Hamashima: Freuen uns auf ein positives Saisonende
Bridgestone Motorsports Chef der Reifenentwicklung im ausführlichen Interview zum kontroversen Reifenkrieg und die Testfahrten in Monza
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Herr Hamashima, Sie haben bereits zwei Tage lang ein intensives Reifentestprogramm mit allen fünf Bridgestone-Teams durchgeführt. Welche Reifen haben Sie mitgebracht und wie gehen die Dinge voran?"
Hirohide Hamashima: "Wir haben eine Vielzahl an neuen Mischungen und Konstruktionen, inklusive einer zukünftigen Reifenkonstruktion hier dabei. Diese zukünftige Reifenkonstruktion wird nicht mehr in dieser Saison eingesetzt werden, doch wir hoffen, dass wir sie im nächsten Jahr verwenden können. Alles in allem haben wir ungefähr 20 neue Spezifikationen, von denen die Hälfte neu sind, und um die 2.000 Reifen mitgebracht. Einige dieser Reifen sind direkt aus Bridgestones Reifenfertigung in Tokio gekommen."

© Bridgestone Motorsport
Yamashima hofft auf ein erfreuliches Ende der Saison 2003
"Grundsätzlich sind die Tests mit den üblichen, gelegentlichen Unterbrechungen vonstatten gegangen und ganz produktiv gewesen. Wir konnten überwiegend bei trockener Strecke fahren, doch gestern Morgen hat es auch geregnet. Wir waren so in der Lage einige gute Regenreifentests durchzuführen, bei denen wir die Haltbarkeit und den Griplevel unserer Regenreifen überprüft haben."
Bridgestone hat in den letzten Wochen hart gearbeitet
Frage: "Angesichts des Umstandes dass es in der Meisterschaft so eng zugeht und nur noch drei Rennen zu fahren sind, wie gedenkt Bridgestone da zurückschlagen zu können?"
Hamashima: "Ganz einfach: Wir müssen die besten Reifen herstellen. Wir haben die vergangenen Wochen äußerst hart gearbeitet und haben hier in Monza bei den Tests große Bemühungen unternommen von denen hoffentlich alle unsere Teams profitieren werden."
Frage: "Die FIA hat vor kurzem ein Fax bezüglich der Breite der Lauffläche der in der Formel 1 verwendeten Vorderreifen verschickt. Ross Brawn hat erklärt, dass die Informationen die dazu geführt haben dass Ferrari gegenüber der FIA vorstellig werden konnte von Bridgestone kamen. Könnten Sie bitte erklären wie und wann sie die Informationen darüber erlangt haben, dass die Vorderreifen ihres Rivalen breiter als erlaubt waren?"
Hamashima: "Es stimmt, dass wir schon einige Zeit lang einen Verdacht in dieser Angelegenheit hatten. Wir bekamen diese Information aber erst beim Ungarn-Grand Prix in Form von fotografischen Beweisen und konnten deshalb auch nicht vorher etwas unternehmen. Ich weiß sehr wohl, dass es einige Skeptiker gibt die das Timing komisch finden. Es ist jedoch so, dass wir Ferrari diese Fotos gezeigt und anschließend ausführlich mit ihnen darüber diskutiert haben. Ich weiß auch, dass sie die Entscheidung, die FIA zu kontaktieren, sehr ernst genommen haben."
Bridgestone: FIA darf unsere Reifen gerne kontrollieren
Frage: "Und wie ist Bridgestones Meinung in dieser Angelegenheit? Sind Sie glücklich, dass Ihre Reifen jetzt nach einem Rennen kontrolliert werden?"
Hamashima: "Ja, natürlich. Die FIA ist herzlich eingeladen unsere Reifen zu kontrollieren. Bridgestone hat immer versucht den Bestimmungen vollständig zu entsprechen und die Lauffläche unserer Reifen übersteigt folglich keine 270 mm, weder im Stillstand noch wenn die Reifen benutzt werden. Jedoch scheinen unsere Rivalen eine andere Interpretation der Bestimmungen zu haben und aus diesem Grund begrüßen wir die Klärung des Sachverhalts durch die FIA."
