Button: "Ich bin Opfer der Unerfahrenheit"
Jenson Button spricht über seine zweite schwierige Formel-1-Saison und was er von seinem Teamchef hält
(Motorsport-Total.com) - Nach dem Knall kam der tiefe Fall. Im letzten Jahr noch als Neuling des Jahres gefeiert, als er neben Ralf Schumacher im BMW-Williams eine blendende Figur machte, steht Jenson Button kurz vor einem Karriereknick. Der 21-Jährige enttäuschte in dieser Saison bei Benetton-Renault an der Seite von Giancarlo Fisichella durch die Bank. Der Brite unterlag dem Italiener im Qualifying-Duell zu häufig und hat sechs WM-Punkte weniger auf dem Konto als "Fisico".

© Benetton
Jenson Button machte in diesem Jahr eine schwierige Saison durch
Bitte verzichte auf den Vertrag...
Lange Zeit hielt sich das Gerücht, dass Teamchef Flavio Briatore mit der Leistung Buttons unzufrieden ist und ihn loshaben möchte. Doch man hat einen Vertrag bis einschließlich 2002 unterschrieben. Einem Bericht des 'Autosport'-Magazins zu Folge hatte Briatore Button vor Monza für die Saison 2002 angeboten, das Team verlassen zu können - beinahe die Höchststrafe für einen Fahrer. Mit anderen Worten: Bitte gehe und verzichte auf den Vertrag, wir wollen dich nicht mehr haben...
Auch im Rest des Fahrerlagers hat die Aktie Button mehr und mehr an Wert verloren. Bei BMW-Williams trauerte man dem sympathischen WM-Achten von 2000 im Winter regelrecht nach und es klang so, als sei die Rückkehr im Jahre 2003 des Fahrers, den man bis 2005 unter Vertrag hat, zu BMW-Williams nur noch Formsache. Nun klingt das ganz anders, denn angesichts der Leistungen Buttons im Vergleich zu denen Montoyas stellt sich diese Frage momentan nicht.
Button auf dem Abstellgleis
Auch Eddie Jordan, der Button wegen Sponsor 'Benson & Hedges' ins Team holen wollte, scheint Button momentan in Richtung Abstellgleis zu schieben. Die Formel 1 ist ungnädig und auch wenn der Benetton-Renault in diesem Jahr kein gutes Auto ist, so zeigt sich doch gerade in solch einer Situation, wer ein sehr guter Formel-1-Fahrer ist oder wer eben nur ein guter ist. Und Button hat hier gegenüber Fisichella eindeutig das Nachsehen.
"Jenson ist mal hier und dort", beklagte sich Briatore jüngst in der 'Autosport'. "Wir haben jetzt ein besseres Auto und er muss einen besseren Job erledigen. Davor war es schwierig, von den Fahrern zu verlangen, bessere Leistungen zu bringen. Button war mit dem Auto beim Barcelona-Test zufrieden und es sieht so aus, als würde es gute Leistungen zeigen. Also müssen wir jetzt auch einen Schritt von ihm nach vorne sehen. Wir haben einen Vertrag mit Jenson und ich denke nicht, dass etwas passieren wird. Aber er braucht einen Weckruf."
Schwierig zu fahrendes Auto
Jenson Button schiebt seine schwache Leistung in erster Linie auf das Auto, das "nervös" sei und man es deshalb "herumwerfen" müsse, um schnell zu fahren, was nicht seinem Fahrstil entspreche. Und Button gibt zu, dass im letzten Jahr bei BMW-Williams alles viel einfacher war: "Das Setup des Autos war in dieser Saison schwierig. Ich habe realisiert, dass sich in diesem Jahr meine Unerfahrenheit gezeigt hat. Als ich im letzten Jahr mit einem einfacheren Auto fuhr und in einem Auto weiter vorne stand, das wirklich zu meinem Fahrstil passte, da war das kein Problem. Aber wenn man in einem Auto sitzt, das nicht zum Fahrstil passt, dann ist es sehr schwierig, mit ihm zu arbeiten, wenn man unerfahren ist. Ich habe in diesem Jahr aber viel gelernt und das wird mir hoffentlich im nächsten Jahr im Team helfen."
In Monza startete Button sehr zur Verwunderung aller vor Giancarlo Fisichella, seit Hockenheim scheint es für den Briten besser zu laufen, wo er erstmals einen WM-Punkt für die Himmelblauen einfuhr. Dort wechselte er seinen Renningenieur und arbeitet seitdem mit Paul Monaghan, einem ehemaligen McLaren-Mitarbeiter, zusammen - vielleicht ein Grund für die Leistungsverbesserung: "Ich wollte schon immer in die Formel 1. Ich bin sehr zielorientiert auf sie und ich hoffe, dass ich im Laufe der Zeit mein Ziel erreichen werde, den Titel hole und Rennen gewinne. Das ist das, was ich will."
Saison abgehakt
Diese Saison wird Jenson Button aber so schnell wie möglich abhaken und nach vorne in die Zukunft von Renault schauen, die mit Sicherheit für das kommende Jahr deutlich rosiger aussieht: "Dieses Jahr war sehr frustrierend aber man kann nicht mehr machen, als sein Bestes geben. Wenn man sich unterkriegen lässt, dann hilft das überhaupt nicht. In der Formel 1 hängt so viel von der richtigen mentalen Einstellung ab. Viel mehr, als ich das je gedacht hatte - es ist sehr, sehr wichtig, dass man positiv eingestellt ist."
Diplomatische Worte über Benetton
Ob ein Fahrer positiv eingestellt ist oder nicht hängt natürlich auch sehr von der Stimmung im Team ab und da weiß Button folgendes zu berichten: "Es ist eine andere Atmosphäre. Aber sie sind immer noch Menschen und so kann man auch mit ihnen auskommen. Im letzten Jahr war es gut, mit Frank und Patrick zusammen zu arbeiten. Sie verstanden wirklich, was ich durchmachte und auch in diesem Jahr gibt es Leute im Team, die das ebenso tun. Flavio versteht davon mehr als es den Anschein hat. Er ist ein guter Teamchef und eine Person, mit der man gut reden kann. Er ist sehr verständnisvoll."
Buttons diplomatische Worte machen deutlich, was nach außen immer durchdringt: Flavio Briatore ist ein knallharter Teamchef. Nur so ist zu erklären, dass er trotz eines Vertrages mit Jarno Trulli und eines bestehenden Abkommens mit Jenson Button in Monza meinte, dass es noch nicht feststeht, ob Renault-Schützling Fernando Alonso auch 2002 bei Minardi fährt und damit zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen durchblicken ließ, dass er mit Button unzufrieden ist, der sich in Italien nach einer ungestümen ersten Kurven selbst um alle Chancen brachte.

