F1-Qualifying: Baku-Mittelsektor beschert Leclerc die Pole vor Red Bull!

Poleposition für Charles Leclerc beim Grand Prix von Aserbaidschan 2023: Der Ferrari-Pilot verweist Max Verstappen und Sergio Perez in Baku auf die Plätze

(Motorsport-Total.com) - Helmut Marko schwante schon vor dem Qualifying Böses: Er könne sich vorstellen, sagte er, dass Ferrari auf eine schnelle Runde sogar auf Poleposition fahren könne. Und so kam es dann auch. Statt dem "Doktor" zum 80. Geburtstag eine erste Startreihe in Baku zu schenken, holten Max Verstappen und Sergio Perez nur die Positionen 2 und 3.

Titel-Bild zur News: Charles Leclerc

Charles Leclerc sicherte sich in Baku die Poleposition für das Rennen am Sonntag Zoom

Die Poleposition für den Grand Prix von Aserbaidschan 2023 am Sonntag sicherte sich stattdessen Charles Leclerc, ein ausgewiesener Spezialist für den Stadtkurs am Kaspischen Meer. Er meisterte die Strecke im finalen Run in 1:40.203 Minuten.

Bereits im ersten Q3-Run zeichnete sich ein spannendes Finish ab. Verstappen und Leclerc fuhren in 1:40.445 Minuten die exakt gleiche Zeit. Weil Verstappen seine Runde etwas früher absolviert hatte, stand aber zunächst er auf Platz 1.

Im alles entscheidenden Run fuhr dann zunächst Perez Bestzeit im ersten Sektor, doch im Mittelsektor verloren die beiden Red Bulls zu viel Zeit. Leclerc hatte am Ende 0,188 Sekunden Vorsprung auf Verstappen und 0,292 Sekunden Vorsprung auf Perez.

Vierter wurde Carlos Sainz (Ferrari), gefolgt von Lewis Hamilton (Mercedes), Fernando Alonso (Aston Martin), Lando Norris (McLaren), Yuki Tsunoda (AlphaTauri), Lance Stroll (Aston Martin) und Oscar Piastri (McLaren).

Nico Hülkenberg (Haas) wurde 17.

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Wie reagiert Red Bull auf die erste Quali-Niederlage?

"Wir wussten, auf die einzelne Runde sind sie schnell. Bei uns hätte alles optimal passen müssen", sagt Helmut Marko im Interview mit dem 'ORF'. "Die fallende Temperatur haben wir vom Reifendruck nicht optimal gemanagt. Wir haben in Sektor 2 viel auf Leclerc verloren. Aber passt schon."

"Im Rennen sollten wir besser dastehen. Der Ferrari-Motor ist der beste. Auf eine Runde können sie mit voller Power fahren. Im Rennen hoffentlich nicht", sagt er. "Alonso sollte näher dran sein. Der hatte seine Probleme. Sonst sind die Abstände zu groß. Mercedes ist neun Zehntel hinten. Unser Gegner heißt Ferrari. Und vielleicht Alonso."

Verstappen nickt: "Ich denke, wir haben ein gutes Rennauto. Aber aus irgendeinem Grund sind wir im Qualifying nicht ganz so konkurrenzfähig. Die Punkte gibt's am Sonntag, insofern ist es mir egal, wenn wir im Qualifying ein bisschen langsamer sind."

Und Ferrari auf die Pole?

Leclerc hätte offenbar nicht mit P1 gerechnet: "Ich bin überrascht. Es war eine sehr, sehr gute Runde", gibt er zu. "Wir gingen ins Wochenende in der Annahme, dass es schon ein Erfolg wäre, wenn wir vor Aston und Mercedes sind. Jetzt stehen wir auf Pole. Das ist eine angenehme Überraschung. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass unser Rennauto langsamer ist als der Red Bull. Es wird schwierig, die Führung zu verteidigen. Aber das muss jetzt das Ziel sein."

"Charles", sagt Sportdirektor Laurent Mekies, "ist auf dieser Strecke immer besonders schnell. Hier war er in den vergangenen Jahren schon immer stark. Es ist toll, dass wir beide in den Top 4 haben. Wir haben seit dem letzten Rennen hart gearbeitet, und es ist gut, dass wir heute sehen, dass es in die richtige Richtung geht."

Hätte Perez auf Pole fahren können?

Genau wie Leclerc gilt auch der Mexikaner als Spezialist für Baku. Er sagt: "Ich bin ein bisschen enttäuscht über den dritten Platz, denn ich hatte das Gefühl, dass definitiv mehr drin war. Meine Runde war nicht fehlerfrei. Aber wenn es eine Strecke gibt, auf der man im Rennen aufholen kann, dann hier."

