Jordan: "50 Sekunden fehlten zum Ruhm"
Große Enttäuschung bei Jordan am Tag nach Interlagos, weil Giancarlo Fisichella aus eigener Kraft gewinnen hätte können
(Motorsport-Total.com) - So bitter hat es noch selten in der Geschichte der Formel 1 ein Team erwischt: Zuerst Führung für Jordan-Ford und Fisichella im 200. Grand Prix, dann die schweren Unfälle von Webber und Alonso, Abbruch, Siegesjubel ? und ein paar Minuten später ein von der FIA zum erklärter Sieger Kimi Räikkönen...

© Jordan
Zunächst jubelte Giancarlo Fisichella noch über seinen vermeintlichen Sieg...
Eddie Jordan traute dem "Frieden" scheinbar von Anfang an nicht, blieb auf dem Kommandostand völlig konsterniert, während seine Mannschaft ihren ersten Sieg seit Monza 1999 feierte. Doch dann kam alles anders: Für das Endresultat wurde der Stand in der Runde vor dem Abbruch herangezogen, in der Fisichella noch nicht an Räikkönen vorbei war, und damit platzte auf einmal der bereits geträumte Traum von der großen Sternstunde.
Sieg wäre ohne Abbruch möglich gewesen
"50 Sekunden fehlten zum Ruhm", seufzte Jordan später in einer Stellungnahme für 'News 24'. "Mit unserer Strategie hätten wir das Rennen ohne den Abbruch gewinnen können. Es wäre ein Märchen gewesen, aber andererseits hätte ich jeden für verrückt erklärt, der uns prophezeit hätte, wir könnten hier auf das Podium fahren." So gesehen stimmte er seinem Schützling Fisichella zu, der sich auch über Platz zwei freuen konnte.
Gerade bei so verrückten Rennen wie gestern läuft das Jordan-Team immer wieder zu Bestform auf: Der erste Sieg gelang der Truppe im Regenchaos von Spa 1998, Heinz-Harald Frentzen doppelte bei klitschnasser Piste in Magny-Cours 1999 nach. Die Strategie damals in Frankreich war genau dieselbe wie gestern: Während einer frühen Safety-Car-Phase voll tanken, durchfahren ? und auf ein bisschen Glück hoffen.
Fisichella, der diese Taktik mit einer fehlerfreien Fahrt perfekt umsetzte und in den letzten Runden des Rennens der schnellste Mann auf der Strecke war, hätte wohl bei regulärem Verlauf ? trotz McLaren-Mercedes ? die besten Karten auf den Sieg gehabt, wie er selbst beteuerte. Es wäre zwar mit dem Sprit "ganz knapp" geworden, gab er zu, "aber am Anfang hatte ich viel Benzin an Bord und der Intermediate-Reifen war gut und von daher..."
Fisichella: Noch immer ohne Grand-Prix-Sieg
Inzwischen hat der zweifellos talentierte Römer mehr als 100 Grand-Prix-Teilnahmen auf dem Buckel, aber den so sehnlichst herbeigewünschten Premierensieg wird er wohl weiterhin jagen müssen. Jordan empfand daher großes Mitleid für den 30-Jährigen: "Ich habe nachher zu Gary (Anderson; Anm. d. Red.) gesagt, er soll zählen, wie oft er schon in Führung gelegen ist. Es muss Giancarlo das Herz gebrochen haben, ich leide mit ihm."
"Wir alle haben geglaubt, dass er es diesmal endlich geschafft hat", ergänzte der 55-Jährige. "Giancarlo ist sicher der talentierteste Fahrer in der Geschichte der Formel 1, der nie ein Rennen gewonnen hat." Andererseits brauchte auch ein späterer Doppelweltmeister wie Mika Häkkinen fast 100 Anläufe, bis es in Jerez 1997 endlich für ihn klappte, und Rubens Barrichello war in Hockenheim 2000 schon jenseits der 100er-Marke...
Fisichella selbst trug den Rückschlag mit Fassung: "Es war kurz ein magischer Moment. Das Auto war unglaublich nervös und es gab eine Menge Aquaplaning, aber ich glaube trotzdem, einen guten Job gemacht zu haben. Darüber freue ich mich sehr. Es ist fantastisch und ein Dankeschön ans Team von dieser Stelle aus. Klar bin ich enttäuscht, denn ich hätte den Sieg drauf gehabt, aber wegen der Regeln hat es nicht sein sollen."

