• 07.02.2003 11:40

Eddie Jordan im Interview

Der Jordan-Boss über die Hintergründe seiner Fahrerentscheidung und warum er Ralph Firman durchaus viel zutraut

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Was ist der Hintergrund hinter der Entscheidung für Ralph Firman?"
Eddie Jordan: "Die Entscheidung, Ralph unter Vertrag zu nehmen, geht ungefähr fünf Jahre zurück. Damals hat er die Britische Formel 3 gewonnen. Aus verschiedenen Gründen sind wir damals nicht zusammen gekommen. Er ist dann zum Geldverdienen nach Japan gegangen. Auch dort haben wir ein Auge auf ihn geworfen. Es hat mich angenehm überrascht, als er sich im vorletzten Jahr wieder in eine siegfähige Position bringen konnte, und wir beobachteten ihn wieder genauer. Dieses Jahr hat er die Meisterschaft gewonnen. Lange bevor wir in die Formel 1 kamen, haben wir unsere Fahrer in die Formel Nippon geschickt, weil das eine hervorragende Ausbildung ist. Sie lernen da drüben so viel. Obwohl noch andere Fahrer hinsichtlich eines Jordan-Cockpits im Gespräch waren, was hauptsächlich für die Medien und für uns gut war, hatten wir Ralph immer im Auge."

Titel-Bild zur News: Eddie Jordan

Eddie Jordan sieht Firman nicht als reinen "Bezahlfahrer"

Frage: "Letztes Jahr musstest Du Kritik dafür einstecken, mit Sato einen Neuling verpflichtet zu haben. Jetzt machst Du es wieder so. Besorgt?
Jordan: "Es ist klar, dass da ein Unterschied ist. Takuma war zweifellos sehr schnell. Ralph ist viel reifer und er kennt auch die nicht so schönen Seiten des Rennsports. Er ist nach Japan gegangen und musste miterleben, wie schwierig es ist, wenn ein Team bankrott geht und einem selbst plötzlich nichts mehr bleibt. Hat man das einmal durchgemacht, dann will man es sicher nicht noch einmal dazu kommen lassen. Ralph hat in jeder Kategorie, in der er angetreten ist, irgendwann den Meistertitel geholt. Das geht zurück bis in den Kartsport. Niemand aus der Formel 1 hat in den Nachwuchsklassen so eine gute Bilanz aufzuweisen. Ralph weiß, dass man im Rennsport das Auto ins Ziel bringen muss und dass es dabei nötig ist, auf die Ausstattung zu achten. Ich bin sicher, dass das dieses Jahr seine große Stärke sein wird."

Frage: "Ihr habt immer gesagt, das zweite Cockpit wird nach kommerziellen Gesichtspunkten vergeben. Wie passt das mit Ralph zusammen?"
Jordan: "Die kommerziellen Aspekte haben mit Ralphs Verpflichtung wenig zu tun. Wir bezahlen ihn für das Fahren und es gab keine Bedingung, dass er Geld mitbringen muss. Es ist ein klares Angestelltenverhältnis, aber es stimmt schon, dass er uns in einigen Bereichen des Pakets helfen konnte, aber es war dazu nicht notwendig, ihm das Auto zum Fahren zu geben."

Frage: "Wie schätzt Du die Lage von Jordan im Moment ein?"
Jordan: "Wie man unserer Bekanntgabe entnehmen kann, wird 'Benson and Hedges' unser Hauptsponsor sein. Damit sind sie das achte Jahr hintereinander mit an Bord. Das Unternehmen ist besonders angetan von den Veränderungen im Reglement, die bedeuten, dass dieser Sport weiterhin eine optimale Plattform bleibt, um ihr Marketing anzuwenden. 'Benson and Hedges' hat uns in den letzten acht Jahren fantastisch unterstützt. Sie sind willig, mit uns weitere Erfolge zu feiern."