Perez war im ersten Sektor seiner letzten Runde Schnellster, 0,047 Sekunden vor Leclerc und 0,100 Sekunden vor Verstappen. In Sektor 2 verlor er aber 0,363 Sekunden auf Leclerc, die er auch im dritten Sektor nicht mehr aufholen konnte. Dort war übrigens Verstappen Schnellster, 0,097 Sekunden vor Perez und 0,121 Sekunden vor Leclerc.

Perez analysiert: "In Kurve 3 habe ich mehr als eine Zehntel verloren. Und auf einer Strecke wie dieser schleppst du kleine Fehler oft ein paar Kurven mit. Ich war sicher schneller als das Ergebnis zeigt. Aber das Wichtigste ist, dass wir für das Rennen am Sonntag gut aufgestellt sind."

Warum gab's eine Untersuchung gegen Verstappen?

In Q1 flimmerte während der ersten Rot-Unterbrechung plötzlich eine aus Red-Bull-Sicht beunruhigende Nachricht über den FIA-Monitor. Zwischenfall in Zusammenhang mit Verstappen "notiert", und zwar wegen "Freigabe in einem unsicheren Zustand", hieß es in einer offiziellen Mitteilung.

Später klärte die FIA auf, dass die Rennleitung besorgt war, weil Verstappens Cockpitumrandung flatterte. Bei genauerer Untersuchung stellte sich aber heraus, dass diese von den Mechanikern korrekt montiert wurde und sich erst danach bei der Fahrt löste, weshalb es Entwarnung gab: "No further action."

Warum hatte Sainz so viel Rückstand?

Dem zweiten Ferrari-Piloten fehlten am Ende 0,831 Sekunden auf seinen Teamkollegen. "Ich habe vor allem im ersten Sektor zu viele Fehler gemacht", analysiert er. Der Zeitenmonitor belegt: Im ersten Sektor verlor Sainz 0,367 Sekunden auf Leclerc. Aber auch im zweiten büßte er 0,577 Sekunden ein, im dritten nur 0,083 Sekunden.

"Ich hatte schon im Training Probleme, ein gutes Set-up zu finden. Ich fand auch vom Fahren her keinen Rhythmus. Am Ende wollte ich es in Q1 und Q2 mit der Brechstange versuchen, und dabei sind mir noch mehr Fehler unterlaufen. So ging das den ganzen Tag. In Q3 hatte ich nur noch einen Reifensatz, daher sieht der Rückstand noch größer aus. Ich kann heute nicht zufrieden sein."


Fotostrecke: Formel 1 2023 in Aserbaidschan: Das Wichtigste zum Freitag

Wer steht auf P11 bis P15?

In Q2 erwischte es mit George Russell (Mercedes) einen echten Hochkaräter. Russell war um 0,004 Sekunden langsamer als Hamilton, aber während Hamilton eine Runde weiterkam, war für Russell Endstation.

"Ach, Zucker", ärgerte er sich am Boxenfunk. "Ich denke, wir hätten dieses Wochenende die Pace gehabt." Wieder einmal zeigte sich, wie umkämpft das Mittelfeld derzeit ist. Wäre Russell nur um drei Zehntelsekunden schneller gewesen, hätte er P4 statt P11 belegt.

Neben Russell scheiterten im zweiten Segment auch Esteban Ocon (Alpine), Alexander Albon (Williams), Valtteri Bottas (Alfa Romeo) und Logan Sargeant (Williams).

Was war der Grund für den Crash in Q1?

Nyck de Vries (AlphaTauri) war gerade auf seiner ersten schnellen Runde, als ihm beim Anbremsen von Kurve 3 ein Fehler unterlief und er in den Barrieren landete. Die Onboardaufnahmen erweckten den Anschein, als habe er einfach zu spät gebremst. "Oh mein Gott", ärgerte er sich am Boxenfunk.

Erst etwas später wurde von der TV-Regie ein Boxenfunk ausgestrahlt, der sich zu Beginn von Q1 ereignet hatte. Dadurch wurde enthüllt, dass am Funk über ein Problem mit dem Brake-by-Wire-System gesprochen wurde. Möglich, dass das der Grund für de Vries' Abflug war.

In Q1 waren noch zehn Minuten zu fahren, als wegen der Bergungsarbeiten die rote Flagge gezeigt werden musste. Die Bergungsarbeiten dauerten übrigens etwas länger als üblich, weil sich die Nase des AlphaTauri in die TecPro-Barrieren gebohrt hatte.

Zu dem Zeitpunkt hatte Sainz noch keine Rundenzeit absolviert, weil der Ferrari-Pilot auf der Strecke unmittelbar hinter de Vries unterwegs war. Sainz hatte jedoch genug Zeit, sich fürs Q2 zu qualifizieren, als die Session wieder eröffnet wurde.

