"Horner-Leak": Anonymer Absender verschickt 79 Dateien!

79 Dateien, die die Formel 1 in Aufregung versetzen: Am Donnerstag sind private Nachrichten zwischen Christian Horner und einer Red-Bull-Mitarbeiterin geleakt

(Motorsport-Total.com) - Es brodelt hinter den Kulissen der Formel 1! Das zweite Freie Training beim Saisonauftakt in Bahrain war noch am Laufen, da landete in den Postfächern zahlreicher Journalisten eine E-Mail mit dem Absender febtwentyninth@*****.com. Der Inhalt: höchst explosiv.

Titel-Bild zur News: Christian Horner

Christian Horner steht nach einem pikanten Datenleck im Mittelpunkt Zoom

"Nach Red Bulls jüngster Untersuchung und den offiziellen Statements werden Sie interessiert sein, das angehängte Material zu sehen", steht im Textkörper der E-Mail, die an über 100 Empfänger versendet wurde. Darunter Journalisten, hochrangige Mitarbeiter der Formel 1 und der FIA, Teamchefs mehrerer Rennställe - und, interessanterweise, Jos Verstappen, der Vater von Max.

In einem insgesamt 170 Megabyte starken Archiv mit 79 Dateien finden sich zahlreiche Screenshots aus privaten Nachrichten zwischen Red-Bull-Teamchef Christian Horner und jener Mitarbeiterin, die gegen ihn Vorwürfe wegen grenzüberschreitenden Verhaltens bei der Compliance der Red Bull GmbH erhoben hat.

Der Redaktion von Motorsport-Total.com liegt das Archiv vor. Die Echtheit der Screenshots ist für unsere Redaktion zum jetzigen Zeitpunkt nicht überprüfbar. Red Bull bestätigt diese auf Anfrage nicht. Deswegen, und aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre der beteiligten Personen, nehmen wir davon Abstand, Inhalte aus dem Archiv zu veröffentlichen.

Das sagt Christian Horner zum Datenleck

Horner selbst möchte sich "nicht zu anonymen Spekulationen äußern, aber ich möchte noch einmal betonen, dass ich die Anschuldigungen stets zurückgewiesen habe. Ich habe die Integrität der unabhängigen Untersuchung respektiert und bei jedem Schritt voll kooperiert."

"Es war eine gründliche und faire Untersuchung, von einem unabhängigen Fachanwalt durchgeführt, und die mit der Abweisung der Beschwerde abgeschlossen wurde. Ich konzentriere mich voll und ganz auf den Beginn der Saison."

Helmut Marko, Motorsportkonsulent von Red Bull, hatte vom "Horner-Leak" noch gar nichts mitbekommen, als er in Bahrain darauf angesprochen wurde. Die Bild-Zeitung zitiert ihn mit den Worten: "Da bin ich baff und überrascht, dass die Dokumente geleakt sind. Ich selbst habe die nie gesehen."

Doch das "Horner-Leak" ist im Paddock in Bahrain am Donnerstagabend klarerweise das dominierende Gesprächsthema. Während die meisten Medien nicht konkret über Inhalte des Archivs berichten, leaken auf Social-Media-Plattformen erste Auszüge daraus. Darunter nicht nur Screenshots, sondern auch Fotos und Videos.

Vorwürfe mangelnder Transparenz gegen Red Bull

Liebesbeziehungen zwischen Vorgesetzten und ihren Mitarbeitern sind in England nicht gesetzlich verboten. Innerhalb des Red-Bull-Konzerns gibt es zwar einen "Global Code of Business Conduct", intern nur "The Code" genannt. Dieser ist jedoch, anders als bei vielen anderen Weltkonzernen, nicht öffentlich auf der Red-Bull-Website abrufbar.

Für Horner könnte der Inhalt des Datenlecks auf rein beruflicher Ebene nur dann zum Problem werden, wenn der "Code" Liebesbeziehungen zwischen Vorgesetzten und ihren Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern ausdrücklich verbietet. Oder wenn er seine Führungsposition missbraucht hat, um Macht auszuüben.


Mangelnde Transparenz in der Horner-Affäre war schon vor dem Datenleck, in der FIA-Teamchef-Pressekonferenz am Donnerstag in Bahrain, ein heiß diskutiertes Thema. Dass Red Bull am Mittwoch nur ein knappes Statement veröffentlicht hat, empfinden viele Beobachter der Szene als nicht transparent genug.