Frage: "Ist das alles ein Versuch die Meisterschaft, in der die Konkurrenz stärker gewesen ist, wieder vom Kräfteverhältnis auszugleichen?"
Hamashima: "Nein, es ist lediglich der Versuch das zu tun was richtig ist. Informationen dieser Wichtigkeit und Bedeutung konnte man einfach nicht ignorieren."
Beschwerde einzulegen ist Sache der betroffenen Teams
Frage: "Warum hat Bridgestone keine formelle Beschwerde bei der FIA eingelegt?"
Hamashima: "Unserer Ansicht nach sollte man sich daran erinnern, dass es die Teams sind die sich im Wettstreit miteinander befinden und wir ja nur ein offizieller Ausrüster sind. Es stimmt, wir spielen eine wichtige Rolle, doch diese sollte nicht größer als die der Teams sein. Die Leute die am meisten von Angelegenheiten dieser Natur beeinflusst werden sind die Teams und Fahrer. Letztlich ist es eine Teamentscheidung, ob man sich an die FIA wendet oder nicht."
Frage: "Welchen Leistungsvorteil würde man durch eine breitere Auflagefläche des Reifens gewinnen?"
Hamashima: "Eine breitere Auflagefläche bedeutet zunächst einmal mehr Grip, denn es ist mehr Gummi in Kontakt mit der Streckenoberfläche. Das kann sich sowohl beim Bremsen als auch speziell in den Kurven von Vorteil erweisen. Durch eine breitere Auflagefläche kann der Fahrer später in die Kurve hineinbremsen und diese schneller durchfahren und schließlich schneller verlassen. Auf Strecken wie Magny-Cours, Hockenheim und Monaco, die alle mittelschnelle Kurven besitzen, kann eine breitere Auflagefläche ein Vorteil sein."
"Vielleicht sollte man aber auch die Geschichte hinter dieser Angelegenheit sehen und sich erinnern, dass in der Formel 1 ursprünglich Slicks verwendet wurden. Mit den zunehmenden Geschwindigkeiten entschied sich die FIA jedoch dazu die Autos einzubremsen und führte 1998 die Rillenreifen ein. Doch selbst als die Reifen vorne nur drei Rillen hatten sind die Rundenzeiten weiter gefallen, was im sportlichen Wettbewerb jedoch nicht ungewöhnlich ist. Aus diesem Grund wurde dann eine vierte Rille vorgeschrieben, welche die Schulterfläche verringern sollte und dies ist der jetzige Stand."
"Angesichts der Besorgnis der FIA und ihrem Anliegen die Geschwindigkeiten zu kontrollieren, und die Maßnahmen einbeziehend die notwendig waren um das in den Griff zu bekommen, wäre es überraschend wenn die Bestimmungen so interpretiert werden sollen, dass die Auflagefläche breiter werden und die Geschwindigkeiten steigen sollen."
Regeländerung der FIA beeinflusst Bridgestone nicht im Geringsten
Frage: "Und wie wird die Klarstellung jetzt die Meisterschaft beeinflussen?"
Hamashima: "Das hängt davon ab ob sich jemand veranlasst sieht ein anderes Reifendesign zu verwenden und ob sich das auf ihre Leistungsfähigkeit auswirken wird. Bridgestone oder unsere Teams beeinflusst das nicht, denn wir werden damit fortfahren unsere Vorbereitungen für die letzten drei Rennen der Saison ungehindert und zielstrebig durchzuführen."
"Wir treten an um zu konkurrieren und freuen uns nun auf ein positives Ende unserer Saison. Michael Schumacher führt die Fahrerwertung noch immer an - seit dem Großen Preis von Kanada - und wir beabsichtigen unser Bestes zu geben, um sicherzustellen, dass er und Ferrari die Weltmeisterschaftstitel verteidigen können. Wir würden aber auch gerne ein gutes Abschneiden unserer anderen vier Teams sehen."

