Ecclestone legt Stoddart den Rückzug nahe

(Motorsport-Total.com) - Kurz vor dem dritten Freien Training am Samstagmorgen in Melbourne lud Minardi-Teamchef Paul Stoddart die anwesenden Journalisten zu einer Medienkonferenz, in der er kleinlaut bekannt gab, dass er seine Autos nun doch mit dem neuen Bodywork ausstatten wird, da ihm sonst die Teilnahme am Grand Prix von Australien verwehrt geblieben wäre.

Dass Stoddart angesichts dieser Perspektive plötzlich doch völlig legale 2005er-Boliden aus dem Hut zauberte, sorgte im Fahrerlager für Unmut - der Verdacht liegt nahe, dass das ganze Theater nur inszeniert war: Einerseits hätte Minardi mit den alten Autos einen Wettbewerbsvorteil gehabt, andererseits war das Team auf diese Weise mehr in den Medien präsent als sonst. Und trotz aller Diskussionen dürfen Patrick Friesacher und Christijan Albers nun doch am Rennen teilnehmen.#w1#

Hätte Minardi von Anfang an reglementkonform sein können?

Wozu also die Aufregung, Paul? "Wir haben keine Witze gemacht, wir haben wirklich nicht alle Teile dabei", entgegnete er. "Die ganze Nacht über haben wir gearbeitet und Teile montiert und so weiter, was man an den Autos auch sehen wird. Natürlich haben wir schon Front- und Heckflügel für 2005 dabei, aber ohne Ersatzteile. Daher wollten wir sie erst in Imola einsetzen. Wir haben zwei Rennautos, aber keine Ersatzteile. Wenn einer von den Jungs abfliegt, war es das für das Wochenende."

Dass er noch gestern vor den Obersten Gerichtshof von Victoria gezogen ist, um im Zuge dieser Angelegenheit gegen das neue Reglement zu protestieren, sieht Stoddart im Nachhinein nicht als Farce, sondern als persönlichen Triumph: "Es ist meiner Meinung nach ein Meilenstein, dass die Sache vor Gericht gegangen ist", sagte er, "aber es hätte keinen Sinn gemacht, es noch weiter zu treiben. Jeder weiß jetzt, dass wir kompetente Führung in diesem Sport brauchen."

Offenbar wollte der 49-Jährige mit der Androhung von Rechtsmitteln seine Muskeln spielen lassen, um sich für Minardi eine bessere Ausgangsposition zu verschaffen. Dass er nun mit sporadisch zusammengebastelten 2005er-Autos antreten muss, wird von ihm selbst als großer Erfolg dargestellt, in Wahrheit ist er jedoch sportpolitisch an seine Grenzen gestoßen - vor allem die FIA hat ihm ein Bein gestellt, als sie trotz der Zustimmung aller anderen Teams die Starterlaubnis zurückzog.

Ecclestone übt scharfe Kritik am Minardi-Teamchef

Im Interesse des Grand-Prix-Sports waren die Debatten der letzten Tage bestimmt nicht, weshalb Bernie Ecclestone - an und für sich ein Freund Stoddarts - heftige Kritik übte: "Paul schöpft die enorme Popularität der Formel 1 gerade zu Saisonbeginn aus", so der 74-Jährige. "Er war seit dem ersten Tag ein Sorgenkind, aber wir haben ihn immer geschützt. Leider muss ich nun sagen, dass für jemanden wie ihn kein Platz bei uns ist."

Klare Worte vom Chef der Königsklasse, der anschließend sogar noch einen Schritt weiter ging und Stoddart den Rückzug aus der Formel 1 sehr deutlich nahe legte: "Wenn du es dir nicht mehr leisten kannst, ein Team zu betreiben, dann musst du es wie Eddie Jordan machen und aussteigen", stellte er klar. "Vielleicht sollte das Paul jetzt auch tun. Er hat eine milliardenschwere Weltmeisterschaft ins Lächerliche gezogen."

Diese Aussage Ecclestones ist umso bemerkenswerter, als er selbst Minardi vor einigen Jahren das Überleben gesichert hat, indem er sich dazu bereiterklärte, Teamanteile zu übernehmen. Tatsächlich ist es dazu nie gekommen, weil die entsprechende Pressemitteilung für so große Resonanz sorgte und sich prompt Investoren meldeten, die Stoddart über Wasser hielten. Nun konnte er jedoch angeblich des Geldes wegen nicht einmal das Reglement einhalten - und damit ist für viele das Fass übergelaufen...