• 10.06.2010 16:35

Domenicali: "Sollten konkurrenzfähiger sein"

Der Ferrari-Teamchef im Interview: Warum es in Montréal besser laufen sollte und wo man den Mythos Gilles Villeneuve heute noch spüren kann

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Stefano, Istanbul war ein schwieriges Rennen für Ferrari. Wie habt ihr euch auf Montréal vorbereitet?"
Stefano Domenicali: "Die Türkei war sicher ein schwieriges Wochenende für uns, aber wie immer kann man in so einer Situation nur hart arbeiten und sofort reagieren. Jetzt gehen wir nach Montréal, wo unser Auto theoretisch konkurrenzfähiger sein sollte, wenn ich an unser Paket denke. Außerdem haben wir einige neue Teile am Auto, die wir vergangene Woche bei einem Aerotest in Vairano ausprobiert haben. Wir freuen uns sehr auf das Rennen, denn ich glaube, dass wir dort zu unserem normalen Leistungsniveau zurückkehren können."

Titel-Bild zur News: Stefano Domenicali

Stefano Domenicali hofft in Montréal auf eine deutliche Leistungssteigerung

Frage: "Nach Istanbul hast du vom Team eine Reaktion gefordert. Ist diese eingetreten?"
Domenicali: "In einer solchen Situation kannst du deine Leute nur darum bitten, mit Innovation und einem starken Geist zu antworten, aber wir müssen immer bei den Fakten bleiben. Daher hoffe ich nun auf Ergebnisse, die beweisen, was wirklich in diesem Team steckt. Wir wollen zeigen, dass Istanbul nicht gut war, die Ideen unserer Ingenieure aber schon. Einerseits müssen wir geradlinig sein und sofortige Reaktionen anstreben, andererseits brauchen Innovationen eben immer ihre Zeit. Die Ingenieure müssen in dieser Zeit beweisen, dass sie wirklich gut sind."#w1#

Frage: "Felipe Massa und Fernando Alonso waren nach Istanbul natürlich enttäuscht. Musstest du sie wieder aufrichten?"
Domenicali: "Natürlich waren sie über die Performance des Autos nicht glücklich, aber als Team ist uns nicht ganz klar, warum das so war. Umso mehr sind sie motiviert. Ich habe diese Woche mit beiden gesprochen und sie freuen sich schon sehr auf Montréal, eine Strecke, die sie beide mögen. Sie wissen, dass sie auch an sich selbst hart arbeiten müssen, und es war gut, dass sie die letzten Tage intensiven Kontakt mit den Ingenieuren hatten, denn so fühlen sie sich wirklich als Teil des Teams."

Frage: "Nach der Kollision der Red-Bull-Piloten in Istanbul wurde viel über teaminterne Stallkriege gesprochen. Glaubst du, dass Ferrari dieses Thema anders handhabt als andere Teams?"
Domenicali: "Ich weiß nicht, kann nur sagen, dass Teamgeist bei uns an erster Stelle steht. Wenn in einem Topteam zwei außergewöhnlich talentierte Fahrer sind, dann ist es ganz normal, dass einer dem anderen zeigen will, dass er stärker ist. Das liegt in der Natur eines jeden guten Formel-1-Fahrers. Gleichzeitig hoffe ich aber, dass bei uns so ein Vorfall wie in Istanbul nicht passieren wird, denn das schadet den Fahrern und dem Team. Insofern hoffe ich, dass sich da die Erfahrung durchsetzt."

Frage: "Montréal gehört zu den beliebtesten Schauplätzen der Formel 1. Wie wichtig ist für ein Team ein gutes Abschneiden vor einem so großen Publikum?"
Domenicali: "Man kann die Formel 1 mit Fußball vergleichen, wo auch niemand in einem leeren Stadion spielen will. Es ist klasse, nach Montréal zu gehen, denn die Atmosphäre dort ist fantastisch, immer mit vielen Fans. In der Vergangenheit gab es oft fantastische Events. Genau das braucht die Formel 1 und genau deswegen sind wir so glücklich über die Rückkehr nach Nordamerika."

¿pbvin|512|2812||0|1pb¿Frage: "Du erwähnst Nordamerika. Die Formel 1 ist dort zurück, aber noch nicht in den USA. Wie wichtig ist ein US-Grand-Prix für Ferrari?"
Domenicali: "Sehr wichtig. Die USA sind unser größter Markt. Die Verbindung zu diesem Markt ist wichtig, selbst wenn die Formel 1 in den USA nicht so beliebt ist. Ich weiß, dass wir 2012 ein Rennen in Austin, Texas haben werden. Da müssen wir sicherstellen, dass das ein toller Event wird."

Frage: "Die Strecke in Montréal ist nach Gilles Villeneuve benannt. Ist dieser Fahrer immer noch Teil des Mythos Ferrari?"
Domenicali: "Gilles ist Teil der Ferrari-Geschichte. Die Ferrari-Fans lieben ihm immer noch - und das wird auch immer so bleiben. Wir sind sehr glücklich darüber, auf einer Strecke zu fahren, die seinen Namen trägt. In den ganzen Geschäften in Maranello hängen seine Fotos immer in der ersten Reihe."

Frage: "Welche Erinnerungen hast du an Gilles Villeneuve auf Ferrari, als du noch ein Kind warst?"
Domenicali: "Als ich ein Kind war, war er mein Lieblingsfahrer. Ich erinnere mich gut daran, dass ich immer in Imola war, um ihn unter allen Bedingungen kämpfen zu sehen. Selbst wenn sein Auto nicht konkurrenzfähig oder kaputt war oder nur noch drei Reifen dran hatte, hat er nie aufgegeben. Er stand immer quer und hat den Geist eines fantastischen Rennfahrers vermittelt."