• 07.09.2001 12:47

Vor 40 Jahren in Monza: Trips stürzt Ferrari in ein Tal der Tränen

Mit dem Grafen, der posthum zum "Sportler des Jahres" erklärte wurde, starben damals 15 Zuschauer

(Motorsport-Total.com/sid) - Die Tifosi rüsten zur großen WM-Party für Michael Schumacher beim Heimspiel am 16. September in Monza, doch wenige Tage zuvor wird Ferrari an eines der traurigsten Formel-1-Kapitel erinnert. Denn dort, wo in der kommenden Woche das "Double" 2001 gefeiert wird, verunglückte vor 40 Jahren Wolfgang Graf Berghe von Trips tödlich. Mit dem Deutschen starben damals 15 Zuschauer durch umherfliegende Trümmer.

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Es war am 10. September 1961 um 15.04 Uhr: Vor der Curva Sud berühren sich bei etwa 260 km/h der Ferrari des Grafen und der Lotus von Jim Clark. Dann ging alles ganz schnell: Der Wagen des Deutschen schießt seitlich die Böschung hoch und bricht auseinander, Trips wird herausgeschleudert und fällt zurück auf die Piste. Tod durch Genickbruch heißt es später.

Sieger und damit Weltmeister wird der Amerikaner Phil Hill. Mit versteinerter Miene und Tränen in den Augen lässt er die Ehrung über sich ergehen. Keine Spur von Freude, sein Teamgefährte und Freund ist tot.

Eigentlich sollte Trips Weltmeister werden, nur zwei Punkte (ein fünfter Platz) fehlten dem Deutschen zum Titel. Trips war die schnellste Trainingsrunde gefahren und haushoher Favorit. Zwei Siege in Zandvoort/Niederlande und Aintree/England, zwei zweite Plätze in Spa/Belgien und auf dem Nürburgring sowie ein vierter Platz in Monte Carlo hatten dem 33-jährigen Grafen schon 33 WM-Punkte gebracht - mit 34 wurde nun Phil Hill Weltmeister.

Weinend legte der Amerikaner einige Tage später in der Tripsschen Privatgruft auf dem Friedhof in Horrem unweit von Köln Blumen auf den Sarg des Freundes, den Stirling Moss, Jim Clark, Dan Gurney, Jack Brabham und andere Stars auf seinem letzten Weg begleitet hatten. Graf Berghe von Trips, der Bilderbuchrennfahrer mit dem offenen Lachen und weltmännischen Flair, ein Spross aus uraltem Adel, war weltweit berühmt und beliebt. Ein echtes Vorbild der Jugend war tot.

Posthum wählten ihn die deutschen Sportjournalisten zum "Sportler des Jahres".

Mitten im Agrarstudium hatte den Alleinerben großer Schlösser und Waldungen 1951 der Motorsport-Bazillus gepackt. Zuerst auf dem Motorrad, dann ab 1953 mit einem "auf Pump" gekauften Porsche 356 fuhr der Graf die ersten Wettbewerbe, teilweise getarnt durch das
Pseudonym "Axel Linther". Mitten im Benzin-Benzol-Gemisch schloss er dennoch sein Landwirtschaftsstudium mit einem Examen ab. "Ich kann meine Eltern doch nicht so enttäuschen, schließlich wartet der alte Herr auf seinen Erben", sagte Trips.

Das Riesentalent sprach sich schnell herum. Bei Porsche und Mercedes spitzte man bald die Ohren. Auch der große Enzo Ferrari rief, und am 12. August 1956 saß Wolfgang Alexander Reichsgraf Berghe von Trips erstmals am Steuer eines Ferrari: Beim Sportwagen-WM-Lauf in Schweden belegte er Rang zwei. Am 13. Januar 1957 dann startete er zum ersten Mal in der Formel 1 - beim Großen Preis von Argentinien in Buenos Aires.

Es siegte der große Juan Manuel Fangio, der in jenem Jahr zum fünften und letzten Mal Weltmeister wurde und dann abtrat. Aber es kam der deutsche Graf, dem man in der Fachwelt schon bald gute Chancen einräumte, in die Fußstapfen Fangios zu treten. Schon in seinem dritten Grand Prix belegte der rheinische Edelmann einen glänzenden dritten Rang, 1957 in Monza. Nur Stirling Moss und Fangio waren damals schneller, standen zusammen mit dem Deutschen auf dem Siegerpodest.

Warum er als Millionenerbe unbedingt Autorennen fahren müsse, fragte man ihn oft: "Ich kann nicht leben, ohne etwas zu wagen. Mich erinnern Autorennen an Ritterturniere des Mittelalters und damit an meine Vorfahren. Ich brauche das." Auch Unfälle hielten Trips nicht ab. "Graf Crash" nannten sie ihn, aber bis zu jenem verhängnisvollen Tag in Monza entstieg er dem ramponierten Auto stets mit einem jungenhaften Lächeln und ohne schwerwiegende Blessuren.

Heute - 40 Jahre nach seinem tragischen Rennfahrertod - wird mit einem Museum an den Grafen erinnert. Es befindet sich in der Villa Trips, dem letzten Wohnsitz seiner Eltern, in der Parkstraße 20 in Horrem - direkt neben der Burg Hemmersbach, dem alten Stammsitz der Trips´. Hier hat auch die 1991 gegründete Gräflich Berghe von Tripssche Sportstiftung seit einem Jahr ihren Sitz gefunden. Ihr Ziel ist unter anderem die Förderung des Jugendsports.