganzen Zeit im Cockpit immer sehr fokussiert gewesen, egal in welchem Auto du gesessen hast. Nehmen wir einmal diese Saison, deine erste Saison in der Formel 1. Was ist die größte Überraschung für dich bis zum jetzigen Zeitpunkt gewesen, positiv oder negativ, spielt keine Rolle?"
Montoya: "Nun, eine positive Überraschung waren die ganzen Pole Positionen die ich bisher geholt habe und der Sieg. Ich hatte wirklich nicht erwartet in meiner ersten Saison ein Rennen zu gewinnen. Die negative Überraschung war für mich die Erfahrung, dass die Atmosphäre so anders ist, daran musste ich mich gewöhnen, was etwas Zeit brauchte. Es ist einfach viel angespannter, weshalb man mental viel stärker sein muss. Ich selbst würde mich als mental sehr stark beschreiben, und es hat mir nichts ausgemacht. Aber ich brauchte ein Weile, um mich im Auto auf meine Arbeit zu konzentrieren."

Frage: "Juan-Pablo, wir wissen um die körperlichen Herausforderungen die jeder Fahrer zu bewältigen hat. Ist der Level an mentaler Stärke außerhalb des Autos in der Formel 1 ein anderer als bei den CARTS wenn man im Cockpit sitzt?"
Montoya: "Geistig ist es viel schwieriger. Man muss viel stärker sein als in der CART-Serie, denn dort ist die Atmosphäre wesentlich freundlicher. Im Auto ist es recht ähnlich. Man versucht im Auto an die Grenzen zu gehen und CART und Formel-1-Auto sind in physischer Beanspruchung recht ähnlich. Wenn man nicht im Auto sitzt unterhalten sich die Fahrer in der CART-Serie. Alle sind freundlich. In der Formel 1 spricht man noch nicht einmal ein Wort miteinander. Man ist auf sich allein gestellt, man muss mit den Leuten des Teams zusammenarbeiten. Ich denke, dass in einer Serie wie der Formel 1 das Team von großer Bedeutung ist."

Frage: "Soweit ich weiß bist du noch nicht auf dem Formel-1-Kurs hier in Indianapolis gefahren. Hattest du schon die Möglichkeit in einem Pkw die Strecke abzufahren?"
Montoya: "Ja, als die Strecke damals noch gebaut wurde und ich wegen des Indy 500 hier war. Ich bin mit Tony George umhergefahren und er hat mir alles gezeigt."

Frage: "Und was hat dir das Team erzählt, denn das ist hier ja schon vor einem Jahr einmal gefahren? Welches sind für dich die größten Herausforderungen der Strecke?"
Montoya: "Ich glaube, dass es ein großer Kompromiss zwischen vielen langsamen Kurven und sehr langen Geraden ist. In Bezug auf den zu fahrenden Abtrieb muss man einen großen Kompromiss eingehen. Mit viel Abtrieb kann man im Infield Zeit gewinnen, jedoch ist man dann verdammt lahm auf den Geraden. Also wird man einen Kompromiss wählen müssen."

Frage: "Auf einigen Strecken testet dein Team ja ziemlich oft bevor ihr dort dann das Rennen fahrt. Hier ist das nicht der Fall. Wie schwierig ist es damit zurecht zu kommen. Reicht das Freie Training aus, um sich vorzubereiten?"
Montoya: "Ich denke, dass es im Freien Training schon ein wenig schwieriger für mich
sein wird, denn ich kenne die Strecke ja nicht. Aber auf eine gewisse Weise habe ich im Vergleich zu den anderen keinen so großen Rückstand, denn die sind ja hier bislang auch nur ein Rennen gefahren. Im Vorjahr konnte hier niemand vorher testen, sie kamen einfach her und fuhren dann. Die Reifen verändern sich jedoch recht stark, da werde ich einen Nachteil haben was die Beurteilung angeht, jedoch sollte ich insgesamt betrachtet ganz gut dabei sein, vorausgesetzt ich komme in den ersten Sessions zurecht."

