• 01.06.2002 13:23

  • von Marcus Kollmann

Berger: Die Saison hat sich für uns ideal entwickelt

Der BMW-Motorsportdirektor im Gespräch über das Thema Stallorder, die eigene Leistung in der Saison 2002 und das Thema Reifen

(Motorsport-Total.com) - Auch drei Wochen nach der umstrittenen Stallorder von Ferrari auf dem A1-Ring, als man Rubens Barrichello befahl seinem deutschen Teamkollegen den Sieg zu überlassen, ist das Thema für BMW-Motorsportdirektor Gerhard Berger noch nicht ad acta gelegt.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Berger ist mit Leistung und Zuverlässigkeit des BMW-Motors zufrieden

Zwar gestand Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo bei seinem Besuch des Monaco-Grand Prix ein die Scuderia hätte sich mit der Stallorder in Österreich quasi ein Eigentor geschossen und Sympathien seien dadurch verloren gegangen und versicherte so etwas werde nicht noch einmal vorkommen, doch abgehakt ist die Sache damit noch lange nicht. Am 26. Juni wird die FIA nach Anhörung des italienischen Teams über Sanktionen gegen den Rennstall und/oder die Fahrer entscheiden. Nicht aber etwa weil die Verantwortlichen mit der Stallorder etwas taten was laut Reglement verboten ist, denn diesbezüglich gibt es keinen Passus im Regelwerk, sondern weil man die Ferrari-Piloten das Prozedere bei der Siegerehrung verletzten und es für solche Verstöße sehr wohl Bestrafungsmöglichkeiten gibt.

Ferraris Stallorder hat der Formel 1 geschadet

Gerhard Berger, in seiner aktiven Zeit als Rennfahrer von 1987 bis 1989 und von 1993 bis 1995 für die "Roten" in der Königsklasse am Start, kann die Entscheidung der Ferrari-Verantwortlichen jedenfalls nicht nachvollziehen - die Pfiffe und Buh-Rufe der sich betrogenen fühlenden Fans jedoch schon. "Sie haben die Tragweite unterschätzt. Ich würde es sehr begrüßen, wenn es künftig eine Möglichkeit gäbe, eine derartige Stallorder durch das Reglement zu bestrafen", macht der Österreicher gegenüber der 'WELT' deutlich, was er von einer so offensichtlichen und der Meinung vieler Teamchefs nach bei Ferraris Situation in der WM unnötigen Stallorder hält.

Die Kritik an Ferraris Nummer-1-Pilot, Michael Schumacher, denn dieser hätte sich ja gegen die Anweisung vom Kommandostand zur Wehr setzen können, findet Berger jedoch nicht angebracht. Der Österreicher glaubt, dass Schumacher, hätte er sich im Vorfeld mit den Folgen solch einer Teamorder auseinander gesetzt, das Sieg-Geschenk abgelehnt hätte.

Zuverlässigkeit von BMW-Williams ist gut ? Nachholbedarf bei den Reifen und der Aerodynamik

Während die Diskussionen um Sinn und Notwendigkeit der von den Ferrari-Verantwortlichen Jean Todt und Ross Brawn verteidigten Entscheidung eine negative Seite der Königsklasse beleuchten, gibt es nach Meinung von Gerhard Berger andererseits auch genügend positiven Gesprächsstoff. Zum Beispiel die Konkurrenzfähigkeit des BMW-Williams-Teams, welches derzeit 18 WM-Punkte hinter Ferrari an zweiter Stelle in der Konstrukteurswertung liegt. Besonders zufrieden ist der BMW-Motorsportdirektor über die gute Zuverlässigkeit des Motors: "Uns ist der Spagat gelungen, ein aggressives Triebwerk zu bauen und trotzdem die Zuverlässigkeit gegenüber dem Vorjahr zu verbessern", freut sich Berger. Die Ausfallbilanz der Weiß-Blauen liest sich in der Tat eindrucksvoll. Hatten Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya im letzten Jahr bis zum Monaco-Grand Prix ihre Boliden insgesamt sechs Mal am Streckenrand parken müssen, so war dies in der Saison 2002 bislang nur einmal der Fall. Im Vergleich zur roten Konkurrenz aus Maranello liegt man in der "Pannenstatistik" ebenfalls vorn, denn die Italiener mussten schon drei technisch bedingte Ausfälle in diesem Jahr hinnehmen.

Doch übermäßigen Grund zur Selbstzufriedenheit gibt es bei BMW und Williams nicht, denn schließlich könne man in punkto Standfestigkeit noch besser werden und auch in punkto Aerodynamik besteht noch Spielraum. Das größte Potenzial sieht Berger aber bei den Reifen und gesteht ein, dass die Zusammenarbeit zwischen Bridgestone und Ferrari ein Vorbild für das eigene Team sein müsse: "Wir müssen Michelin noch stärker in die Pflicht nehmen", findet der Österreicher, der vor allem bei den Schlechtwetter-Reifen der Franzosen den größten Verbesserungsbedarf sieht. Deshalb wünscht sich der 42-Jährige für den Großen Preis von Kanada auch trockene Bedingungen, denn nur dann könne man die BMW-Power auf den langen Geraden des Circuit Gilles Villeneuve ausspielen.