Briatore von Formel 1 angeödet: Fahrer muss ins Rampenlicht

Für den ehemaligen Teamchef Flavio Briatore hat die Formel 1 den richtigen Fokus verloren: Statt dem Fahrer steht nur die Technologie im Blickpunkt

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 hat für Flavio Briatore ihren Zauber verloren. Der Italiener wurde im Zuge des Crashgate-Skandals aus der Königsklasse verbannt, und auch wenn seine Sperre aufgehoben wurde, hat er mit der Serie seit 2009 nichts mehr zu tun. Und seit dieser Zeit habe sich die Formel 1 auch zum Schlechteren verändert, meint Briatore. Waren früher die Fahrer die Stars der Szene, gehe es heute nur um Motoren und Sparen.

Titel-Bild zur News: Flavio Briatore

Flavio Briatore mit dem neuen Geschäftsführer Chase Carey Zoom

Schuld hat für ihn dabei das massive Investment in neue Technologien. "Die Teams geben wie verrückt Geld aus. Aber je mehr Geld man in die Technologie investiert, desto mehr Fans verliert man", ist er im Gespräch mit 'Sky Sports F1' überzeugt. Denn: Je mehr Geld man in die Technologie investiert, desto geringer wird der Einfluss der Fahrer auf das Ergebnis - und das gehe zu Lasten der Zuschauer.

"Die Leute wollen aber die Fahrer kämpfen sehen. Jetzt heißt es am Funk: Sei vorsichtig mit dem Benzin, sei vorsichtig mit den Reifen", ärgert sich Briatore. Auch die Kommentatoren würden daher von Anfang bis Ende des Rennens nur über Motoren & Co. reden, anstatt auf die Duelle der einzelnen Piloten einzugehen. Dabei sei es genau der menschliche Faktor, der die Fans früher zur Formel 1 getrieben habe.

Briatore fehlen Kontroversen

"Früher hatte man Kontroversen um Senna und Prost oder Schumi und Senna. Es war eine komplett andere Atmosphäre", so der ehemalige Benetton- und Renault-Teamchef. Die Fehden zwischen Ayrton Senna und Alain Prost seien etwa die Kontroversen gewesen, die es am Montag in die Nachrichten geschafft hätten und die dann zwischen den Fans diskutiert wurden. "Aber heute gibt es am Montag keine Nachrichten mehr. Die Nachricht ist, dass Hamilton gewonnen hat. Mehr nicht", winkt der Italiener ab.

Den Fan könne man so nicht mehr begeistern. Für Briatore ist klar, dass sich die Königsklasse immer weiter vom normalen Fan entfernt. Dieser könne zum Beispiel nur schwer glauben, dass man 350 Millionen Euro brauche, um zwei Autos an den Start zu bringen. Der Unterhaltungswert, den er im Gegenzug bekommt, sei derweil recht überschaubar - und da spricht der Italiener nicht einmal die dreijährige Mercedes-Dominanz an.


Fotostrecke: Die heißesten Teamduelle

Auch das Fahrerlager hält Briatore mittlerweile für recht langweilig. "Glamour gibt es nicht mehr", seufzt er und denkt an Zeiten zurück, in denen Energie, Boxenluder und Musik den Paddock durchströmten. Das alles findet er heute nicht mehr. "Jetzt ist alles angepasst und steril", so der Italiener.

Roboter-Piloten sagen "alle das Gleiche"

Gleiches gelte für die Pressearbeit. Während sich Piloten früher auch gerne einmal prügelten oder mit dem Teamchef anlegten, muss heute alles glattgebügelt und perfekt sein - und das nervt den Ex-Teamchef: "Alles ist überkorrekt. Heute sagen die Fahrer nach dem Rennen alle das Gleiche. Wenn der Fahrer Letzter geworden ist, hat das Team trotzdem einen guten Job gemacht, man hatte Pech, bla, bla, bla und morgen oder beim nächsten Rennen wird es besser. Das ist immer das Gleiche", winkt er ab.

Flavio Briatore, Michael Schumacher

Briatore fehlen Typen wie Michael Schumacher in der Formel 1 Zoom

Zumindest geht die Formel 1 2017 einen Schritt in die richtige Richtung. Mit breiten Reifen und schnelleren Autos möchte man wieder eine spektakuläre Show bieten. Hoffnung wird auch in den neuen Eigentümer Liberty Media gelegt, der die teils antiquierten Vorstellungen von Ex-Formel-1-Boss Bernie Ecclestone aufpolieren soll. Doch am Briten lag es nicht unbedingt, meint Briatore: "Bernie hat diesen unglaublichen Event erschaffen. Zumindest war es am Anfang eine unglaubliche Show..."