Frage: "Du hast vorhin über die mentale Stärke und die erforderliche Konzentration gesprochen. Hast du zu irgendeinem Zeitpunkt einmal deinen Entschluss, in die Formel 1 zu gehen, bereut?"
Montoya: "Nein, denn das wollte ich ja. Soweit ich mich erinnere habe ich schon als kleiner Junge von der Formel 1 geträumt. Ich hatte die Chance zu Williams zu gehen und mit der Zusammenarbeit des Teams mit BMW und Michelin ist es einfach großartig. Man kann sagen, dass das Team Fortschritte machen wollte und wie es aussieht ist uns das auch gelungen. Man hat diese sich manchmal bietenden Möglichkeiten aber nicht ständig. Nachdem ich nach Amerika kam, habe ich erreicht was ich mir vorgenommen hatte, mehr sogar als ich ursprünglich dachte. In meinen zwei Jahren hier habe ich eine Menge erreicht. Ich habe die CART-Meisterschaft gewonnen, war bester Neuling des Jahres, wurde zum besten Neuling in Indy gewählt, gewann Indy... Ich dachte dann, dass ich hier bleiben könnte und versuchen könnte noch mehr Erfolge zu erreichen, oder dass ich in die Formel 1 einsteigen und mich einer neuen Aufgabe und Herausforderung stellen könnte. Ich entschied, dass das am besten für mich wäre."

Frage: "Du sprachst von einem Kompromiss den man hier in punkto Fahrzeugabstimmung eingehen muss. Können wir erwarten, dass du und Ralf diejenigen sein werden die es zu schlagen gilt?"
Montoya: "Ich denke, dass Ferrari hier sehr stark ist, nachdem was wir letztes Jahr gesehen haben. Das große Fragezeichen am Freitag wird jedoch das Kräfteverhältnis zwischen Michelin und Bridgestone sein. Wenn die Michelin-Reifen wirklich gut sind werden wir konkurrenzfähig sein, und wir haben die Chance den Sieg zu holen. Wenn das, was in diesem Jahr in Silverstone passierte, auch hier geschieht, so haben wir jedoch nicht den Hauch einer Chance. Allerdings sind die Reifen seit damals wirklich fortgeschritten. Man muss einfach nur zurück nach Spa blicken. Dort war es kalt und nass und wir waren schnell. Warten wir einfach ab."

Frage: "Viele der Fahrer in der Formel 1 haben einen großen Ruf. Nachdem du nun gegen die meisten dieser Piloten gefahren bist, würdest du da sagen, dass einige überbewertet werden oder stimmt das, was man so hört?"
Montoya: "Keine Ahnung, ich kann das nur schwer beschreiben. Ich denke, dass hier wirklich viele gute Fahrer antreten. Sie gelten als die besten Fahrer der Welt. Michael [Schumacher, Anm. d. Red.] ist ein ziemlich harter Brocken. Er fährt schon eine ganze Weile, er ist wirklich schnell und er hat ein großartiges Team hinter sich. Momentan ist er derjenige den es zu besiegen gilt. Wenn wir das richtige Paket haben, werden wir gegen ihn und alle anderen die schnell sind antreten können."

Frage: "Vorhin hast du über deine Erfahrungen in der CART-Serie im letzten Jahr gesprochen. Dort hattest du eine ziemlich gute Beziehung zu Jimmy Vasser. Wie würdest du diese Saison in Sachen des Umgangs mit deinem Teamkollegen beschreiben?"
Montoya: "Es ist ganz anders. Jimmy und ich waren wie Freunde. Wir waren Freunde und er war ein großartiger Typ. Wir hatten viel Spaß zusammen. Mit Ralf ist das ein wenig anders. Wir sind beide sehr professionell. Er macht seine Arbeit, ich mache meine. Wir ich schon vorhin erklärte. Wir arbeiten zusammen, um das Auto gemeinsam schneller zu machen. Aber da wir uns sonst nicht unterhalten bedeutet es längst nicht, dass wir die Entwicklung des Autos deshalb nicht beschleunigen. Man muss professionell arbeiten und das tun wir. Wir haben einen professionellen Umgang miteinander."

Frage: "Du bist auf Ovalen Rennen gefahren, du hast dort gewonnen, du hattest dort aber auch Unfälle. Nach Alex Zanardis schrecklichem Unfall interessiert mich, ob du dir vorstellen kannst jemals wieder auf einem Oval-Kurs ein Rennen zu fahren?"
Montoya: "Ich selbst?"

