• 07.09.2001 14:08

  • von Marcus Kollmann

Flavio Briatore im ausführlichen Interview

Der Italiener äußert sich über Fisichella, Trulli, Button, den Renault-Motor und die Erwartungen für 2002

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - Flavio Briatore gehört in der Formel 1 auf Grund seiner teils sehr bewegten, teils mysteriösen Vergangenheit zu den interessantesten Personen. Der 51-Jährige zieht geschickt im Hintergrund die Fäden und hat viele der jungen oder viel versprechenden Rennfahrer vertraglich an sich gebunden, so scheint es. Als Managing Direktor von Benetton-Renault kümmert er sich seit Ende der letzten Saison intensiv um die Wiederherstellung der Konkurrenzfähigkeit des Teams, welches im kommenden Jahr als Renault-Werksteam an den Start gehen wird. Konnte das Team auf dem Hockenheimring mit den Plätzen vier (Fisichella) und fünf (Button) erstmalig eine Zielankunft beider Piloten in den Punkterängen in diesem Jahr feiern, gab es durch Giancarlo Fisichellas dritten Platz in Spa-Francorchamps einen weiteren Grund Champagner einzuschenken. Genauso wie das Benetton-Renault-Team in den letzten Wochen und Monaten wegen seiner Leistungen im Mittelpunkt des Medieninteresses stand, stand Briatore, an den Giancarlo Fisichella und Jarno Trulli in irgendeiner Form vertraglich gebunden sind, wegen des Cockpittausches der beiden Piloten im öffentlichen Blickpunkt. Nach dem Großen Preis von Belgien sprach der 51-Jährige über die Fahrer und Renaults Bemühungen, um 2002 insgesamt konkurrenzfähiger zu sein.

Titel-Bild zur News: Flavio Briatore

Flavio Briatore: "Ich kann das Licht am anderen Ende des Tunnels sehen"

Frage: "Was bedeutet Ihnen dieses Ergebnis [der dritte Platz Fisichellas in Belgien, Anm. d. Red.]?"
Flavio Briatore: "Das war sehr schön für das Team und ein sehr gutes Ergebnis für uns alle. Es war ein tolles Rennen, mit guten Boxenstopps und einer guten Strategie - alles war perfekt. Dieses Jahr war es bisher sehr hart für uns, aber es sieht so aus, als ob wir die richtige Richtung eingeschlagen haben."

Frage: "Insgesamt war es aber eine enttäuschende Saison. Wie schwierig aus Ihrer Sicht?"
Briatore: "Ehrlich gesagt wissen wir warum es nicht so gut lief. Wir waren uns darüber sehr im Klaren und Patrick Faure [Renault-Sport-Chef, Anm. d. Red.] hat gesagt, dass Renault 2002 in der Formel 1 wieder mitmischen wird. Wir kannten die Situation des Teams, wir kannten die Situation bei Benetton und ich war mir sicher, dass es mindestens eine Saison benötigen würde, um das Team zusammenzubringen. Aber jetzt, in diesem Moment, kann ich das Licht am Ende des Tunnels sehen. Es hat den Anschein, als ob wir das Auto in großem Stil verbessern und Schritt für Schritt wird auch der Motor besser. Wir müssen 2002, wenn Renault übernimmt, fertig sein."

Frage: "War es nicht ein Fehler, solch einen nicht intensiv getesteten Motor in diesem Jahr in den Rennen einzusetzen?"
Briatore: "Ich denke, dass wir ein wenig zu früh den Motor in das Auto gebaut haben, auf der anderen Seite haben wir aber auch die in den letzten zwei Monaten gemachten Fortschritte sehen können. Ich bin überzeugt, dass wir diese Fortschritte gemacht haben, weil wir diesen Motor im Rennen eingesetzt haben. Hätten wir das nicht getan, so würden wir eventuell in der Entwicklung hinterher sein. Am Ende ist es sicherlich eine schmerzhafte Erfahrung, jedoch auch die richtige Entscheidung."

