Fall Force India vs. Caterham wird neu durchleuchtet

Anfang 2013 könnte der Copyright-Fall Force India vs. Caterham neu beurteilt werden - Force India hofft auf mehr Schadenersatz, Caterham droht Millionenverlust

(Motorsport-Total.com) - Mehr als drei Jahre nach dem eigentlichen Gesetzesbruch wird der Fall zwischen Force India, dem heutigen Caterham-Team, dessen Cheftechniker Mike Gascoyne sowie den italienischen Aerodynamik-Firmen Aerolab und Fondmetal noch einmal neu durchleuchtet. Force India hofft, dass das erstinstanzliche Urteil revidiert wird und dem Team eine höhere Schadenersatz-Zahlung zukommt.

Titel-Bild zur News: Robert Fernley

Robert Fernley hofft auf eine neue Entscheidung im Sinne von Force India

Worum geht es? Caterham (damals Lotus beziehungsweise genau genommen 1Malaysia Racing) nutzte bei der Entwicklung des Prototypen für 2010 Windkanal, Personal und Know-how von Fondmetal und insbesondere Aerolab. Als im Herbst jenes Jahres Fotos des angeblich eigenen Designs auftauchten, die frappierende Ähnlichkeiten zum 2009er-Boliden von Force India aufwiesen, brachte dies ein juristisches Verfahren wegen Nutzung fremden geistigen Eigentums ins Rollen.

Vom Obersten Gericht in London wurde Force India zunächst zwar Schadenersatz in der Höhe von 21.000 Pfund zugesprochen, gleichzeitig musste das Team aber die Prozesskosten und andere Aufwände in der Höhe von 650.000 Pfund tragen. Dagegen wurde Berufung eingelegt. Seit dieser Woche steht fest: Weil der Richter bereits im Juli eingesehen hat, dass sein Urteil nicht fehlerfrei war, wird das Verfahren Anfang nächsten Jahres noch einmal durchleuchtet.

Entscheidung frühestens 2013

"Anfang nächsten Jahres geht der Fall vor das Berufungsgericht", bestätigt Robert Fernley, stellvertretender Teamchef von Force India, gegenüber 'Motorsport-Total.com'. Das Berufungsgericht muss dann entscheiden, ob es in dem Fall aufgrund der vorliegenden Akten und Informationen ohne Neuverhandlung ein neues Urteil fällen kann, oder ob es notwendig ist, Teile des Verfahrens noch einmal komplett neu aufzurollen.

Das erstinstanzliche Urteil im März dieses Jahres gab Force India zwar grundsätzlich recht und hielt dies auch in der Urteilsbegründung fest, die Copyright-Verletzungen seitens Aerolab und Co. wurden jedoch als unwesentlich eingestuft. Später stellte sich heraus, dass während des Urlaubs eines der leitenden Aerolab-Technikers systematisch CAD-Daten kopiert wurden. Der erste Lotus-Prototyp war den vorliegenden Gerichtsunterlagen zufolge praktisch eine Kopie des Force India.

"Wir hatten das Gefühl, dass der Richter den Fall nicht in seinem vollen Kontext verstanden hatte, ein Aeropaket als Gesamtheit zu sehen", erläutert Fernley einen der Kritikpunkte am Londoner Urteil. "Er versuchte, das in Stücke runterzubrechen, was vielleicht in anderen Branchen funktionieren mag, aber nicht in der Formel 1. Ich glaube, das wurde vom Berufungsrichter anerkannt, und deswegen können wir jetzt vor ein Berufungsgericht ziehen."

Copyright-Verletzung ist unbestritten

Eine neue Schadenersatz-Summe, mit der er zufrieden wäre, möchte Fernley noch nicht diskutieren, aber er hält vor der Neubeurteilung fest: "Wir können nur mit vorliegenden Beweisen arbeiten. Was völlig klar ist, ist, dass Lotus (Caterham; Anm. d. Red.) und Aerolab unser geistiges Eigentum unerlaubterweise verwendet haben. Das ist nicht die Frage, das wird nicht angefochten. Was angefochten wird, ist die Frage, wie wir dafür entschädigt werden sollten."

Erster Lotus-Prototyp

Diese Lotus-Fotos brachten die Affäre im Herbst des Jahres 2009 ins Rollen Zoom

Übrigens: Caterham-Cheftechniker Gascoyne, im ursprünglichen Verfahren noch als Beschuldigter geführt, behält wohl seine weiße Weste. "Ich glaube nicht, dass das Auswirkungen auf Mike Gascoyne hat. Alles dreht sich um Aerolab und Lotus", vermutet Fernley. Gascoyne hatte sich nach der Urteilsverkündung im März schadenfroh gezeigt und seinen Twitter-Account benutzt, um seiner Befriedigung öffentlich Ausdruck zu verleihen.

Zumindest vorerst haben die juristischen Vorgänge keine Auswirkungen auf eine parallel laufende Untersuchung der FIA, die auf die Kooperation mit den italienischen Behörden angewiesen ist. Denn sollte sich herausstellen, dass Caterham damals geistiges Eigentum systematisch und umfangreich gestohlen hat, dann würde das Team möglicherweise nachträglich seinen Status als Konstrukteur verlieren - und den millionenschweren zehnten Platz in der Konstrukteurs-WM 2010...