Frage: "Ja."
Montoya: "Keine Ahnung. Wenn ich zurück in die CART-Serie kommen würde, würde ich das tun. Im Moment bin ich aber in der Formel 1, wo ich hoffentlich noch für eine lange Zeit fahren werde."

Frage: "Juan-Pablo, du bist hier damals fliegend gestartet. In der Formel 1 gibt es aber nur einen stehenden Start. Wie vergleichst du diese beiden Startmethoden miteinander?"
Montoya: "Nun, mit einem fliegenden Start ist alles ein wenig anders. Man fährt die erste Kurve meist schneller an, jedoch sind die Bremsen und die Reifen ja auf Temperatur gebracht, sodass das okay ist. Es sind einfach zwei verschiedene Möglichkeiten. Am Ende ist beides ein Start aus dem man das Beste machen muss. Der Unterschied ist wirklich nicht so groß. In der Formel 1, jetzt mit der Launch-control, zählt einzig die Reaktionszeit des Fahrers. "

Frage: "Die BMW-Motoren scheinen in Bezug auf die Power auf den schnellen Strecken einen Vorteil zu haben. Diese Strecke ist eine Kombination aus schnell und langsam. Denkst du, dass ihr hier insgesamt auch einen Vorteil haben werdet?"
Montoya: "Meine persönliche Auffassung ist die, dass unser Motor genauso konkurrenzfähig ist wie der der Teams an der Spitze. Ich würde sagen, dass es einer der besten, wenn nicht sogar der beste Motor ist. Aber ich würde nicht sagen, dass wir 50PS mehr als die anderen haben. Der Motor ist sehr stark denke ich. Das Williams-Chassis ist in der Aerodynamik aber auch sehr effizient. Auf schnellen Strecken haben wir ein wirklich gutes Paket. Es scheint so, als würde Ferrari mehr Abtrieb generieren, aber sie sind auf den Geraden auch sehr schnell. Es sind zwei unterschiedliche Pakete und ich denke, dass das Ferrari-Paket in diesem Jahr einen besseren Kompromiss darstellte. Wir müssen das versuchen für die nächste Saison zu verändern. Aber ich würde sagen, dass wir einen der besten, wenn nicht sogar den besten Motor haben. Das kommt uns manchmal zugute, denn man muss auf den Geraden ja nicht mit sehr viel Abtrieb fahren."

Frage: "Juan-Pablo, würdest du gerne den Status einer Nummer 1 im Team haben so wie das Michael in seinem Team hat? Siehst du darin einen Vorteil?"
Montoya: "Nicht bei einem Team wie Williams, nein. Ich denke, dass Williams zu beiden Fahrern sehr fair ist. Ich glaube auch, dass sie in der Lage sind beiden Fahrern gleichwertiges Equipment zu geben. Sie haben genug gute Leute für beide Autos. Einzig der Wechsel mit dem Vorrecht auf das T-Car ist so eine Sache. Wenn man da aber eine Lösung braucht finden wir die auch innerhalb von fünf Minuten. Das ist der einzige Unterschied. Bei einem kleineren Team ist es meist so, dass neue Teile nur für ein Auto zur Verfügung stehen. Da lohnt es sich dann die Nummer 1 zu sein. Aber bei Williams ist es so, dass, egal wo wir sind, genug Teile für beide Autos vorhanden sind."

Frage: "Aber bei Ferrari scheint es sich doch auszuzahlen..."
Montoya: "Warum es bei Ferrari funktioniert? Wenn Michael das T-Car hat oder weil er schneller ist? Rubens hat ihn beim letzten Mal geschlagen. Ich glaube nicht, dass sie einen leistungsfähigeren Motor für Michael bauen als sie dies für Rubens tun. Ich denke, dass beide mit der gleichen Motorenstufe fahren. Wenn Michael einen schnelleren Motor bekommt, so sind das vielleicht 2 oder 3 PS mehr. Aber die Motoren werden so präzise gebaut, sodass der Leistungsunterschied zwischen den einzelnen Aggregaten nichts ist. Es sind vielleicht .05 Sekunden pro Runde oder so. Man kann also nicht sagen der eine Fahrer bekäme schlechteres Material. Wir wissen, dass er die Ingenieure bekommt die er will und so. Der einzige Unterschied ist wirklich in Bezug auf das T-Car."