Frage: "Welche Ziele haben Sie für diese Saison und das nächste Jahr?
Briatore: "Nun, ich will, dass wir zu den ersten vier oder fünf Teams gehören und ich möchte, dass wir uns von Monza an in der Top 10 qualifizieren. Dies hatten wir ja schon zu Saisonbeginn erklärt. Es wird sicherlich schwierig, denn der Wettkampf ist jetzt sehr hart, aber wir kennen die Formel 1 gut und ich selbst weiß auch, dass alles seine Zeit braucht. Wir werden weitere ein, zwei Jahre brauchen, bevor wir an der Spitze sein können. Nächstes Saison müssen wir aber zu den besten vier oder fünf Teams gehören."

Frage: "Mal realistisch gesprochen, wie lange wird es Ihrer Meinung nach dauern, bis das Team um die Weltmeisterschaft kämpfen kann?"
Briatore: "Das hängt von den Fahrern und so vielen anderen Sachen ab. Ich hoffe, sobald wie möglich. Ich weiß es aber ehrlich gesagt nicht. Warten wir einfach mal ab, ob wir diesen Winter gute Arbeit leisten. Wenn ich mir die Fortschritte des Teams in den letzten Monaten ansehe, und vorausgesetzt wir machen so weiter, dann können wir vielleicht nächstes Jahr schon überraschen."

Frage: "Weshalb wurde die Fahrerpaarung für 2002 verändert?"
Briatore: "Wie sie wissen, hatte Renault bei der Übernahme von Benetton die Option auf Fisichella und Trulli. Die Option auf Fisichella wurde nicht wahrgenommen, die auf Trulli schon. Nachdem das Team die Option verstreichen ließ, hat Jordan Fisichella verpflichtet und wir mussten die Option auf Trulli einlösen, es blieb uns ja keine andere Wahl. So einfach ist das."

Frage: "Wie sieht ihr Vertrag als Manager mit Jarno genau aus?"
Briatore: "Wir, Patrick Faure, Bruno Michel [Briatores Partner bei Supertec, Anm. d. Red.] und ich, haben in Barcelona bereits gesagt, dass das Management aller Fahrer zu jeweils 50 Prozent zwischen uns und Renault aufgeteilt ist. Ich selbst bin dafür nicht mehr verantwortlich, Bruno Michel ist das jetzt."

Frage: "Wie gut ist Jarno denn?"
Briatore: "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, jedoch denke ich, dass er nicht so schlecht ist, vor allem in der Qualifikation. Er war das gesamte Jahr über ja gut. Für Fisichella gilt das auch. Für mich sind diese beiden Fahrer vom gleichen Kaliber, sie sind genauso gut."

Frage: "Wird das Team Giancarlo vermissen?"
Briatore: "Wichtig ist, dass wir Freunde bleiben. Giancarlo versteht die Situation. Aber wir haben keine Probleme miteinander. In dem Moment, als ich die Option nicht wahrnahm und Jordan ihn verpflichtete, musste ich Trulli verpflichten."

Frage: "Und was ist mit Jenson?"
Briatore: "Jenson ist Mal gut und dann auch wieder nicht. Jetzt haben wir ein besseres Auto, also muss er jetzt auch bessere Arbeit leisten. Vorher konnten wir die Fahrer nur schwer bitten, dass sie ihren Job besser machen. Jenson war bei den Testfahrten in Barcelona mit dem Auto zufrieden und es sieht so aus, als ob es jetzt auch gut ist, insofern muss er jetzt auch etwas tun."

Frage: "Wird er definitiv nächste Saison für Renault fahren?"
Briatore: "Wir haben einen Vertrag mit ihm und ich denke, dass sich nichts ändern wird, jedoch muss ich ihn ein wenig wachrütteln."

Frage: "Sie sind in der letzten Saison nach mehreren Jahren Pause zurück in die Formel gekehrt. War das schwer, war die Arbeit die Sie bewältigen mussten hart?"
Briatore: "Ja, allerdings macht mir das so Spaß. Ich kenne die Formel 1 genau, schließlich habe ich dort 12 Jahre verbracht und zu einer Zeit habe ich drei Teams geleitet. Ich bin im Moment sehr glücklich und stolz auf meine Leute. Ganz einfach weil wir versuchen ein Team zu sein und Schritt für Schritt wird alles... Die Atmosphäre ist viel besser, die Harmonie zwischen den Franzosen und den Engländern ist wunderbar und die Resultate stellen sich auch ein. Wir sind sehr motiviert."

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