• 16.11.2001 13:05

  • von Marcus Kollmann

Interview mit Hirohide Hamashima

Der Leiter der Reifenentwicklung von Bridgestone spricht über die Saison 2001, die neuen Reifen und die Konkurrenzsituation

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Herr Hamashima, wie bewerten Sie Bridgestones Leistung in diesem Jahr?"
Hirohide Hamashima: "Insgesamt würde ich sagen, dass die gut war. Ich bin grundsätzlich mit unserer Performance zufrieden. Wir haben erlebt, dass die Rundenzeiten im Schnitt um 2,5 Sekunden gefallen sind, was an Verbesserungen der Autos, Motoren und Reifen - welche meiner Meinung je zu 33 Prozent dafür verantwortlich waren - lag. Und wir waren auf einigen der als 'technisch' charakterisierten Strecken wesentlich schneller. Hinzukommt, dass Michael Schumachers in Suzuka gefahrene Pole-Position-Rundenzeit außergewöhnlich, und weit schneller als ich das jemals für möglich gehalten hatte, war. Das wurde aber einzig durch Michaels Fahrstil und die Arbeit des Teams ermöglicht - durch nichts anderes sonst."

Titel-Bild zur News: Bridgestone-Techniker

Auch 2002 werden die Birdgestone-Techniker ihr Bestes geben

Frage: "Bridgestone hat von 17 Grand Prix dreizehn gewinnen können. Hatten Sie mit diesem Kräfteverhältnis gerechnet?"
Hamashima: "Nein, ehrlich gesagt hatte ich damit nicht gerechnet. Ich hatte erwartet, dass die Autos auf unseren Reifen mehr Siege und Podiumsplätze holen würden. Wie dem auch sei, während der Saison ist das Williams-BMW-Package stärker geworden und hat uns so einige Siege weggenommen."

Frage: "Eine von Bridgestones Stärken in diesem Jahr war die Konstanz. Wie wurde diese erreicht? Haben die Ingenieure daran besonders gearbeitet?"
Hamashima: "Tatsächlich muss man bis in die frühen 80er-Jahre zurückgehen, wo wir in der F2 mit hohem Reifenverschleiß kämpften. Danach änderten wir unsere Ausrichtung in der Entwicklung und konzentrierten uns mehr auf Grip und Konstanz. Seit damals ist unsere Technologie Jahr für Jahr verbessert worden. Viele Jahren harter Arbeit waren notwendig, jedoch sind unsere Standards in Sachen Konstanz seither viel besser geworden und die Formel 1 hat davon direkt profitiert, denn wir können nun Reifen zur Verfügung stellen die exzellente Konstanz bieten."

Neuer Reifen für 2002 wird demnächst im Labor getestet

Frage: "Haben Sie die Konkurrenzsituation in diesem Jahr genossen?"
Hamashima: "Ja. Der einzige Reifenlieferant zu sein, so wie das 1999 und 2000 der Fall war, ist nun einmal eine ziemlich eintönige Sache. Wir begrüßen den Wettkampf und genießen diesen und freuen uns wenn wir einen Rivalen besiegen."

Frage: "Wie wird Bridgestone in Sachen Entwicklung der Reifen für 2002 auf die Bereiche in welchen man in diesem Jahr nicht so stark war eingehen?"
Hamashima: "Im Augenblick werten wir unsere Ergebnisse und die Daten dieser Saison umfassend aus. Diese Analyse ist notwendig, denn so findet man die Richtung, die man für die Entwicklung für 2002 einschlagen muss, heraus. Darüber hinaus bekommen wir reichlich Rückmeldungen von unseren Teams - sowohl bei den Rennen und den Testfahrten. Zusätzlich dazu treffen sich unsere Ingenieure mit den Teams mehrere Male in den Wintermonaten. Bei diesen Treffen wird dann über die Performance in diesem Jahr gesprochen und sich ausgetauscht wie man Fortschritte machen kann und in welche Richtung wir die Entwicklung für die kommende Saison ausrichten sollen."

Frage: "Bei der Bridgestone-Pressekonferenz in Tokio, im letzten Monat, hat Michael Schumacher gesagt, dass seiner Meinung nach von Bridgestone mehr als die in diesem Jahr entwickelten 120 Reifenspezifikationen kommen müssen. Wie sehen Sie das? Ist das notwendig?"
Hamashima: "Nun, die Anzahl ist nicht so wichtig, zumindest so lange die Qualität und die Leistungsfähigkeit stark ist. Wenn wir weniger Spezifikationen produzieren, mit denen dann aber Rennen gewonnen werden können, so ist das letztendlich doch wichtiger als die reine Zahl an entwickelten Reifenspezifikationen. Aber es könnte sein, dass wir für nächste Saison mehr Reifen zu Testzwecken herstellen werden."

Frage: "Ferrari hat in diesem Jahr klar dominiert. Wie geht Bridgestone mit dem Wunsch Ferraris, die natürlich an der Spitze der anderen Bridgestone-bereiften Teams bleiben wollen, um?"
Hamashima: "Der Schwerpunkt liegt darauf, dass wir Reifen produzieren die insgesamt besser sind, besser für alle Teams. Selbstverständlich wollen wir allen unseren Teams helfen konkurrenzfähig zu sein. Deshalb hören wir auch allen während der Testfahrten genau zu."

