• 26.11.2001 15:28

  • von Fabian Hust

Craig Pollock im Interview

Der BAR-Teammanager über die wirtschaftlichen Probleme der Formel-1-Teams, die Saison 2001 und die Hoffnungen auf 2002

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - Für das BAR-Honda-Team war die Saison 2001 auf der einen Seite schön, da Jacques Villeneuve in Barcelona als Dritter den ersten Podiumsplatz einfuhr, auf der anderen Seite jedoch hatte man sich vom vergangenen Jahr eindeutig mehr versprochen. Das Auto erwies sich als schwer abzustimmen und war im Qualifying im Verhältnis zum Rennen nicht konkurrenzfähig genug. Und zum Saisonende gelang es dem Jordan-Team dank des erfolgreichen Einspruches gegen die Disqualifikation von Jarno Trulli in Indianapolis, Erzrivale BAR in der Teamwertung auf den sechsten Platz zu verdrängen. Dennoch vertraut Teammanager Craig Pollock weiterhin auf Jacques Villeneuve und hofft, dass 2002 alles besser wird. Im Interview warnt der Schotte davor, dass die Formel 1 gegen wirtschaftliche Probleme der Welt nicht immun ist.

Titel-Bild zur News: Craig Pollock (British American Racing)

Craig Pollock hofft auf weitere Fortschritte seines Teams

Frage: "Steuert die Formel 1 wirklich auf eine Krise zu?"
Craig Pollock: "Wir müssen die Realität immer im Auge behalten. Ich denke, dass sich alle Teamchefs an einen Tisch setzen sollten, um zu sehen, ob die Kosten in der Formel 1 nicht reduziert werden können. Die Ereignisse des 11. Septembers hatten auf die kommerzielle Seite der Teams großen Einfluss. Aus diesem Grund muss sich dies auf den Sport auswirken. Wir hatten einige Sponsoren, die zugesagt hatten, die sehr, sehr schnell nach den terroristischen Attentaten Briefe aussandten, in denen sie schrieben, dass sie ihr Geld nicht in die Formel 1 stecken werden. Das betrifft nicht nur die Teams sondern den Sport im Allgemeinen, zum Beispiel auch die Bandenwerbung an der Strecke. Auch die TV-Sender könnten davon betroffen sein, was dazu führen würde, dass das Gesamteinkommen sinkt."

Frage: "Du bekommst kostenlose Motoren aber kein Geld von Honda. Ist das noch ausreichend Unterstützung?"
Pollock: "Ich denke nicht, dass die Werbefläche auf dem Auto länger dazu ausreicht, ein Team komplett zu finanzieren. Aus diesem Grund muss man Verbindungen zu einem Motorhersteller haben, der daran interessiert ist, in ein Team zu investieren, mehr als nur einfach die Motoren zu liefern. Nur so kann man sich mit Jaguar, Renault und besonders mit Toyota messen ? Unternehmen, denen ein komplettes Team gehört. So wie sie Geld investieren, kann sich das kein unabhängiges Team erlauben. Man kann langfristig gesehen nicht gegen einen Automobilhersteller bestehen. Wir sprechen mit Honda über eine Vertragsverlängerung und wie wir enger zusammenarbeiten können. Ich denke, dass es an uns ist, Honda davon zu überzeugen, dass es langfristig sinnvoll ist. Ich bin mir sicher, dass Jordan ihnen dasselbe sagen wird. Ich denke, dass wir alle auf sehr schwierige Zeiten zusteuern."

Frage: "Die Teams, die Geld haben, werden es natürlich weiterhin ausgeben, wie willst du sie davon überzeugen, sich etwas zu zügeln?"
Pollock: "Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man die Kosten reduzieren kann. Das Problem ist, dass wenn man die Tests beschneidet, man sofort in Simulationen investiert, man erhöht also eigentlich die Kosten. Aber ein Grund für das Reduzieren der Tests könnte sein, die Anzahl der Entwicklungsteile, die in das Auto eingebaut werden, zu reduzieren. Das würde helfen, die Kosten zu reduzieren. Aber was entwickelt man überhaupt? Die Teams müssen schauen, welche Bereiche des Autos sie ständig weiterentwickeln. Es klingt vielleicht nach einer dummen Idee, aber sollten nicht einfach alle Teams mit denselben Bremsen fahren? Sollten nicht alle Teams mit den gleichen Rädern, den gleichen Lenkstangen fahren? Das sollte man sich anschauen und natürlich wird es Argumente geben, die dafür und dagegen sprechen. Aber wenn man so etwas machen würde, dann könnte man die Kosten reduzieren."

Frage: "Wie lautet dein Urteil der 2001-Saison von BAR?"
Pollock: "In Wirklichkeit sind wir unseren Erwartungen nicht gerecht geworden. Es war eine anstrengende Saison und wir müssen nun unsere Motivation aufrechterhalten und so gut wie möglich arbeiten."

Frage: "Jacques hat angegeben, dass jeder zu Beginn des Jahres zu optimistisch gewesen ist ? stimmst du da zu?"
Pollock: "Ich glaube nicht, dass wir zu optimistisch waren ? man muss optimistisch in ein neues Jahr gehen. Aber am Ende des Tages, wenn man Optimismus aufbaut und dich dann die Realität einholt, so trifft dich der Schlag dann nur umso härter. Ich denke, dass wir die Ohrfeige verdient haben. Wir müssen für das kommende Jahr realistisch sein, aber sicherstellen, dass wir mit dem nächstjährigen Auto nicht die gleichen Fehler machen wie mit dem diesjährigen Auto."

