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Ferrari schreibt Geschichte – Jubel grenzenlos
Jean Todt, Ross Brawn, Michael Schumacher und Rubens Barrichello über den totalen Triumph heute beim WM-Finale in Suzuka
(Motorsport-Total.com) - Der WM-Zug sei für Michael Schumacher "abgefahren", meinte Ex-Formel-1-Pilot Hans-Joachim Stuck nach dem dritten Saisonrennen in Brasilien, doch heute wurde der 'Premiere'-Experte eines Besseren belehrt: Barrichello gewann den Grand Prix von Japan und damit den Markenpokal für Ferrari, Schumacher holte sich die Fahrerkrone.

© xpb.cc
Schrecksekunde gleich zu Beginn: Schumacher kommt ohne Nase an die Box
Seit 1999 ist der Traditionsrennstall aus Maranello damit unbesiegt, was nie zuvor da gewesene fünf Konstrukteurstitel in Folge bedeutet. Kein Wunder, dass Teamchef Jean Todt begeistert von einem "historischen Tag" sprach: "Wir haben heute beide Weltmeisterschaften gewonnen und damit ein weiteres Kapitel in der Geschichte dieses Sports geschrieben. Enzo Ferrari wäre stolz auf das, was wir erreicht haben."
Grundstein für den Triumph war die "fantastische Performance" Barrichellos, der nur zu Beginn seine Führung kurz an Juan-Pablo Montoya abgeben musste, dann aber eigentlich nie in Gefahr geriet. Der Brasilianer hielt beide "Silberpfeile" sicher in Schach und machte damit seinen Teamkollegen quasi im Alleingang zum Weltmeister ? der Punkt, den Schumacher hart erkämpft hat, wäre nämlich gar nicht mehr nötig gewesen...
Barrichello stolz auf fahrerische Leistung in Suzuka
"Ich bin so stolz, dass ich Ferrari jetzt schon bei vier Titeln helfen konnte. Dass ich dieses Rennen auf einer so genannten Fahrerstrecke gewonnen habe, verleiht mir ein sehr gutes Gefühl", jubelte der 31-Jährige, der von Schumacher im Parc Fermé herzlich umarmt wurde. "Gemeinsam mit Silverstone in diesem Jahr war es das beste Rennen meines Lebens. Ich möchte all den Menschen in Brasilien danken, die extra aufgestanden sind, und mit diesem Sieg konnte ich sie belohnen."
Barrichello hatte nur in den ersten Runden Schwierigkeiten, als die Strecke stellenweise noch feucht war und er auf den Bridgestone-Pneus zunächst unterlegen war: "In der Spoon-Kurve", berichtete er, "hätte ich das Auto fast verloren." Montoya packte die Gelegenheit gleich zu Beginn beim Schopf, schnappte sich den Ferrari-Piloten und setzte sich anschließend um bis zu fünf Sekunden ab. Erst danach schrumpfte dieser Abstand wieder.
"Mein Rennen war sehr hart, ich konnte erst zum Schluss ein bisschen nachlassen", so "Rubinho". "Ich hatte außerdem Probleme mit dem Visier, denn es lief immer wieder an. Ich hatte auch Öl drauf und musste mich sehr genau konzentrieren. Ich habe immer attackiert, weil ich befürchtete, es könnte zu regnen anfangen, denn dann kannst du alles in einer einzigen Runde verlieren." Bekanntlich funktionieren die Michelin-Rillenreifen bei leicht feuchter Strecke ja deutlich besser als das Konkurrenzprodukt von Bridgestone.
"Was Michael geschafft hat, ist ein einzigartiger Erfolg"
Barrichello dankte abschließend "dem Team, den Ingenieuren und Mechanikern, die uns wieder ein schnelles und zuverlässiges Auto hingestellt haben." Und er gratulierte dem Teamkollegen: "Man kann Fahrer verschiedener Generationen nicht vergleichen, aber was Michael geschafft hat, ist ein einzigartiger Erfolg. Was meine eigene Leistung angeht, war ich dieses Jahr viel besser verglichen mit letztem Jahr, als ich mehr Punkte hatte und in der Meisterschaft weiter vorne lag."
Für Schumacher war der Showdown in Japan eine einzige Zitterpartie: Zuerst kollidierte er nach einem optimistischen Überholversuch in der Schikane mit Sato, wobei er den Frontflügel verlor, dann lieferte ihm ausgerechnet sein Bruder einen gnadenlosen Fight um jeden Zentimeter und kurz vor Schluss wäre er beinahe auf da Matta aufgefahren, wobei er von hinten von Ralf touchiert wurde ? ein Reifenschaden ? wie schon 1998 ? hing förmlich in der Luft.
"Mir fehlen im Moment ein bisschen die Worte, denn das war ein schwieriges Jahr, ein schwieriger letzter Saisonabschnitt und das Rennen heute war eines meiner härtesten", stammelte der alte und neue Weltmeister, der mit sechs Titeln endgültig zum erfolgreichsten Rennfahrer aller Zeiten avanciert ist. "Man hat uns am Anfang des Jahres schon abgeschrieben, aber wir haben nicht aufgegeben. Das Team kämpft immer und das ist seine größte Stärke."