Frage: "Bei einigen Rennen in dieser Saison haben wir gesehen, dass die konkurrenzfähigeren Bridgestone-Teams eine andere Reifenwahl getroffen haben als der Rest der Teams. In welcher Hinsicht benutzen einzelne Autos/Fahrer ihre Boliden anders, und was können sie tun, damit alle konkurrenzfähig sind?"
Hamashima: "Das Reglement schreibt vor, dass wir nur zwei Reifenspezifikationen zur Verfügung stellen können. Die Teams treffen dann die Wahl mit welchem Reifen sie das Rennen bestreiten, was letzten Endes aber von der Wahl der Fahrer und der Strategie des Teams abhängig ist. In dieser Hinsicht hat jeder, der für sich selbst auf den entsprechenden Strecken die richtige Reifenwahl trifft, die Chance konkurrenzfähig zu sein."

Bridgestone verfolgt eine andere Strategie in der Reifenentwicklung als Michelin

Frage: "Im Gegensatz zur Konkurrenz haben die Bridgestone-bereiften Fahrer in dieser Saison keine angefahrenen Reifen benutzt. Sind die Reifen von Bridgestone so konzipiert, dass sie nur in neuem Zustand eingesetzt werden können?"
Hamashima: "Die Reifen sind in diesem Jahr oftmals das Thema vieler Diskussionen gewesen, was uns natürlich erfreut hat, denn es zeigte, dass großes Interesse an unserer Technologie besteht. Die Debatte darüber, ob denn nun die Leistungsfähigkeit der Rillenreifen besser ist wenn man diese vorher anfährt, ist wirklich eine interessante Sache. Gegenwärtig gibt es keine Regel der FIA die den Einsatz von angefahrenen Reifen im Rennen regelt. Und es gibt auch keine Regel was die Tiefe der Rillen am Ende eines Rennens anbelangt. Als die Rillenreifen neu eingeführt wurden haben wir mit der FIA diese Dinge besprochen, denn wir wollten wissen was ihre Absichten hinter diesen Regeln waren. Wir konstruieren unsere Reifen so, dass diese eingesetzt werden können wenn sie neu sind, denn dann sind sie am konkurrenzfähigsten. Wir respektieren die Regeln der FIA und werden auch weiterhin dafür sorgen diese selbst einzuhalten."

Frage: "Wie schreiten die Entwicklungsarbeiten für 2002 voran? Ist der erste Prototypen-Reifen bereits einsatzbereit und fertig gestellt?"
Hamashima: "Die Entwicklung verläuft gut und wir liegen in unserem Zeitplan. Unsere neue Reifenkonstruktion ist bereits fertig, jedoch gibt es noch etwas Arbeit mit der Reifenmischung. Wie dem auch sei, der erste Protoypen-Reifen wird schon sehr bald fertig sein. Später in diesem Monat wird er im Labor getestet. Zur gleichen Zeit entwickeln wir dann den zweiten Prototypen, welcher bei der Wiederaufnahme der Testfahrten im Januar zum Einsatz kommen wird."

Das Ziel von Bridgestone lautet, Michelin weiterhin überlegen zu sein

Frage: "Nehmen wir einmal an, dass Bridgestone nächste Saison weniger Teams beliefern wird. Wird das auf die Entwicklung der Reifen Auswirkungen haben?"
Hamashima: "Ja, ganz klar, denn mit weniger Teams kann man nun einmal weniger Kilometer abspulen. Aber ich bin sicher dass alle unsere Teams bei den Testfahrten mit uns kooperieren und so viele Informationen wie möglich mit uns teilen werden. Ich erwarte keine Nachteile für uns. Einige unserer Teams haben uns sogar ein Team allein zum Reifen testen angeboten; zusätzlich zu ihrem Testteam wohlgemerkt. Das dürfte unsere Entwicklungskapazitäten also noch weiter ausbauen und verbessern."

Frage: "Gehen Sie davon aus, dass der Wettstreit nächste Saison härter zugehen wird?"
Hamashima: "Das glaube ich in der Tat. Unser Konkurrent verfügt nun über Daten und Erfahrungen auf allen Strecken, weshalb wir von ihnen eine stärkere Vorstellung im kommenden Jahr erwarten dürfen. Wie dem auch sei, wir werden selbstverständlich härter arbeiten, sodass wir unseren Vorsprung ihnen gegenüber behalten werden. Ich bin sicher, dass sich beide Reifenhersteller mit Beginn der Testfahrten im Januar genau beobachten werden. Das wird uns sicherlich Aufschluss über unser Leistungsvermögen im Vergleich zu dem unseres Konkurrenten geben."

Frage: "Zum Abschluss die folgende Frage: Was sind die Hauptziele für die kommende Saison?"
Hamashima: "Wir wollen unseren Teams helfen so viele Punkte wie möglich bei jedem Rennen zu holen, sodass ein Bridgestone-bereiftes Team am Ende die Weltmeisterschaft gewinnt."

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