Ein schlechter Scherz, Fernando!

Scherte Fernando Alonso in Indianapolis nur aus dem Windschatten, um sein Auto zu kühlen? Norbert Haug stellt klar: "Da war er heißblütig unterwegs..."

(Motorsport-Total.com/Premiere) - Fernando Alonso steht unter Druck: Mehr als 20 Millionen Euro Gage kassiert er pro Jahr von McLaren-Mercedes, doch neuerdings hat er alle Hände voll damit zu tun, seinen nur 500.000 Euro billigen Rookie-Teamkollegen Lewis Hamilton in Schach zu halten. Letzterer führt nach sieben Rennen sogar die Weltmeisterschaft mit stattlichen zehn Punkten Vorsprung an.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Glücklich sieht anders aus: Fernando Alonso, etwas bedröppelt, am Podium

Kein Wunder also, dass dem Doppelweltmeister, der schon vor Indianapolis in einem Radiointerview seinen Unmut über die angebliche Bevorzugung von Hamilton im Team gelästert hatte, langsam die Sicherungen durchbrennen. So geschehen auch gestern beim Grand Prix der USA, als er nach einem gescheiterten Überholversuch gegen den späteren Sieger demonstrativ in Richtung Boxenmauer ausscherte und den Bossen am Kommandostand verärgert die Faust entgegenstreckte.#w1#

Wollte Alonso vorbeigeschleust werden?

"Ich fuhr aus dem Windschatten heraus, um das Auto etwas zu kühlen." Fernando Alonso

Sämtliche Journalisten im Pressezentrum hätten viel Geld dafür bezahlt, in jenem Moment den Boxenfunk abhören zu können - wahrscheinlich hätte Alonso erwartet, dass er aufgrund seines in jener Phase besseren Speeds vorbeigelassen wird. Doch Teamchef Ron Dennis hatte schon vor dem Rennen klargestellt, dass in Indianapolis frei gefahren werden darf, und Hamilton verhielt sich auch keineswegs unfair, sondern wechselte - völlig regelkonform - nur einmal die Spur.

Nach dem Rennen konnte sich der Spanier an seinen Anflug von Zorn plötzlich nicht mehr erinnern, sondern er lieferte eine andere Erklärung ab: "Ich folgte dem anderen Auto so lange, dass mein Overall und alles andere schon schwarz waren, weil ich beim Anbremsen immer in seinem Bremsstaub war. Ich dachte, dass meine Bremsen heißer wären, mein ganzes Auto war wärmer als normal. Also fuhr ich aus dem Windschatten heraus, um das Auto etwas zu kühlen."

Wie bitte? Sogar Mercedes-Sportchef Norbert Haug gab offen zu, dass die Aktion in Wahrheit ganz anders motiviert war: "Da war er ein bisschen heißblütig unterwegs", stellte er in der Analyse nach dem Rennen richtig. "Sicherlich war er am Drücker zu dem Zeitpunkt und Lewis ist so gefahren, wie er musste - ähnlich wie in Monaco mit umgekehrten Vorzeichen. Man muss akzeptieren, dass der Spitzenreiter das Tempo im Rennen vorgibt."

Haug kündigt Gespräch mit Alonso an

"Ich habe nichts dagegen, wenn da mal der Hut hochgeht, aber wir sorgen schon dafür, dass er anschließend wieder auf den Kopf kommt." Norbert Haug

Wer Haug und Dennis, die es nicht allzu gerne sehen, wenn interne Reibereien nach außen dringen, kennt, der weiß, dass sich Alonso mit seiner Geste keine neuen Sympathien geschaffen hat. Allerdings relativierte Haug die Situation ein wenig: "Ich habe nichts dagegen, wenn da mal der Hut hochgeht, aber wir sorgen schon dafür, dass er anschließend wieder auf den Kopf kommt", meinte der Deutsche augenzwinkernd.

"Sie haben auf unsere Nerven keine Rücksicht genommen", fügte er an. "So ein Manöver würde man gerne bei einem Gegner sehen, aber bei uns brauche ich das nicht in jedem Rennen! Solange es gut geht, ist es ja gut. Das war eng, aber es sieht im Fernsehen immer ein bisschen enger aus. Mein Puls ging eigentlich nicht so hoch, aber ich habe mir gedacht, wenn die sich da unten in der Wiese raushauen, dann dauert es nicht lange, bis ich auch da unten bin!"

Zetsche stellt sich hinter seine Fahrer

Lewis Hamilton vor Fernando Alonso

Wegen dieser Situation platzte Fernando Alonso wohl der Kragen... Zoom

Auch Silberpfeil-Oberboss Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der DaimlerChrysler AG, goss ein wenig kühlendes Wasser ins lodernde Feuer: "Das sind beides Racer, die wollen beide gewinnen - und das gilt natürlich auch gegenüber dem Teamkollegen. Es war fair, es war sauber, aber was erwartet man? Man kann nicht erwarten, dass einer von den beiden zurücksteckt. Deswegen sind sie ja so gut."

Alonso, so Haug, sei in der Phase nach dieser Situation "mit dem Messer zwischen den Zähnen" gefahren, wurde dann aber indirekt vom Kommandostand eingebremst, als nach dem zweiten Boxenstopp die Anweisung kam, die Drehzahl zu reduzieren, weil die Motoren ja auch beim nächsten Grand Prix in Frankreich verwendet werden müssen. Beide Fahrer hätten das Signal dazu aber "zum gleichen Zeitpunkt" bekommen.

Der Vorsprung auf Ferrari sei groß genug gewesen, also wollten die Silberpfeile nichts mehr riskieren: "Wer hier seinen Motor kaputtfahren will, der soll es tun, aber dann hat er mit uns sicherlich Ärger. Wenn man 14, 15 Sekunden Vorsprung hat und die Technik bis an den Anschlag ausreizt, dann hat man die Rennerei wirklich nicht verstanden", erklärte Haug, der aber gleichzeitig betonte, es habe keinen Nichtangriffspakt gegeben, abschließend.