Frage: "Was hat mit dem Auto nicht gestimmt?"
Pollock: "Wenn ich das wüsste, dann wären wir nicht so langsam! Wir haben sehr hart daran gearbeitet, herauszufinden, warum wir so langsam waren und wir haben sowohl die aerodynamische als auch die mechanische Seite unseres Autos unter die Lupe genommen. In Wirklichkeit gibt es vielleicht zwei oder drei Dinge, die im Auto eingebaut sind und nicht richtig funktionieren. Das Auto war im Qualifying schwach und im Rennen relativ gut. Aber beide Fahrer sind extrem gute und erfahrene Fahrer und wir versuchten in diesem Jahr, ihre Erfahrung in unserem unerfahrenen oder jungen Team einzubringen. Es liegt nicht daran, dass sich die Leute in der Fabrik nicht genügend anstrengen, zu wenig nachdenken oder sich nicht die Probleme anschauen. Wir müssen einfach sicherstellen, dass alles im nächsten Jahr viel besser ist als in diesem Jahr."

Frage: "Wird es Veränderungen in der Teamstruktur geben?"
Pollock: "Es wird bestimmte Veränderungen geben. Das Designteam ist verstärkt worden und wir versuchen, auf anderen Gebieten Fachwissen einzubringen. Wir können nicht einfach weitermachen wie bisher, denn das Auto war die letzten zwei Jahre dazu in der Lage gewesen, Fünfter in der Weltmeisterschaft zu werden, aber es war kein Auto, das in der Lage war, Rennen zu gewinnen. Das heißt, dass wir überall einen Schritt nach vorne machen müssen."

Frage: "Abgesehen von der Geschwindigkeit des Autos, wie gut hat das Team in diesem Jahr gearbeitet?"
Pollock: "Das Rennteam hat in diesem Jahr fantastische Arbeit geleistet. Sie haben schwierige Zeiten durchgemacht, sie haben mit einer Ausstattung zu tun, die nicht dazu geeignet ist, mit den Top-Teams um den WM-Titel zu kämpfen. Aber sie sind dort stehen geblieben, wie dies auch die Fahrer getan haben. Jacques hat viel Stimmung gemacht und wollte das Team versuchen zu motivieren und anzutreiben. Das ist ein wenig misslungen, aber er ist ein Weltmeister und möchte das bestmöglichste Material haben. Olivier hat solide Arbeit geleistet und war im Qualifying sehr stark, war vielleicht aber im Rennen weniger stark."

Frage: "Warst du über Anmerkungen verärgert, wonach Jacques sich nicht genug engagiert haben soll?"
Pollock: "Ich denke, dass er in den letzten zwei Jahren gezeigt hat, dass er ein Kämpfer durch und durch ist. Ich glaube, dass es in diesem Jahr ein wenig Frustration für ihn gab, weil das Auto nicht so gut war, wie er es gerne gehabt hätte. Wenn etwas nicht richtig läuft, dann sagt er das geradeaus. Das kann den Effekt haben, dass es dich motiviert aber es kann sich auch negativ auswirken. Es war beides der Fall. Ich kann seine Frustration verstehen, aber er muss auch ein Teammitglied sein und mit dem Team zusammen gewinnen wollen."

Frage: "Erwartest du von Honda im nächsten Jahr einen guten Motor?"
Pollock: "Honda weiß ebenfalls, dass man für ein siegfähiges Chassis einen Siegfahrer, Siegreifen aber auch einen Siegmotor braucht. Ich denke, dass sie selbst wissen, dass die moderne Formel 1 nichts mehr mit jener Formel 1 zu tun hat, in der sie waren, als sie das letzte Mal dabei waren. Es ist ein äußerst professioneller Sport und sie müssen genauso viel Boden gut machen wie wir."

Frage: "Hast du Takuma Sato widerwillig an Jordan verloren?"
Pollock: "Er wollte im nächsten Jahr unbedingt Rennen fahren und wir konnte ihm keinen Vertrag geben. Es gab von Honda keinen Druck, ihn gehen zu lassen. Sie waren in Wirklichkeit mehr daran interessiert, ihm für nächstes Jahr einen Vollzeit-Testjob zu geben, um sicher zu stellen, dass wenn er in die Formel 1 kommt, er auch in einem Auto sitzt, das in der Lage ist, Rennen zu gewinnen."

Frage: "Hat Jordan über dich einen PR-Sieg errungen?"
Pollock: "Eddie Jordan hat in seine Art einen kleinen Sieg über uns errungen, weil wir ihn unter Vertrag hatten, aber er musste sich aus dem Vertrag freikaufen."

Frage: "Bist du an weiteren jungen japanischen Stars interessiert?"
Pollock: "Wir schauen im Moment nach einer Menge Fahrer und sicherlich stehen wir in Kontakt mit einem, wenn nicht sogar zwei japanischen Fahrern. Es wäre schön, wenn wir einen an Bord hätten, aber nur dann, wenn er gut genug ist. Ich werde nur einen Fahrer nehmen, an den ich wirklich glaube."