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Di Grassi über seinen schweren Formel-1-Einstand
Die Rookie-Saison von Lucas di Grassi ist keine leichte - Der Virgin-Pilot analysiert seine ersten 15 Rennen
(Motorsport-Total.com) - Lucas di Grassi erlebt keine einfache Rookie-Saison in der Formel 1. Bei Virgin kann sich der Brasilianer nicht ausschließlich auf seine eigene Leistung konzentrieren, sondern muss mit den Ingenieuren das neue Team weiterbringen. Dazu ist di Grassi hinter Timo Glock die Nummer zwei, denn oft hat der Deutsche neue Teile zuerst erhalten. Auch deshalb ist es nicht leicht, die Leistung des 26-Jährigen zu beurteilen. 2007 wurde er hinter seinem Virgin-Teamkollegen Zweiter in der GP2.

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Lucas di Grassi hat keine leichte Rookie-Saison bei Neueinsteiger Virgin
Doch während Glock bei Toyota einige Male um das Podium kämpfen konnte, verbrachte di Grassi insgesamt vier Jahre in der GP2. Davor hat er im Jahr 2005 das prestigeträchtige Formel-3-Rennen in Macau gewonnen. Zu dieser Zeit war er auch bei Renault Testfahrer und spulte mehr als 4.000 Kilometer ab. Anschließend gab es noch einen Testtag bei Honda, doch die Japaner zogen bekanntlich den Stecker aus dem Formel-1-Programm.#w1#
Als Manor einen Platz in der Königsklasse zugesprochen bekam, wurde sofort di Grassi als möglicher Pilot ins Gespräch gebracht. In den bisherigen 15 Rennen ist er achtmal ins Ziel gekommen. Einmal davon auf Platz14, weshalb der Rookie in der WM-Wertung auf Platz 21 steht - und damit vor Glock.
"Dieses Jahr ist eine völlig neue Herausforderung für mich. Während ich an meinem Tempo arbeite, die Strecken lerne, Kilometer sammle und verstehe, wie die Reifen arbeiten, hat das Team seine eigenen Schwierigkeiten", wird di Grassi von 'Autosport' zitiert. "Wir hatten zu Beginn der Saison viele Zuverlässigkeitsprobleme, außerdem mussten wir erst das Team aufbauen. Es ist für mich also sehr hart meine Rookie-Saison in einem Team zu verbringen, das ebenfalls neu ist."
"Wir mussten uns zusammen entwickeln. Manchmal habe ich mir gedacht, dass es für mich mit einem etablierten Team viel einfacher wäre, denn dann könnte ich mich komplett auf mich konzentrieren. Auf der einen Seite ist das natürlich schwierig, aber auf der anderen hat es mich zu einem besseren Fahrer gemacht. Ich verstehe viel mehr über ein Formel-1-Auto und wie es ist, ein fehlerhaftes Teil zu finden und ein funktionierendes zu montieren. Zusammen mit meinen Ingenieuren ziehe ich ein Entwicklungsprogramm durch, anstatt einfach nur im Auto zu sitzen und zu fahren."
"Aus Sicht der Öffentlichkeit und einiger Leute im Paddock hätte ich bessere Resultate bei einem etablierten Team geholt. Ich hätte aber weniger über die Auto- und Teamentwicklung gelernt", schätzt di Grassi. "Vielleicht hätte ich meine Fähigkeiten als Fahrer auch nicht so verbessert, denn unser Fahrzeug ist schwierig zu kontrollieren. Es ist immer an der Grenze und droht auszubrechen. Ein kleiner Fehler hat große Auswirkungen auf die Rundenzeit. Aber ich hätte sicher bessere Resultate gehabt."

