• 13.09.2008 10:32

  • von Fabian Hust

Coulthard: Man kommt schnell in eine Grauzone

Der Red Bull Racing-Pilot analysiert die kontroverse Situation um Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen beim Großen Preis von Belgien

(Motorsport-Total.com) - Die kontroverse Situation um das Abkürzen der Schikane beim Großen Preis von Belgien durch Lewis Hamilton ist nach wie vor ein Thema, das in der Boxengasse heiß diskutiert wird. Am kommenden Montag kommt es vor dem Berufungsgericht des Automobilweltverbandes FIA zur Anhörung, am Dienstag soll die Entscheidung bekannt gegeben werden.

Titel-Bild zur News: David Coulthard

David Coulthard hat in Belgien selbst ein fragwürdiges Manöver erlebt

"Die Entscheidung der Rennleitung hat sich als sehr umstritten erwiesen und hat viele Fans verärgert oder einfach verblüfft", so David Coulthard in seiner 'ITV.com'-Kolumne. Der Schotte hatte sich am Abend die Höhepunkte des Rennens in dem Glauben angeschaut, dass Hamilton das Rennen gewonnen hatte. Er selbst war ebenfalls überrascht, als er hörte, dass schlussendlich Massa triumphieren konnte und der Brite nur Dritter wurde.#w1#

Es sei dem Fan nur schwierig zu vermitteln, dass es plötzlich einen anderen Sieger des Rennens gibt. Man habe das Rennen am Fernseher verfolgt, sich über eine spannende Schlussphase gefreut und als die TV-Stationen ihre Übertragung bereits beendet hatten, sorgte die Rennleitung für einen anderen Rennausgang.

"Ich denke nicht, dass dies Teil einer Verschwörung gegen McLaren ist." David Coulthard

"Ich denke aber nicht, dass dies Teil einer Verschwörung gegen McLaren ist", so der ehemalige "Silberpfeil"-Pilot. "Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Rennleitung sich entscheiden würde, einen Ferrari-Sieg zu konstruieren. Zum Wohle meines klaren Verstands und dem Glauben an den Sport muss ich annehmen, dass sie nur die Regeln anwenden, so wie sie im Regelbuch stehen."

In seinen Augen ist es jedoch schwierig zu beurteilen, ob Hamilton durch diese Situation ein Vorteil entstand oder nicht: "Lewis erhielt einen unfairen Vorteil, aber lediglich zeitweise, und er hat die Situation schnell berichtigt. Zunächst hatte er einen Vorteil, weil er die Schikane verpasste und vor Kimi Räikkönen auf die Strecke zurück kam. So einfach ist dies."

"Als das führende Auto war dies sein Recht, er hatte nichts Unfaires getan." David Coulthard

Räikkönen habe sich in der Schikane verteidigt, so dass Hamilton keine andere Wahl hatte, als diese abzukürzen: "Aber als das führende Auto war dies sein Recht, er hatte nichts Unfaires getan." Wenn sich die Fahrer beschweren würden, dass so etwas passiert, dann sollten sie an Rennen wie in Monte Carlo denken, in denen es nicht möglich sei, in einer Schikane geradeaus zu fahren.

Nur weil die Formel 1 mittlerweile dank der großen Auslaufzonen sicherer geworden ist, sollte man nicht das Reglement verändern: "Die Rennstrecke wird durch die weißen Linien definiert, denn ansonsten würde man die Strecke effektiv abkürzen. Aber nachdem er einen Fehler gemacht hatte und sich einen Vorteil verschaffte, steckte Lewis auf der Geraten klar zurück und erlaubte es Kimi, wieder in Führung zu gehen."

Nach Meinung des Schotten habe der WM-Führende alles getan, was das Reglement vorschreibt: "Und dann kannst du probieren, wieder zu überholen. Aber wie das Urteil gezeigt hat, kann man sehen, wie schnell man wieder in eine Grauzone kommen kann."

Der Rennfahrer glaubt, dass die Rennleitung zu dem Urteil gekommen ist, dass er nicht den Schwung gehabt hätte, um auf der Start-und-Zielgerade so nahe an Räikkönen dran zu sein, wenn er nicht durch die Schikane abgekürzt hätte, sondern vom Gas gegangen und hinter dem Ferrari korrekt durch die Schikane gefahren wäre: "Dann wäre er nicht in der Lage gewesen, in der 'La Source' ein Überholmanöver durchzuführen."

Diese Annahme sei jedoch nur schwierig zu beweisen, genauso wenig wie das Argument von McLaren-Mercedes, dass Hamilton auf der Linie um 6 km/h langsamer war als Räikkönen, ein ausreichender Beweis dafür sei, dass sich der Brite keinen Vorteil verschafft hat.

"Das war nicht zum ersten Mal dieses Jahr der Fall." David Coulthard

Coulthards selbst hatte im Rennen übrigens eine ähnliche Situation, als Adrian Sutil am Ausgang der 'Eau Rouge' in der ersten Runde neben der Strecke fuhr und ihn am Ende der Gerade überholte. Dieses Abkürzen vermeldete der Red Bull Racing-Pilot über Funk Rennleiter Charlie Whiting, doch da es keine Fernsehaufnahmen dieses Vorfalls gab, wurde keine Strafe ausgesprochen: "Das war nicht zum ersten Mal dieses Jahr der Fall."

Coulthard empfiehlt, die Argumentationen der Rennleitung zu veröffentlichen, um entsprechende Vorgänge für die Zuschauer transparenter zu gestalten: "Denn wenn die Leute verstehen, wie es zu einer Entscheidung gekommen ist, dann denke ich, ist die Wahrscheinlichkeit wesentlich größer, dass diese akzeptiert wird."

Die Formel 1 verlasse sich auf die Medienberichterstattung, die Zuschauer auf die Popularität der Rennserie. Die Glaubwürdigkeit des Sports sei wichtig, wenn diese in Gefahr sei, würden die Leute das Vertrauen in den Sport verlieren.