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  • 24.10.2001 11:50

  • von Marcus Kollmann

Berger: Wir haben eine andere Philosophie als Ferrari

Der BMW-Motorsportdirektor spricht über den neuen V10 und die weiteren Pläne BMW´s in der Königsklasse

(Motorsport-Total.com) - Nach dem beeindruckenden Come-back im Vorjahr überraschte es diese Saison nicht, dass die Allianz BMW-Williams bereits nach den Silberpfeilen und der Scuderia Ferrari griff. Während allgemein bekannt ist, dass Rennen nicht alleine auf Grund einer Einzelkomponente wie einem starken Motor gewonnen werden, so war es doch vor allem das Aggregat der Münchener vom Typ P80, welches der Konkurrenz auf einigen Rennstrecken bildlich gesprochen den Angstschweiß auf die Stirn trieb.

Titel-Bild zur News: Berger und Theissen

Gerhard Berger und Dr. Mario Theissen dürfen sich über die Anerkennung durch die Konkurrenz schon jetzt freuen

So ermöglichte der Zehnzylinder von BMW den Williams-Piloten Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya auf vielen der Hochgeschwindigkeitstrecken nicht nur die besten Top-Speedwerte, sondern auch denen einen oder anderen Erfolg in Form eines Rennsieges oder Platzes auf dem Podium oder in den Punkterängen.

BMW ist mit dem Exklusiv-Vertrag mit Williams sehr zufrieden
Schon längst gilt der BMW-Motor Formel-1-intern als das Maß der Dinge in Sachen Leistungsfähigkeit und Fahrbarkeit. Wenn ein Motorenhersteller so erfolgreich ist, und dies schon in seinem zweiten Jahr, liegt normalerweise nahe, dass er weitläufig von seiner Arbeit profitieren will. Dies heißt in der Formel-1-Geschichte der Neuzeit, dass man auch anderen Teams das eigene Aggregat gegen viel Bares anbietet; so wie es Ferrari schon seit langem vormacht und wie es Cosworth ab der nächsten Saison machen wird. Gegenüber 'sport1' verriet Gerhard Berger jedoch jetzt, dass man einen anderen Weg als die Konkurrenz gehen will. Was letzten Endes eine Frage der Philosophie sei.

"Natürlich kann man gegen die Ferrari-Taktik, mehrere Teams mit Motoren auszurüsten, wenig sagen, weil sie die Weltmeisterschaft überlegen gewonnen haben. Es gibt aber auch das Gegenbeispiel, wo ein Lieferant auf mehreren Hochzeiten getanzt ist und nichts auf die Reihe gebracht hat. Wir haben einen Exklusiv-Vertrag mit Williams und sind sehr zufrieden mit dieser Lösung. Wir hätten auch gar nicht die Kapazitäten, ein weiteres Team mit Motoren zu beliefern", macht der Österreicher klar, dass auch in Zukunft nur ein Team von den kraftvollen Motoren profitieren können wird.

Der bereits noch vor dem offiziell greifendem Testverbot von Marc Gené in Barcelona getestete neue Motor vom Typ P82 ist keine Neuentwicklung, aber schon jetzt eine viel versprechende Evolution. Berger jedenfalls zeigte sich nach dem Funktions-Test sehr beeindruckt von der Leistung der Truppe seines Kollegen Mario Theissen und lobte, dass man mit der Fertigstellung des neuen Zehnzylinders etwas Unglaubliches geleistet hat, denn kein anderer Rennstall testete seinen "neuen" Motor für 2002 bislang außer BMW-Williams.

P82 ist keine Neuentwicklung sondern eine Evolution des P80
Radikale Neuerungen sucht man aber beim P82 vergebens, beteuerte Berger im Interview. "In der Formel 1 geht es immer um dasselbe. Das Gewicht des Motors, Leistung, die Erhöhung der Drehzahl, natürlich die Fahrbarkeit und das Drehmoment", umschrieb der 210-fache Grand-Prix-Teilnehmer die Bereiche in denen man nach Verbesserungen strebe. Darüber hinaus sprach er an, dass ohne Zweifel die Zuverlässigkeit des Motors verbessert werden muss, und dies auch eines der Hauptziele der Arbeit über die kommenden Monate hinweg sei.

Unzufrieden mit der diesjährigen Standfestigkeit war der BMW-Motorsportdirektor aber auch nicht. So antwortete er auf eine dementsprechend gestellte Frage, dass man sogar sehr zufrieden sei. "Für diesen Quantensprung, den wir gemacht haben, haben wir da schon eine sehr gute Leistung gezeigt. Wir konnten uns bei der Ausfallsrate, die auf Motorenprobleme zurückzuführen waren, mit der Konkurrenz messen - mit Ausnahme von Ferrari, die einen extrem standfesten Motor gebaut haben."

Zufrieden zeigte sich der 10-fache Formel-1-Sieger aber auch mit der Leistung die BMW in das Team Williams gebracht hat.

"Wir waren bei den meisten Rennen auf den Geraden die Schnellsten und haben schon einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wenn man die Leute auf der Straße fragt, "wie war BMW in dieser Saison?", werden viele sagen: "Die haben den stärksten Motor gehabt."

Allein darauf, nur den Motor beizusteuern, wenngleich dieser oberste Priorität hat, will sich BMW aber langfristig nicht festlegen lassen. So gab man unlängst zu, dass man zukünftig in die gute Zusammenarbeit mit Williams eigene Erfahrungen, die man als Automobilhersteller und dem Engagement in anderen Motorsportserien sammelte, einfließen lassen möchte.

Wer aber denkt, dass BMW insgeheim nach einer Übernahme des Rennstalls aus Grove strebt, kann beruhigt sein, denn zunächst gilt die Aufmerksamkeit dem Motor. Zukünftig will man aber auch beim Getriebe, einer eng mit dem Zehnzylinder verbundenen Einheit, mithelfen.