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  • 17.10.2007 18:58

Glock: "Hamilton ist nervenstark genug"

Timo Glock kennt Lewis Hamilton als GP2-Titelrivalen aus der vergangenen Saison bestens und analysiert das bevorstehende Titelrennen

(MST/Speed-Academy.de) - Es ist das dramatischste Finale seit 1986. Mit Lewis Hamilton, Fernando Alonso und Kimi Räikkönen reisen drei Fahrer mit Titelchancen zum WM-Endlauf in Interlagos, einem Vorort von Sao Paulo. Auch Timo Glock ist inzwischen unterwegs ins Millionen-Moloch an der brasilianischen Atlantik-Küste. Der 25-Jährige aus dem Odenwald ist als Ersatzfahrer fürs BMW Sauber F1 Team vor Ort.

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Timo Glock glaubt, dass Lewis Hamilton die Katze fast schon im Sack hat

Glock kennt den WM-Spitzenreiter Hamilton aus einer gemeinsamen Saison in der GP2 im letzten Jahr. Damals konnte der Deutsche den Briten in der zweiten Saisonhälfte einige Male in Schach halten. "Er hat zwar ein paar Fehler gemacht, als er unter Druck von Nelson Piquet jr. oder mir geriet - aber die Meisterschaft letztlich doch souverän klargemacht", erinnert sich der Deutsche. "Da hat er gezeigt, dass er nervenstark genug ist, auch einer Drucksituation wie der jetzigen klarzukommen. Ich gehe davon aus, dass er es am Sonntag machen wird."#w1#

Dass Hamilton gleich in seiner ersten Saison Weltmeister werden kann, hat den GP2-Champion überrascht. "Nach dem einen gemeinsamen Jahr in der GP2 ging ich zwar davon aus, dass er vorn mitfahren kann. Aber dass er gleich Weltmeister wird - damit hätte ich nicht gerechnet. Das ist eine absolute Ausnahme; man muss ihm sehr hoch anrechnen, wie er sich in der Formel 1 eingefunden hat."

"Ich weiß ja aus eigener Erfahrung, dass man in der Formel 1 nicht nur schnell Auto fahren können muss, um erfolgreich zu sein. Da spielen eine ganze Menge anderer Faktoren mit rein - angefangen von der Zusammenarbeit mit den vielen Mitgliedern eines Teams, das im Vergleich zu den Rennställen in allen anderen Serien wirklich riesig ist, bis hin zur Technik, die einem unendlich viele Möglichkeiten bietet. Das muss man in seinem ersten Jahr alles erstmal so gut auf die Reihe kriegen, wie Lewis das geschafft hat."

Seine Prognose pro-Hamilton begründet er vor allem auf dem Vorsprung, den der britische McLaren-Mercedes-Pilot mit nach Brasilien bringt. "Er liegt vier Punkte vorn. Ihm reicht es also, einfach nur hinter Alonso herzufahren - selbst wenn der das Rennen gewinnt. Und Alonso muss gewinnen. Dass er Hamilton ins Auto fährt, kann ich mir nicht vorstellen."

"Ein solch offensichtliches Foul kann sich in der heutigen Formel 1 eigentlich keiner mehr leisten. Kimi Räikkönen ist wahrscheinlich der nervenstärkste der drei Titelanwärter. Aber dessen Rückstand ist schon zu groß. Er muss darauf hoffen, dass vor ihm etwas Außergewöhnliches passiert. Aber das ist nicht sehr wahrscheinlich..."

Glock verfolgt den Titelkampf mit einem wachen Auge, "weil ich das Rennen vor Ort gucken werde. Aber es ist nicht so, dass ich voller Anspannung vor dem Fernseher sitzen werde. Natürlich interessiert mich der Ausgang, und natürlich spricht viel für ein packendes Finale. Aber ich werde nicht vor Aufregung vom Sessel fallen."

In letzter Zeit haben sich Entscheidungen, die sich über Wochen zu Mega-Showdowns hochgeschaukelt hatten, allzu oft als lahme Veranstaltungen ohne Pepp und Aufreger entladen. Da war 1986 noch mehr los - Nigel Mansell verlor den schon sicher geglaubten Titel in Adelaide wegen eines Reifenschadens. Nutznießer war damals nicht etwa Nelson Piquet, Mansells Teamkollege und dem Engländer ähnlich zugetan wie Platzhirsch Alonso dem jungen Hamilton heutzutage.

Die Situation bei Williams gleicht der heurigen bei McLaren wie ein Abziehbild. Und der große Profiteur des teaminternen Hassduells war McLaren-Fahrer Alain Prost, der einen hohen Rückstand in den WM-Titel ummünzte. Der Franzose nahm weiland jene Rolle ein, die nun Räikkönen bekleidet.

Glock bekam von diesem Thriller in Australien 1986 nichts mit. "Damals war ich gerade mal vier Jahre alt", zuckt er mit den Schultern. "Damals habe ich noch keine Formel 1 geguckt. Aber vielleicht wird es am Wochenende in Sao Paulo ja ähnlich dramatisch..."