• 04.03.2005 22:05

Briatore: "Wir machen die Fans derzeit nicht glücklich"

Der Renault-Teamchef über die aktuellen Probleme in der Formel 1, seine Arbeit bei Renault und wie man Schumacher schlagen kann

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Die neue Formel-1-Saison beginnt an diesem Wochenende nach einem turbulenten Winter. Wie schätzt du die aktuelle Situation ein?"
Flavio Briatore: "Ich denke, dass wir beginnen sollten, über die Formel 1 als Sport zu sprechen. Zuletzt haben sich die Diskussionen nur um die Finanzen und die Bürokratie gedreht. Ich denke aber nicht, dass sich die Öffentlichkeit dafür interessiert, wie viel wir ausgeben oder ob wir das Concorde Agreement unterzeichnen: sie wollen unterhalten werden. Im Moment tun wir nichts, um unsere Kunden glücklich zu machen. Das Geld aus unserem Sport ziehen wir aus der Tatsache, dass wir den Leuten Unterhaltung und Rennsport bieten. Ich glaube, dass die Leute langsam beginnen zu verstehen, dass die Unterhaltung unserer Kunden das ist, was zählt."

Titel-Bild zur News: Flavio Briatore

Flavio Briatore sieht die Formel 1 derzeit nicht auf dem richtigen Weg

Frage: "Eine bessere Show zu bieten ist ja schon immer ein Hauptanliegen von dir gewesen..."
Briatore: "Ich glaube, dass die Forderungen unseres Publikums ganz simpel sind, die Leute wollen vor allem eine Sache: sie wollen guten Rennsport sehen. Unsere Hauptaufgabe ist es, ein Auto herzustellen, Rennen zu organisieren und dann eine Meisterschaft zu schaffen, in der die Fahrer überholen, gegeneinander kämpfen und bis zum letzten Rennen um den Titel fahren können. Da ist es egal, wenn die Fahrer aus demselben Team stammen, solange es ihnen gestattet ist, gegeneinander zu fahren. Jüngst hat das Ferrari seine Fahrer nicht machen lassen."#w1#

Frage: "Ist das Problem nicht einfach die Tatsache, dass Ferrari in den letzten Jahren so stark war?"
Briatore: "Das denke ich nicht, nein. Ferrari war 2003 nicht so stark, die Meisterschaft haben Williams und McLaren in jenem Jahr verloren, sie wurde nicht von Ferrari gewonnen. Vergangenes Jahr hatte Ferrari ein starkes Gesamtpaket: ihre Reifen, das Auto, die Zuverlässigkeit und natürlich ihren Fahrer, denn Michael spielt da eine große Rolle. Um gegen sie zu kämpfen müssen wir Ferrari nicht einbremsen, wie müssen einen besseren Job erledigen. Und das fängt bei mir an."

Frage: "Was ist mit dem Format der Rennwochenenden 2005 - bist du damit glücklich?"
Briatore: "Ich denke es, für dieses Jahr. Aber in meinen Augen ist es nicht ideal. Meiner Meinung nach würde es Sinn machen, freitags zu testen, sich samstags zu qualifizieren und dann am Sonntag Rennen zu fahren. Im Moment testen wir außerhalb der Rennen, geben viel Geld dafür aus, dass wir an leere Strecke reisen und dort niemanden unterhalten. Wir müssen Zuschauer generieren und durch unsere Tests Geld einnehmen, denn die gegenwärtige Situation macht keinen Sinn."

Frage: "Du musst stolz auf das sein, was du aus Renault seit 2000 gemacht hast?"
Briatore: "Das bin ich und ich möchte meine Arbeit zu Ende bringen. Die Formel 1 motiviert mich immer noch. Ich arbeite in diesem Geschäft nun seit 16 Jahren und es ist schwierig, diese Art von Job zu finden, wo du jeden Tag auf neue Herausforderungen triffst."

"Als ich in Brasilien 2000 zu diesem Team zurückkehrte, da war es kein Rennteam - die Moral und die Organisation war schlecht. Ich begann aus diesem Grund mit dem Aufbau und den Verbesserungen. 2001 begann wie ein Desaster, aber wir machten viele Fortschritte. Seitdem geht es so weiter. Vergangenes Jahr wurden wir in der Meisterschaft Dritter."

"Das Team hat mit Fernando auch einen jungen Fahrer gebracht. Er ist nun sehr erfahren und hat mit Giancarlo einen hungrigen Teamkollegen. 2005 wird für dieses Team ein wichtiges Jahr werden und die letzten zwei Jahre haben wir uns darauf vorbereitet. Wir müssen weiter Verbesserungen vornehmen und ich möchte den Job zu Ende bringen - was bedeutet, dass wir den Titel gewinnen. Lasst uns abwarten und die Ergebnisse sehen, die wir in diesem Jahr erzielen."

Frage: "Schlussendlich wird eine erfolgreiche Saison für die Formel 1 davon abhängen, ob es gute Rennen geben wird und Ferrari herausgefordert werden kann. Könnt ihr das tun?"
Briatore: "Ich denke es. Wir alle wissen, dass man Ferrari und Michael unter Druck setzen muss. Jeder Fahrer kann in einer perfekten Situation schnell sein, aber Leute wie Hill, Häkkinen oder Villeneuve waren in der Lage, Michael unter Druck zu setzen und dann begann er, Fehler zu machen. Zum Wohle des Sports ist es Zeit, dass uns dies gelingt. Ich hoffe, dass Renault eines der Teams sein kann, aber es sollten nicht nur wir sein: McLaren, Williams, BAR und Toyota müssen ebenfalls vorankommen."