Frage: "Auf den meisten Strecken, speziell in Europa, jubeln die Leute Schumacher zu. Glaubst du, dass dies wegen deiner Rennfahrerkarriere in Amerika und in Indianapolis anders sein wird?"
Montoya: "Das wäre sicherlich schön. Ich denke, dass ich viele Fans hier in Amerika habe. Das ist immer gut zu wissen. Aber es hat immer auch kolumbianische Flaggen bei den Rennen gegeben und ich weiß, dass zu diesem Rennen viele Kolumbianer kommen werden. Für mich ist das hier wie mein Heim-Grand-Prix. Ich bin ja die letzten zwei Jahre hier Rennen gefahren und davon abgesehen ist Indy für mich auch so eine Art Zuhause. Meine Familie lebt hier. Es ist wirklich wie daheim."

Frage: "Du bist hier einige Jahre gefahren und hast die Formel 1 dort verfolgt wo es eine große, bekannte Sportart ist. Denkst du, dass die Formel 1 in Amerika eine Zukunft hat? Werden sich die Amerikaner an die Formel 1 so gewöhnen wie sie es an NASCAR oder andere Sportarten getan haben?"
Montoya: "NASCAR ist noch eine andere Sache, denn die fahren 32, 35 oder 36 Rennen. Zu viele... Ich habe mit Jimmy gesprochen und denke, dass in der NASCAR-Serie 20 Rennen hintereinander stattfinden. Aber die testen meines Wissens nach nicht die Autos. Sie ziehen von einem Rennen zum nächsten. Formel 1 ist wiederum ganz anders, schon allein wegen der Regeln. Wegen der eingesetzten Technik ist es offener, man kann mehr Dinge auswechseln und so. Es ist nicht wie bei NASCAR. Da gibt es nur drei Automarken oder? Ford, Dodge..."

Frage: "Es sind insgesamt fünf."
Montoya: "Aha, also ist es wenig wie CART. In der CART-Serie sucht man sich sein Chassis und seinen Motor aus. Hier in der Formel 1 hat man ein komplettes Paket. Man muss innerhalb der Regeln bleiben und versucht Stück für Stück etwas mehr Leistung zu finden. Der größte Unterschied ist aber der Motor, egal wer den besten Motor konstruiert. In der Formel 1 kann ich garantieren, dass wenn man sich 17 Rennen anschaut, das Auto in 14 dieser Grand Prix anders ist. Es gibt immer irgendetwas was anders, was neu ist. Das sind manchmal nur kleine Dinge, aber welche die das Auto schneller machen."

Frage: "Aber glaubst du, dass die Amerikaner der Formel 1 jemals den Stellenwert beimessen und die Aufmerksamkeit schenken werden wie es die Europäer oder Japaner tun?
Montoya: "Die Amerikaner sind ein wenig anders, jedoch gibt es sehr viele. Amerika ist so groß, dass ich denke, dass sie genug Fans für jede Serie haben. Ich denke, dass die Leute die die Formel 1 mögen, sie so mögen wie sie ist. Dass die Formel 1 hier in Indianapolis fährt ist doch schon eine starke Sache."

Frage: "Juan-Pablo, glaubst du, dass es vom Imagestandpunkt her für die Formel 1 nach den schrecklichen Problemen hier in Amerika gut war sich so schnell um das Rennen und seine Ausrichtung hier zu bemühen?"
Montoya: "Ja. Die Entscheidung wurde von den Organisatoren getroffen. Als Fahrer selbst habe ich kein Problem damit gehabt hierher zu kommen. Die Entscheidung war letztendlich nicht meine sondern deren, wirklich. Wir sind hier und sollten fahren. Ich gehe davon aus, dass es eine großartige Show wird und hoffentlich können wir ein gutes Ergebnis erreichen."

Folgen Sie uns!

F1-Tests: Zeiten, Termine, Statistiken

Exklusives Formel-1-Testcenter

Im F1-Testcenter finden Sie Zeiten, Termine und unzählige Statistiken zu den Testfahrten in der Formel 1!

Folge uns auf Facebook

Werde jetzt Teil der großen Community von Motorsport-Total.com auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über den Motorsport und bleibe auf dem Laufenden!