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Trotz der schwierigen Rookie-Saison hat Lucas di Grassi das Lachen nicht verlernt Zoom
Teamchef John Booth hält große Stücke auf di Grassi. "Mit Timo hat Lucas eine fantastische Messlatte. Im Vergleich hat er sich sehr gut geschlagen. Er fährt das gleiche Tempo und ist im Rennen sehr gut. Ich glaube er hat in dieser Saison nichts falsch gemacht. Er ist sehr intelligent und weiß, wann er zu 100 Prozent angreifen muss."
"Es ist auch beeindruckend, wie er mit dem Business umgeht. Er ist sehr intelligent und arbeitet hart. Viele können schnell fahren, aber nur wenige sind ein komplettes Paket. Es scheint, als wäre er schon immer in der Formel 1 gewesen. Das kommt natürlich aus ihm heraus. Es ist, als hätten wir zwei erfahrene Piloten und keinen Rookie."
Speziell die technischen Fähigkeiten ragen bei di Grassi hervor. Booth hatte ihm nach der gemeinsamen Formel-3-Zeit sogar angeboten, nach der Fahrerkarriere als Renningenieur zurückzukommen. "Ich liebe das Ingenieurswesen. Mein Vater und mein Bruder sind Techniker, aber sie arbeiten nicht mit Rennautos", meint di Grassi über seine Familie. "Ich habe eine sehr methodische Herangehensweise, wie ich mich den Ingenieuren im Team gegenüber ausdrücke."
"Als ich mit John in der Formel 3 war, habe ich die Entwicklung des Autos vorangetrieben. Zusammen mit dem Team haben wir in eine Richtung gearbeitet, die mit unserem Budget möglich war. Wir konnten uns stark verbessern. Zu Beginn der Saison fehlte uns eine Sekunde auf Lewis Hamilton im ASM-Boliden. Wir haben zurückgeschlagen und die Meisterschaft als Dritte beendet und anschließend in Macau gewonnen. Deshalb hat John das damals gesagt. Die Formel 1 ist viel spezifischer. Ich habe keine Liste mit Dingen, die man entwickeln muss, aber ich gebe den Ingenieuren eine Richtung vor."
Lotus in Schlagdistanz
In Barcelona hatte Glock erstmals einen umfangreich modifizierten Virgin zur Verfügung, während di Grass zwei weitere Rennen mit dem älteren Material Vorlieb nehmen musste. Ein Leistungsvergleich der beiden ist deshalb schwierig. "Bei der Zuverlässigkeit war es eine Achterbahn für uns beide. Manchmal hatte nur ein Gang funktioniert, oder man musste Benzin sparen, oder es gab unterschiedliche Teile. Es ist schwierig einzuschätzen. Innerhalb des Teams gibt es einen guten Eindruck, wo ich idealerweise stehen könnte. Für mich ist es deshalb einfacher, mich zu vergleichen."
"Ich werde immer besser. Strecken die ich kenne, machen einen großen Unterschied aus. In den Rennen war ich von Beginn an nahe an Timo dran. Er ist mit seiner Erfahrung ein guter Referenzpunkt für mich. Er ist kein Rookie, denn im vergangenen Jahr ist er für das Team mit dem höchsten Budget gefahren. Im Vergleich mit ihm habe ich mich stark gesteigert und es wird noch mehr kommen."
In Sepang schaffte di Grassi die erste Zielankunft für Virgin. "Das ist ein Beispiel für einen kleinen Sieg, den Außenstehende nicht realisieren. Wir hatten ein großes Problem mit dem Benzinverbrauch und wussten überhaupt nicht, ob wir es ins Ziel schaffen können. Wir hatten Regen erwartet, aber er ist nicht gekommen, also musste ich viel Benzin sparen. Ich bin nicht langsamer gefahren und war immer noch am Limit, aber ich musste weniger Sprit verbrauchen. Es war ein gutes Resultat und ein schönes Gefühl bei der Überquerung der Ziellinie."

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Am Ende des Feldes kämpfen Virgin und Lotus um die Ehre und viel Geld Zoom
In der Türkei hat di Grassi den längeren Virgin bekommen, in Silverstone gab es dann ein größeres Update. Lotus liegt wieder in Schlagdistanz. "Es ist hart die Motivation aufrechtzuerhalten, aber der Wille Leistung zu zeigen, der Druck meiner Rookie-Saison und zu sehen, wie hart jeder arbeitet, macht das möglich. Ich bleibe konzentriert und fokussiert."
"Seit Silverstone ist das Duell schon knapper. Es gibt uns Extramotivation, denn es ist für jeden toll, mit einem anderen Team zu kämpfen. Wir können mit Lotus konkurrieren und ich konnte angreifen. Mein Tempo im Rennen ist sehr hoch, wenn man es mit erfahreneren Piloten in ähnlichen Autos vergleicht."
In Singapur saß erstmals Jérôme D'Ambrosio im Auto von Di Grassi. Der Belgier durfte am Freitag erstmals Formel-1-Luft schnuppern. Wie es im kommenden Jahr mit di Grassi weitergeht ist völlig offen.

