Cosworth-Power und der "Bullshit" von Red Bull
Williams-Technikchef Sam Michael kann über die Red-Bull-Klagen über mangelnde Renault-Leistung nur den Kopf schütteln - Cosworth hat noch Luft nach oben
(Motorsport-Total.com) - Die Forderung seitens Red Bull, die FIA möge Renault eine Leistungsangleichung beim Motor gestatten, ist von den Herren Christian Horner oder Helmut Marko in den vergangenen Monaten oft platziert worden - geschehen ist jedoch nichts. Die "Bullen" behaupten, im Vergleich zum Mercedes fehlten rund 30 PS. Diese Zahl wurde bislang nicht einmal von Renault bestätigt. Komischerweise halten sich die Franzosen mit Aussagen zum Triebwerk dezent zurück.

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Cosworth beliefert in der laufenden Saison gleich vier Formel-1-Teams
"Es ist schon interessant zu behaupten, es fehle Renault an Power. In Spa standen sie schließlich auf dem Podium", sagt Williams-Technikchef Sam Michael. Der Australier kann angesichts der Red-Bull-Klagen einfach nur schmunzeln und den Kopf schütteln. "Sehen wir den Tatsachen doch einfach ins Auge: Das ist Bullshit", so Michael sehr deutlich. "Den Teams geht es doch nur darum, einen Vorteil zu erlangen."#w1#
"Dieser Motor stand in diesem Jahr so oft auf der Pole-Position. Du kannst mir nicht erzählen, dass dieses Triebwerk nicht genug Power hat", so der Williams-Technikboss weiter. "Die Teams, die das behaupten, tun das nur, um Lobbyarbeit für ein Powerupdate zu betreiben. Das ist okay, denn das gehört zum Geschäft dazu. Die Leute versuchen eben, ihre Leistung durch Lobbyarbeit zu steigern."
"Die Leute, die sagen, der Renault sei so schwach auf der Brust, verschweigen im gleichen Atemzug, dass der Renault auf eine Renndistanz zehn Kilogramm weniger Sprit verbraucht", offenbart Michael Details der Renault-Vorzüge. "Das scheint nicht relevant zu sein. Tatsächlich hat das aber einen sehr großen Einfluss, vor allem wenn wir uns hier über entscheidende Kleinigkeiten unterhalten."
"Ich denke, zwischen den Motoren in der Startaufstellung liegt nicht mehr als eine oder zwei Zehntel", so der Australier. "Das könnte unterschiedliche Ursachen haben wie Benzinverbrauch, Spitzenleistung, Kraft im unteren Drehzahlbereich, Fahrbarkeit. Es gibt viele Ansätze für diese Gleichung. Wenn du dich aber nur auf den Punkt konzentrierst, von dem du glaubst, dass du da schwach bist, dann willst du betrügen."
Man selbst hätte im Williams-Lager womöglich auch Grund für Missmut. Der Cosworth-Motor, den auch Lotus, Virgin und HRT einsetzen, gilt vor allem bezüglich des Durchhaltevermögens als unterdurchschnittlich. Angeblich verliert der CA2010 nach einer recht geringen Laufleistung bereits viele Pferdestärken. "Im Vergleich zu Renault oder Mercedes hat Cosworth sicherlich Vor- und Nachteile", drückt sich Michael vorsichtig aus.
"Der Unterschied auf eine Runde ist aber nicht das, was uns vom Siegen abhält. Das könnte vielleicht so sein, wenn man um die letzten ein bis zwei Zehntel kämpft. An diesem Punkt sind wir aber nicht", relativiert Michael den Einfluss des Triebwerks. "In Singapur lagen wir acht Zehntel hinter der Pole-Position zurück. Fünf Zehntel davon sind in der Verbesserung des Chassis zu suchen - mindestens."
¿pbvin|512|3148||0|1pb¿"Cosworth kann einiges verbessern und verfeinern. Genau das tun sie auch seit dem Saisonstart", so der Williams-Technikchef. "Wir haben ihnen einiges an Feedback geliefert, damit sie ihre Motoren optimieren können. Sie haben uns darum gebeten, es ist unser Job. Das ist einer der Gründe, warum sie mit Williams zusammen arbeiten wollen. Weil wir sie anleiten, wenn man so will."
"Sie reagieren sehr gut darauf, würde ich sagen", lobt Michael den neuen Motorenpartner, nachdem man sich Ende vergangenen Jahres von Toyota trennte. "Sie haben im Jahresverlauf große Fortschritte gemacht - speziell am Kontrollsystem und an der Fahrbarkeit. Das waren umfangreiche Verbesserungen und sehr beeindruckend zu sehen. Besonders zufrieden stimmt mich, dass wir mit unserem Auto in Spa und Monza gute Leistungen zeigen konnten."
"Es gibt noch viele Dinge, die man verbessern kann. Es ist immer gut, wenn man das erkennt", sagt Michael. Der 39-jährige Australier sieht dieses Entwicklungspotenzial als Normalfall an. "Es verhält sich ähnlich wie mit der Aerodynamik des Fahrzeugs und wenn man bei einem näheren Blick darauf feststellt, was falsch ist. Ich rechne damit, dass Cosworth über den Winter einen weiteren Schritt machen wird." Dann allerdings wohl mit einem Partner weniger, denn Lotus wird zu Renault wechseln.