Umarmung vom Weltmeister für die Mechaniker
Ferrari bezeichnete Schumacher in der Euphorie als "große Familie", weshalb er sich bei jedem Mechaniker einzeln mit einer Umarmung bedankte, obwohl er sich unmittelbar nach dem Fallen der Zielflagge "leer und ausgelaugt" fühlte: "Es ist irgendwie eigenartig, denn sonst habe ich den Titel meistens mit einem Sieg gewonnen, aber heute wurde ich nur Achter. Meine Gefühle sind gemischt."
"Nachdem ich meine Nase verloren hatte, attackierte ich voll, denn ich wusste von Montoyas Führung und dass die McLarens hinter Rubens waren. Nach der Kollision ging alles ein wenig drunter und drüber und es war ein komisches Rennen, als ich mich durch den Verkehr kämpfen musste ? speziell gegen da Matta und Ralf. Ich wusste, dass ich Achter werden muss, denn in der Formel 1 passieren die unglaublichsten Dinge und obwohl Rubens in Führung lag, hatte ich das schlimmste Szenario vor Augen", so der Wahl-Schweizer glücklich.
In den ersten Interviews erklärte er außerdem, dass er heute ungemein angespannt war ? ganz im Gegensatz zu den Vortagen: "Nach dem Unfall mit da Matta hatte ich einen riesigen Bremsfleck auf meinem Reifen und dadurch wurden die Vibrationen so stark, dass ich entlang der Geraden sogar Probleme mit der Sicht hatte. Außerdem machte ich mir Sorgen über einen Reifenschaden und ich wollte das Auto nur noch ins Ziel tragen."
Dank an di Montezemolo und alle wichtigen Partner
Teamchef Jean Todt kümmerte sich vordergründig um die üblichen Danksagungen: "Zuallererst möchte ich Luca di Montezemolo danken, der uns immer unterstützt hat. Unser Dank muss auch an die Teilhaber gehen, die immer an uns geglaubt haben ? auch in wirklich schwierigen Zeiten. Dann sind da unsere technischen Partner, vor allem Bridgestone, Shell und AMD, und unsere kommerziellen Partner, von denen einige ? wie zum Beispiel Philip Morris ? schon sehr lange an Bord sind, während etwa Vodafone und Olympus erst kurz mit uns zusammenarbeiten."
"Ich denke, dass Gianni Agnelli stolz wäre, wenn er erlebt hätte, dass das Auto, das seine Initialen trägt, sieben von zwölf Rennen, an denen es teilgenommen hat, gewinnen konnte", spielte der kleine Franzose auf die Typenbezeichnung F2003-GA des WM-Autos an. "Es macht mich stolz, für dieses Dream-Team verantwortlich zu sein, dass einig und entschlossen ist und nie aufgibt. Jetzt werden wir diesen Erfolg feiern, der am Ende einer schwierigen Saison gegen sehr starke Konkurrenz kommt. Ich kann versichern, dass wir unseren Hunger nach Erfolg auch in Zukunft wahren werden."
Völlig außer sich und sichtlich erleichtert präsentierte sich Technikdirektor Ross Brawn, der in der ersten Euphorie eine TV-Reporterin auf die Wange küsste und meinte, er werde langsam zu alt für derartige Nervenschlachten. So verwundert es auch kaum, dass sich seine Gedanken recht früh um die Feierlichkeiten am Abend zu drehen begannen: "Jetzt gehen wir Karaoke singen!"
Brawn: "Punkt schwieriger zu holen als der Sieg"
"Das war ein sehr hartes Rennen, weil so viel am Spiel stand", teilte der Brite mit. "Rubens hat vorne einen fantastischen Job gemacht, aber wir wollten Michael in die Punkte bringen, um auf Nummer sicher zu gehen. Es war unglaublich aufregend. Dieser frühe Zwischenfall mit Sato hat uns das Leben sehr erschwert, aber wir wussten, dass wir noch eine Chance bekommen würden. Wir konnten Ralf beim zweiten Stopp nicht überholen, weil er weniger nachtanken ließ als Michael, aber beim dritten Stopp kamen wir an ihm vorbei. Es ging heute sehr knapp und zäh zu."
Brawn leugnete aber bei aller Euphorie nicht, dass es heute auch anders hätte laufen können: "Wir wollten unbedingt diesen einen Punkt holen, weil man ja nie weiß, was vorne passiert. Wahrscheinlich war dieser Punkt schwieriger zu holen als der Sieg für Rubens. Beim Zwischenfall mit Michael und da Matta in der Schikane hatten wir wirklich Glück. Ich schätze, da Matta hat da sehr früh gebremst, weil ihm Michael fast reingefahren wäre."
Für den sympathischen Brillenträger, übrigens glühender Manchester-United-Fan und begeisterter Fliegenfischer, ist heute "ein Traum in Erfüllung gegangen", wie er sagte. Brawn hat auch allen Grund, auf sich stolz zu sein, holte doch Schumacher 67 seiner 70 Formel-1-Siege und alle sechs WM-Titel mit ihm am Kommandostand ? zwischen 1992 und 1995 bei Benetton, seit 1997 bei Ferrari. Eine Erfolgsgeschichte, wie sie nur die Formel 1 schreiben kann...