Warum wurde Q1 gleich wieder unterbrochen?

Als die Autos nach langer Unterbrechung wieder rausfuhren, ging's gleich ordentlich zur Sache. Sainz drehte sich am Beginn seiner ersten Runde, hatte aber das Glück, dabei nirgends anzuschlagen. Weniger Glück hatte Pierre Gasly (Alpine): Er crashte an exakt der gleichen Stelle wie kurz zuvor de Vries.

"Am meisten Zeit kannst du auf der Bremse gewinnen", hatte sein Renningenieur kurz zuvor gefunkt. Das nahm Gasly etwas zu wörtlich: Mit einem offensichtlichen Geschwindigkeitsüberschuss konnte er die Linie in Kurve 3 nicht halten und schlug in die Barrieren ein. Was übrigens erneut eine Rot-Unterbrechung zur Folge hatte.

Warum gab es so viele Unfälle?

Möglicherweise war das eine Folge der ungewöhnlich kurzen Vorbereitung wegen des neuen Wochenendformats. In Baku wird am Samstag ein F1-Sprint mit Sprint-Shootout gefahren, sodass das normale Qualifying bereits auf Freitagnachmittag angesetzt werden musste. Somit gab es statt der sonst üblichen drei Freien Trainings diesmal nur eins.

Dass das gerade auf einem anspruchsvollen Stadtkurs wie Baku zu einer Herausforderung werden könnte, hatten viele Fahrer schon im Vorfeld befürchtet.

Aus den Crashes und den damit einhergehenden Unterbrechungen ergab sich übrigens ein ganz anderes Problem für die Fahrer. Denn die tiefstehende Sonne sorgte in den Abendstunden in der Altstadt in manchen Kurven für schlechte Sicht. Leclerc wollte ein dunkleres Visier, hatte aber keins mehr. Und Verstappen beklagte sich, das Blenden sei zwar nervig, aber zu managen.

Wer schied bereits in Q1 aus?

Neben de Vries und Gasly, die wegen ihrer Unfälle keine Zeit setzen konnten, schied auch Kevin Magnussen (Haas) aus. Beim Dänen trat ein elektrisches Problem auf. Zwar wollte Magnussen trotzdem fahren, aber von seinem Renningenieur kam ein striktes Nein: "Das können wir nicht riskieren. Es tut mir wirklich wahnsinnig leid, Kev, denn du hast einen fantastischen Job gemacht."

Magnussen ärgert sich: "Wir hatten Fehlzündungen auf den Geraden. Super frustrierend, denn die Rundenzeiten trotz des Problems zeigten, dass die Pace da war. Unsere Zeit wird kommen. Aber bisher hatten wir einfach kein Glück."

Magnussen landete auf dem 18. Platz, 2,148 Sekunden hinter der Q1-Bestzeit von Leclerc (1:41.269 Minuten). Als 16. und 17. schieden Guanyu Zhou (Alfa Romeo) und Nico Hülkenberg (Haas) aus. Hülkenberg war letztendlich um 0,662 Sekunden schneller als Magnussen, aber um 0,133 Sekunden zu langsam für Q2.

Wie reagierte Hülkenberg auf das Aus in Q1?

"Nicht gut", war sein lapidarer Kommentar am Boxenfunk. Später ging er mehr ins Detail: "Ich hatte zwei Verbremser drin. Ich denke, ich hatte auch wechselnden Wind. Mit den ganzen Unterbrechungen war es schwierig, einen Rhythmus zu finden, aber das soll keine Ausrede sein. Die Runden waren nicht so sauber, wie sie hätten sein sollen. Q2 war definitiv möglich."

Wo kann man Shootout, F1-Sprint und Rennen live sehen?

In Deutschland exklusiv bei Sky. Das neue Sprint-Shootout beginnt am Samstag um 10:30 Uhr (Vorberichte ab 10:15 Uhr), der F1-Sprint dann um 15:30 Uhr (Vorberichte ab 14:45 Uhr). Start für den Grand Prix am Sonntag ist um 13:00 Uhr deutscher Zeit (Vorberichte ab 11:30 Uhr). (ANZEIGE: Sei mit Sky hautnah dabei, vom ersten Freien Training bis zur Siegerehrung, mit Experte Ralf Schumacher!)

Außerdem gibt's am Freitagabend auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de auch eine ausführliche Nachbereitung des Qualifyings. Die Formel-1-Show mit Kevin Scheuren & Christian Nimmervoll beginnt voraussichtlich um 19:15 Uhr deutscher Zeit.


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