Partnerschaft mit Ford "äußerst wichtig"

Frage: Was denkst Du über die Partnerschaft zwischen Jordan, Ford und Cosworth?"
Jordan: "Jordan und Ford sind jetzt wie an der Hüfte verbunden. Es gibt viele Programme, die man bei Ford im hundersten Jahr umsetzen will. Es ist der perfekte Zeitpunkt für uns, sich ihnen anzuschließen. Unsere Partnerschaft mit ihnen ist äußerst wichtig, weil wir mit einem so großen Hersteller Glaubwürdigkeit erlangen. Das bietet uns eine Plattform, von der aus wir uns selbst vermarkten können. Es verbessert unsere Entwicklungsfähigkeit. Ich hoffe, es wird uns einen Schub geben ? technisch wie finanziell. Das ist die perfekte Situation. Man könnte um gar keine bessere Möglichkeit bitten, um wieder rauszugehen und Rennen zu gewinnen."

Frage: "Du sagst, Ralphs Cockpit hängt nicht am Geld, aber im Winter schien die Situation noch so zu sein. Kannst Du das vielleicht klarstellen?"
Jordan: "Ralph war in den letzten fünf Jahren Profi-Rennfahrer und das wird sich nicht ändern. Wir werden ihn bezahlen. Er hat dem Team Leute vorgestellt, mit denen wir uns auf eine kommerzielle Zusammenarbeit einigen konnten. Sein Vertrag hängt aber nicht davon ab und tat es auch nie. Im Endeffekt haben sich unsere Pläne verändert und wir haben jetzt eine bessere Basis und einen besseren Fahrer."

Frage: "Hast Du dank Ralph ein größeres Potenzial, was die Finanzen angeht?
Jordan: "Weil Ralph die britische und irische Doppelstaatsbürgerschaft hat, kann ich das bejahen. Es hilft mir auf der irischen Seite und das ist eine gute Geschichte für die britischen Medien. Ich glaube, dass Ralph den Job machen kann. Die Geschichte zeigt das auch. Er hat in der Formel 3 viele große Namen besiegt und manche von ihnen sind schon in der Formel 1. Warum sollte er das nicht wieder schaffen? Ich sehe keinen Grund, der dagegen spricht, dass er der beste Neueinsteiger und die größte Überraschung des Jahres wird. Er kann es schaffen und dank seiner anglo-irischen Herkunft ist auch das Sponsoring kein großes Thema mehr."

Testfahrer wird erst im Frühjahr bestimmt

Frage: "Welche anderen Fahrer habt ihr ? abgesehen von Ralph und Massa ? in den letzten Wochen noch in Betracht gezogen?
Jordan: "Wir haben uns einige Piloten angeschaut, weil wir ja auch noch einen Mann für die Tests am Freitag bei einem Grand-Prix-Wochenende brauchen. Damit werden wir aber vielleicht bis zum Beginn der Europasaison warten. Ich möchte keinen Namen nennen. Beim dritten Fahrer überlegen wir, was im besten Interesse des Teams ist. Ich glaube, dass es von Vorteil ist, wenn wir uns bei den ersten drei Überseerennen auf Giancarlo und Ralph konzentrieren, denn die sind schwierig genug. Danach werden wir uns nach einem Test- und Ersatzfahrer umschauen."

Frage: "Wie stark schätzt Du das Paket für diese Saison ein?#b
Jordan: "Ich denke, das Auto ist großartig. Das hängt mit der Kombination zwischen der Rückkehr von Gary Anderson mit Henri Durand zusammen. Die neuen Qualifying-Regeln werden die Startaufstellung knapper ausfallen lassen. Andererseits wurde ich immer dafür kritisiert, bezüglich der Autos zu optimistisch zu sein, also ist es besser, wenn ich nichts sage. Aber ich bin optimistisch."

Frage: "Wie wird Ralph mit dem Druck umgehen?"
Jordan: "Er hat ausreichend Erfahrung. Wenn er nach Melbourne kommt und Fisichella eine Sekunde schneller ist ? was meiner Meinung nach nicht der Fall sein wird -, dann hat er die mentale Kapazität, um das zu verkraften. Er wird sich von den Medien oder von Rückschlägen nicht unterkriegen lassen, weil er die Schattenseite des Motorsports schon kennt. In den letzten 18 Monaten in Japan hat er sich enorm weiterentwickelt. Er kann alles geben, fighten, das Auto ins Ziel bringen. Das brauchen wir. Natürlich ist es eine kleine Sorge, dass er nur zwei Wochen hat, um das Auto zu testen. Das ist eine harte Prüfung für ihn."