• 02.06.2002 12:38

  • von Marcus Kollmann

Berger: "Wir sind noch zu unerfahren"

Gerhard Berger spricht über den Unterschied zwischen BMW-Williams und Ferrari und seine weitere Zukunft in der Formel 1

(Motorsport-Total.com/sid) - Im Interview mit der 'Welt am Sonntag' hat Gerhard Berger durchblicken lassen, dass er sich in seiner nach der Rennfahrerkarriere angetretenen Funktion als BMW-Motorsportdirektor wohl fühlt. Doch anders als manch einer sich den Job des Österreichers, den er 1998 antrat, vorstellt, hat seine Tätigkeit wenig mit Yacht-Partys im mondänen Monte Carlo oder Gala-Diners zu tun.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger (BMW-Motorsportdirektor)

Berger macht sein Job als BMW-Motorsportdirektor viel Spaß

Der 42-Jährige pendelt im Laufe eines Jahres immer zwischen Monte Carlo, wo er ein Büro führt, München und den Test- bzw. Renneinsätzen Hin und Her. Mit seiner Arbeit ist Berger rundum zufrieden: "Der Job ist eine Fortsetzung meiner aktiven Karriere", wie er sagt, doch wie überall gibt es natürlich auch Schattenseiten: "Meine Arbeit frisst mich auf, ermöglicht mir kaum Freizeit", erklärt der 210-fache Ex-Formel-1-Pilot, der gerne "mehr Zeit fürs Privatleben, Freunde und Familie" hätte. Eine Entscheidung, ob er seinen bei BMW Ende 2003 auslaufenden Vertrag verlängern wird, soll gemeinsam im Winter getroffen werden.

Dominanz Ferraris zu brechen nur eine Frage der Zeit

Bis dahin ist es aber noch eine Weile hin und so lange werden die Erfolge auf der Rennstrecke für den Sympathieträger des bayrischen Autoherstellers weiterhin eine Entschädigung für die viele Zeit sein die er nicht bei seiner Frau, seinen Kindern und seinen Freunden verbringen kann.

Apropos Erfolge: In die Amtszeit des Österreichers bei BMW seit dem 1. Oktober 1998 fallen der Sieg bei den legendären 24 Stunden von Le Mans 1999 und die erfolgreiche Rückkehr der Münchner in die Formel 1. In der Saison 2000 wurde BMW mit Partner Williams auf Anhieb Dritter der Konstrukteurs-WM, im Jahr darauf feierten Ralf Schumacher (3) und Juan-Pablo Montoya (1) die ersten Siege und in dieser Saison ist man eindeutig die zweite Kraft in der Königsklasse. 2002 hat bislang nur die Ferrari mehr Punkte als die Blau-Weißen geholt. Die Scuderia an der Titelverteidigung zu hindern ist laut Bergers Ansicht aber ein schweres Unterfangen: "Die Kette der Italiener hat momentan nur starke Glieder. Sie haben über viele Jahre ihre Mitarbeiter so organisiert, dass sie 98 Prozent des Möglichen erreichen. Wir sind noch zu unerfahren. In manchen Bereichen erreichen wir 100 Prozent, gar 110 Prozent, dann wieder nur 75 Prozent - wie bei den Reifen. Das ist eine Frage der Zeit", glaubt der dreifache Familienvater an eine Änderung des Kräfteverhältnisses.

BMW hat das Potenzial einen eigenen Boliden zu bauen, aber...

In jüngster Zeit gab es zwischen den Partnern BMW und Williams jedoch auch manche Unstimmigkeit. So kam vor Saisonbeginn Kritik an der Aerodynamik des Boliden auf und schon bald kam die Frage auf, ob und ab wann BMW vielleicht in Eigenregie Motor und Auto konstruiert und als Werksteam an den Start geht. Die Zusammenarbeit mit dem Rennstall aus Grove läuft jedoch erst 2004 aus und bekanntlich wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird, weshalb der BMW-Motorsportdirektor momentan keine Veranlassung sieht etwas zu verändern: "BMW hat das Potenzial, aber unsere Partnerschaft funktioniert sehr gut. Bei Williams sind pure Racer, wir bauen Serienautos. Das sind zwei Welten, die sich perfekt ergänzen. Und wir sind erfolgreich. Wenn man etwas ändert, muss man sich das gründlich überlegen. Wir profitieren auch vom Ruhm Williams' - bei den Racing-Fans zum Beispiel", hat Berger nichts an der Zusammenarbeit mit Frank Williams, Patrick Head und Co. auszusetzen und weiß die Vor- und Nachteile eines Alleingangs in Sachen BMW Formel-1-Werksteam abzuwägen.

Nach 2003 vielleicht Wechsel zu Mercedes?

Auch wenn der 42-jährige Österreicher in Zukunft vermutlich etwas weniger Zeit mit der Formel 1 und sich dafür mehr dem Privatleben zuwenden wird, so bleibt Berger der Königsklasse sicher auch nach 2003 noch in der einen oder anderen Form erhalten. Bei BMW fühlt er sich zwar "sehr wohl", doch einen Wechsel, vielleicht zu Mercedes, wollte er im Interview mit der 'Welt am Sonntag' jedenfalls auch nicht ausschließen: "Man soll nie nie sagen..."