Toto Wolff etwa sagt: "Meine persönliche Meinung ist, dass wir nicht wirklich hinter den Vorhang schauen können. Letzten Endes hat eine Dame in einer Organisation mit der Personalabteilung gesprochen und gesagt, dass es ein Problem gibt, das untersucht wurde. Und gestern hat der Sport die Nachricht erhalten, dass alles in Ordnung ist und wir uns die Sache angesehen haben."

"Ich glaube, dass wir als globaler Sport bei solch kritischen Themen mehr Transparenz brauchen. [...] Wir können es uns nicht leisten, Dinge nur vage zu benennen, besonders nicht bei so wichtigen Themen wie diesem. Sonst fliegt uns das eines Tages um die Ohren. Wir leben nun einmal in einer supertransparenten Welt. Dinge kommen immer irgendwann raus."

Wolff hält es für "kurzsichtig, zu versuchen, so etwas unter Verschluss zu halten", und er findet, dass die Formel 1 "nicht so modern ist, wie die Dinge in der echten Welt heutzutage nun mal laufen. Aber vielleicht leben wir da in der Formel 1 in unserer ganz eigenen Blase - und denken, das wäre okay."

McLaren-CEO fordert unabhängige Einschätzung der Untersuchung

McLaren-Teamchef Zak Brown schlägt vor, dass sich der Automobil-Weltverband FIA die Horner-Affäre etwas genauer ansehen sollte. Erst wenn unabhängige Organisationen "zu denselben Schlussfolgerungen kommen wie Red Bull und mit dem Ergebnis der Untersuchung einverstanden sind", werde man "einen Schlussstrich ziehen" können.

"Bis dahin wird es meiner Meinung nach weiterhin Spekulationen geben, und ich glaube nicht, dass das gut für den Sport ist. Ich denke, wir alle in der Formel 1 sind Botschafter für den Sport, auf und neben der Strecke, und deshalb denke ich, dass sie sicherstellen müssen, dass die Dinge völlig transparent waren und gründlich gehandhabt wurden", sagt Brown.

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Max Verstappen Fanartikel

"Die Verantwortung dafür liegt letztendlich bei den Organisatoren der Formel 1. Sie müssen sicherstellen, dass die Teams und deren Personal und Fahrer und alle anderen Beteiligten in einer Weise arbeiten, die mit unseren Werten übereinstimmt. Ich finde nicht, dass die Teams das selbst kontrollieren sollten."

"Meiner Ansicht nach ist es letztendlich Aufgabe der FIA und der Formel 1, solche Entscheidungen zu treffen, und die entscheidenden Fragen zu stellen, welches Maß an Transparenz notwendig ist, um ein Urteil zu fällen. Wir müssen uns darauf verlassen, dass sie dieser Aufgabe nachkommen, im Interesse aller Beteiligten", sagt Brown.

Datenleck: Kommt da noch mehr?

Unklar bleibt, ob es über das Datenleck hinaus weitere Beweise gibt, oder was genau die betroffene Mitarbeiterin bei ihrer Befragung durch den zuständigen Ermittlungsanwalt ausgesagt hat. Das war Gegenstand der Untersuchung, die Horner laut offiziellem Red-Bull-Statement entlastet - ist aber nicht Inhalt der 79 geleakten Dateien.

Wer sich hinter der anonymen E-Mail-Adresse febtwentyninth@*****.com verbirgt, ist nicht bekannt. Klar ist eins: Es muss jemand sein, der Christian Horner als Teamchef von Red Bull Racing zu Fall bringen möchte.

Und es gilt als durchaus denkbar, dass das Datenleck vom Donnerstag noch nicht der letzte Schuss war, der in der Angelegenheit abgefeuert wurde. Denn in Bahrain kursieren bereits Gerüchte, dass weitere Dateien existieren, die noch nicht geleakt wurden ...

Für Christian Horner gilt unverändert die Unschuldsvermutung. Im Zuge der vom Red-Bull-Konzern beauftragten Untersuchung wurde er am Mittwoch entlastet. Er selbst hatte zuletzt stets beteuert: "Ich bestreite alle Vorwürfe, die gegen mich gemacht wurden."