• 19.11.2016 16:23

  • von Daniel Halder

Claire Williams: WM-Titel für Privatteams nicht unmöglich

Obwohl ihr Team in der Konstrukteurs-WM sogar hinter Force India zurückgefallen ist, glaubt die Williams-Chefin an eine Rückkehr an die Spitze - "Schlau und kreativ sein"

(Motorsport-Total.com) - Ein Rennen vor Ende der Formel-1-Saison 2016 sieht es so aus, als habe Williams den Kampf um Platz vier in der Konstrukteurs-WM gegen Force India verloren. 27 Punkte beträgt der Rückstand des Traditionsrennstalls aus Grove auf die Truppe von Vijay Mallya. Nachdem man in den Jahren 2014 (Ferrari) und 2015 (Red Bull) als Dritter jeweils einen der drei Großen schlagen konnte, wäre Platz fünf in der Teamwertung ein großer Rückschritt für die Mannschaft von Sir Frank Williams und seiner Tochter Claire.

Titel-Bild zur News: Claire Williams

Claire Williams will nicht jammern, sondern fordert innovative Lösungen Zoom

Die stellvertretende Teamchefin gibt unumwunden zu, dass es für das Privatteam zunehmend schwerer wird, mit den Top-3-Rennställen und deren Budget mitzuhalten. "Es ist härter als noch vor zwei Jahrzehnten, als man sogar noch Weltmeister werden konnte gegen Teams mit größeren Budgets", stellt die Britin ernüchtert fest. Ans Aufgeben denkt in Grove dennoch freilich niemand. Auch wenn der Rückstand zu Mercedes, Red Bull und Ferrari derzeit riesig ist, hält Williams an dem Ziel fest, die Branchenriesen in absehbarer Zukunft wieder zu schlagen.

"Ich glaube nicht, dass es unmöglich ist. Würde ich es glauben, bräuchten wir ja gar nicht mehr mitfahren. Ich glaube nicht, dass man unbedingt Hunderte von Millionen braucht, um einen Titel zu holen", gibt sich die 40-Jährige im Interview mit 'auto motor und sport' kämpferisch und denkt sogar an den WM-Titel. "Wir haben genügend Beweise von Teams, die so viel Geld ausgeben und nicht mal ein Rennen gewinnen. Es muss immer noch möglich sein, indem man schneller und besser arbeitet. Und indem man das Budget präziser in die Dinge investiert, die Rundenzeit bringen", bringt sie die Herausforderungen auf den Punkt.

Geld zu finden noch nie so schwierig wie jetzt

Wie fast immer in der Königsklasse dreht sich dabei alles um Geld. Während Werksmannschaften wie Mercedes und Ferrari die Millionen ihrer Mutterkonzerne in der Hinterhand haben, ist es für Privatteams zunehmend schwerer, das nötige Budget aufzutreiben. Selbst, wenn man wie Williams zu den größten unabhängigen Teams in der Formel 1 zählt. "Es war noch nie so schwierig wie jetzt. Seit es meine Aufgabe ist, Geld zu finden, wurde es jedes Jahr härter. Das Klima hat sich seit der Finanzkrise 2008 eigentlich nicht verbessert. Weil der Wettbewerb um die Werbegelder härter geworden ist. Sie werden heute vermehrt in digitale Werbung gesteckt", erklärt Williams.

Ohne entsprechende Mittel weniger Erfolg, ohne Erfolg weniger Einnahmen aus den Vermarktungstöpfen der Formel 1 - ein Teufelskreis beginnt. Aber: "Es hilft nicht zu jammern. Du musst einfach schlauer und kreativer sein", sagt die stellvertretende Teamchefin. Dass sie mit Lance Stroll für kommendes Jahr einen Fahrer gewinnen konnte, dessen Vater die Karriere seines Sohns mit Milliarden auf dem Konto unterstützt, könnte man als solch schlauen Kniff deuten. Doch davon will Williams nichts wissen. "Finanzielle Dinge beeinflussen nicht unsere Fahrerentscheidungen", stellt sie bestimmt klar.

Stattdessen verweist die Britin auf eine andere Einnahmequelle, die sie in ihrem Unternehmen etabliert hat. "Wir haben das Glück bei Williams, dass wir uns mit unserer Technologiesparte ein zweites Standbein aufgebaut haben. Das schafft Partnerschaften, die sich für beide Branchen unserer Gruppe interessieren", erklärt die Tochter des Teamgründers. Williams verfügt über eine eigene Technologieabteilung, die in mehreren Industriezweigen (Automobil, Luft- und Raumfahrt, Rüstung, Energie) aktiv ist.


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Die Gelder aus dieser Sparte helfen im finanziellen Überlebenskampf in der Formel 1. "Es ist eine neue Einnahmequelle. In diesem Jahr haben sich die Einnahmen aus diesem Geschäft verdoppelt, und das hilft uns, das Formel 1-Team zu unterstützen", gibt Williams unumwunden zu. Und so hofft man beim Traditionsrennstall in England, dass dank dieser unternehmerischen Weitsicht eines Tages auch wieder der Kampf um den WM-Titel möglich sein wird.