• 05.07.2004 12:47

  • von Marco Helgert

Jean Todt: "Wir mussten dieses Risiko eingehen"

Ferraris Teamchef über die gewagte Strategie mit vier Boxenstopps und die anhaltende Erfolgsserie von Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Jean Todt feierte am Rande des Frankreich-Grand-Prix' in Magny-Cours ein unrundes Jubiläum. Am 1. Juli 1993 trat er bei Ferrari den Posten als Teamchef an, seither stellte sich langsam aber sicher der Erfolg bei den Roten wieder ein, der in vier Siegen der Fahrerweltmeisterschaft und fünf Konstrukteurstiteln gipfelte. Auch das Rennen in Magny-Cours konnte Michael Schumacher wieder gewinnen, doch ein besonderer Erfolg sei es nicht gewesen, trotz der strategischen Schachzüge.

Titel-Bild zur News: Ferrari-Teamchef Jean Todt

Ferrari-Teamchef Jean Todt erwartet weitere enge Rennen

"Das Rennen hinterlässt keinen besonderen Geschmack", erklärte er Reportern nach dem Rennen. "Es ist ein glorreicher Sieg gewesen, wie viele andere Siege in der Vergangenheit auch. Dieser Sieg wurde unter schwierigen und engen Verhältnissen errungen, aber das macht ihn nicht herausragender als andere."#w1#

"Es war ein schwieriges Rennen", fuhr er fort, "am Ende lagen zehn Fahrer in der selben Runde." Schumacher musste hart für seinen Sieg kämpfen, denn Fernando Alonso im Renault war mehr als nur ein ernst zu nehmender Gegner. "Es ist schon eine Weile her, dass wir solch ein Rennen gesehen haben. Wir mussten eine gewagte Strategie fahren, und Rubens nahm am Ende des Rennens das Risiko eines Überholmanövers auf sich."

Strategie war von langer Hand geplant

Für besondere Aufregung sorgte dabei die Vier-Stopp-Strategie von Michael Schumacher. Um am führenden Fernando Alonso vorbeiziehen zu können, schob der Weltmeister einen zusätzlichen Halt ein, um mit wenig Benzin den nötigen Vorsprung herausfahren zu können. Jean Todt erklärte, dass diese Möglichkeit bereits weit vor dem Rennen besprochen wurden.

"Wir wussten seit Freitag, dass diese Situation möglich sein würde", so der Franzose. "Wie sich das Rennen dann entwickelte, wussten wir, dass wir diese Option haben würden. Die Entscheidung kam von den Jungs an der Boxenmauer. Es gab das Risiko, dass wir nur Zweiter werden würden, also entschieden wir uns für diese Richtung. Wir hatten gehofft, dass es aufgehen würde, und das ist es ja schließlich auch."

Weitere enge Rennen könnten folgen

"Wir mussten dieses Risiko eingehen, denn ansonsten wäre der Erfolg nicht garantiert gewesen. Niemand weiß, ob Michael Alonso hätte überholen können. Der wahrscheinlich einzige Weg, es zu schaffen, war der Versuch eines zusätzlichen Boxenstopps", fuhr er fort. Doch diesen hätte man nicht unter allen Umständen absolviert. "Wenn drei oder vier Autos nur vier, fünf oder sechs Sekunden hinter uns gewesen wären, dann hätten wir es nicht gemacht. Aber Trulli lag 20 Sekunden zurück, das hat uns geholfen."

Dabei habe der Frankreich-Grand-Prix eine Annahme bereits bestätigt. "Wir wussten, dass der zweite Teil der Saison wahrscheinlich enger werden würde, und das wird wohl auch so geschehen. Dieses Rennen war schon sehr eng", so Todt, der noch immer fürchtet, dass Michelin in Zukunft mit einem überlegenen Reifen zu einem Rennen kommt.

Jean Todt lobt die Arbeit von Bridgestone

"Wir müssen zumindest gleichwertig sein", erklärte er. "Im Moment scheint Michelin über eine Runde etwas besser zu funktionieren, aber bei der Haltbarkeit und der Konstanz ist Bridgestone besser. Wir hatten hier hohe Temperaturen. Wenn man auf das vergangene Jahr blickt, dann ist es unglaublich, wie sehr Bridgestone mit Ferrari gearbeitet hat, um die Situation zu verbessern."

Auch nach dem großartigen Sieg in Magny-Cours fühlt sich Jean Todt nicht stolzer als zuvor. "Mein Stolz ist gegenüber dem Rennen von vor zwei Wochen nicht gewachsen", so der Franzose. "Ich bin stolz, der Patron von Ferrari sein, der Führer dieses Teams. Und ich liebe alle, die in diesem Team arbeiten."